Die Ente hat keine Chance

17.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:25 Uhr

Metamorphose: Ein braunes Federkleid und ein großer gelber Schnabel – schon ist die Ente perfekt.

Hilpoltstein (cyb) Die Finger zu Krallen geformt, den Mund weit aufgerissen und die Zähne gebleckt, springen 15 kleine Wölfe auf die Buben und Mädchen der Hilpoltsteiner Grundschule zu. Als Leitwolf Astrid mit einem Satz vor Stefan landet, wirft sich der erschrocken nach hinten und fällt fast von der Bank. Doch schon ist der Angriff wieder vorbei und die gefährlichen Wölfe setzen sich wieder zu ihren Klassenkameraden.

Astrid Vesely und Gregor Braun vom Kindertheater Papageno aus Wien haben gestern die Grundschule in Hilpoltstein besucht, um mit den Buben und Mädchen die Kinderoper Peter und der Wolf von Sergej Prokofjew zu spielen. "Die Gruppe war bereits vergangenes Jahr bei uns, und es hat uns damals so gut gefallen, dass wir sie auch heuer wieder eingeladen haben", erklärt die Lehrerin Katharina Distler. Sie hat bei den rund 125 Kindern ständig die Buben und Mädchen ihrer Klasse im Blick, ermuntert zum Mitmachen oder gibt leise Tipps.

Unzählige Finger gehen nach oben, wenn Gregor fragt, wer denn die Katze, den Vogel, die Ente, den Peter spielen will. Die Nachwuchsenten der ersten und vierten Klasse watscheln quer durch die Turnhalle und wackeln mit dem Schwanz, die Katzen fauchen und pirschen sich durch das Gras, die bunt gefiederten Vögel zwitschern und retten sich bei einem Angriff auf den nächsten Baum. Nur beim Großvater bleiben alle Mädchen und Buben auf ihren Plätzen, da haben Gregor und Astrid die Lehrerinnen ausgesucht, die jetzt gebeugt und schwer auf ihre Gehstöcke gestützt unsicher an den Kindern vorbeigehen, um schon nach wenigen Schritten ihrem schmerzenden Rücken eine Pause zu gönnen.

Nach dieser Generalprobe kommen nochmal rund 20 Kinder als Bühnenbildner zum Einsatz: Die Buben und Mädchen schleppen schwere Holzleitern und Bäume aus Pappe auf die Bühne, Astrid wirft kleinen Kunstrasenstückchen als Wiese auf den Turnhallenboden und Gregor legt einen dunkelblauen Teppich, den späteren Teich, in die Bühnenmitte. Noch ein kleiner grüner Holzzaun für den Garten vor dem Häuschen des Großvaters und es kann mit der richtigen Geschichte losgehen.

Die Flöte erklingt und der mit einem Umhang aus bunten Stofffleckchen bekleidete Vogel sucht sich seinen Platz auf einem Laubbaum. Von der Oboenmusik getragen watschelt die Ente mit ihrem rieseigen gelben Schnabel zum Teich, mit Klarinettentönen zieht die Katze streunend über die Wiese und als das Fagott erklingt, kommt der mit grauer Weste bekleidete Großvater ins Bild.

Es ist erstaunlich, wie die jungen Schauspieler fast ohne Anweisungen von Astrid und Gregor ihren Platz finden. Sie wissen, wann sie loslaufen müssen und wann sie ihren nächsten Einsatz haben. Sie hatten keine Bühne zum Üben, "haben nur die Texte bekommen und diese mit ihren Klassenlehrern gelernt", sagt Distler. Doch jetzt ist viel mehr gefragt: Bei der anschleichenden Katze muss sich der Vogel rechtzeitig auf den Baum retten, die Katze nimmt vor dem Wolf Reißaus und nur die Ente hat keine Chance mehr, sich zu retten. Nach der wilden Verfolgungsjagd um den Teich erwischt der gefrässige Wolf die flugunfähige Ente. Nach einem kurzen Überlebenskampf bleibt nur das Federkleid und der grüne Schnabel zurück – der kleine Schauspieler rettet sich hinter die Bühne. Und darf jetzt wie die anderen Kinder entspannt dem restlichen Spiel von Peter und dem Wolf zusehen.