Ingolstadt
Die Essensretter

Foodsharing-Gruppe in Ingolstadt sucht Möglichkeiten, um Lebensmittel weiterzuverschenken

20.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:37 Uhr

Gerettetes Essen umsonst abholen: Montags gegen halb vier verteilen (von rechts) Jenny Günther, Stefanie Lenz und Sabine Ramp Lebensmittel, die in Geschäften aussortiert wurden. Sie gehören zur neunköpfigen Ingolstädter Foodsharing-Gruppe. Yi Zhang und Tochter Esta holen sich an diesem Tag Spinat. Einer der Händler, die die Bewegung mit Essen unterstützen, ist Imri Baftija (unten). - Fotos: Ammer

Ingolstadt (DK) Auf Steinbänken vor dem Piustreff breiten sie jeden Montag gerettete Auberginen, Tomaten, Gurken und Paprika aus: Lebensmittel, die im Supermarkt aussortiert wurden und die Jenny Günther, Sabine Ramp und Stefanie Lenz nun verschenken. Foodsharing nennt sich die Bewegung: Essen teilen.

Imri Baftija wartet schon. Auf Paletten vor seinem Laden in der Richard-Wagner-Straße hat er Kisten mit Obst und Gemüse hergerichtet, das er nicht mehr verkaufen kann. Er sei gleich bereit gewesen, aussortierte Lebensmittel an die Gruppe zu geben, als Jenny Günther ihm vom Foodsharing erzählt hat, sagt er. „Ich gebe das Essen gerne an die Leute.“ Gemeinsam laden die Frauen und Imri Baftija die Körbe ins Auto. Jenny Günther, Sabine Ramp und Stefanie Lenz bekommen, was der Händler sonst wegschmeißen müsste.

Insgesamt drei Ladenbesitzer schenken den Essensrettern ihre übrigen Lebensmittel, zwei davon direkt in Ingolstadt, der andere in Gaimersheim. Angefragt hätten sie bei bestimmt 30 Läden in der Stadt, erzählt Jenny Günther, Mitbegründerin der Foodsharing-Gruppe in Ingolstadt. Doch auch mit drei Anlaufstationen ist es so viel Essen, dass die kleine Gruppe Probleme hat, alles loszuwerden. Wenn sie Lebensmittel abholen, müssen sie mindestens zu dritt sein, sonst bekämen sie die Menge gar nicht in den Griff. Seit August gibt es die Gruppe in Ingolstadt, momentan besteht sie aus zehn Personen.

Mit den Kisten im Auto fahren die drei Frauen zum Stadtteiltreff im Piusviertel, wo sie die Beute auf den Steinbänken an der Straße sichten. Tomaten mit Druckstellen, Gurken, die auf einer Seite ein bisschen weich sind, Salat, an dem die äußere Blätterschicht welkt, eine ganze Kiste voller Spinat, Auberginen, Orangen, Äpfel, Paprika, sogar Granatäpfel haben sie an diesem Tag zu verschenken. Alles nicht ganz frisch, doch problemlos essbar, wenn man die eine oder andere weiche Stelle ausschneidet und welke Blätter entfernt.

„Verkaufen Sie das Gemüse“, fragt eine Frau im Vorbeigehen. „Wir verteilen es gratis, Sie dürfen sich gerne mitnehmen, was Sie wollen“, beeilt sich Sabine Ramp hinterherzuschieben, doch die Frau hat gerade keinen Bedarf. Nächste Woche vielleicht. Von hinten kommt Yi Zhang mit ihrer Tochter Esta an der Hand. „Schauen wir mal, was es heute gibt“, sagt Yi Zhang. Die beiden kommen schon zum zweiten Mal. „Es macht Sinn, die Sachen kann man noch problemlos essen, wenn man ein bisschen aussortiert“, erklärt Yi Zhang. Sie wählt Tomaten, Paprika und beschließt spontan: „Heute Abend gibt es Spinat – gebraten, vielleicht mit Ei.“ Mit einer vollen Kiste gehen die beiden wieder. Ein Student nimmt Äpfel mit, doch noch immer häuft sich das Essen auf den Steinen.

Es ist so viel, dass die Gruppe ihren Verteilerkreis erweitern will. „Wir können das alleine nicht mehr stemmen“, sagt Jenny Günther. Deswegen suchen sie einen Ort, an den sie die Lebensmittel bringen können und von wo sie jeder, der gerade Bedarf an Obst und Gemüse – oder was eben sonst anfällt – hat, abholen kann. Unbürokratisch und kostenlos. Einfach so. Ein Regal zum Beispiel, das öffentlich zugänglich ist, so Jenny Günther. Zentral gelegen wäre natürlich sinnvoll. Ihr erster Gedanke war das Bürgerhaus, doch aus Brandschutzgründen gehe das nicht.

Noch packen die drei Frauen die übrigen Lebensmittel ein und verteilen sie weiter an Freunde, Nachbarn und Familie. „Wir wecken jetzt auch ein – bei diesen Mengen“, erzählt Stefanie Lenz. Bei Sabine Ramp gibt es an diesem Tag Rettich, sie isst vegan – und gibt gleich noch einen Tipp, wie man ihn am besten zubereitet.

Die Gruppe verteilt montags gegen halb vier gerettete Lebensmittel vor dem Stadtteiltreff im Piusviertel. Zu erreichen sind die Foodsharer per E-Mail an   . Weitere Informationen zum Thema gibt es im Internet unter www.foodsharing.de.