Ingolstadt
Die einen dürfen raus, die anderen nicht

Bei der Hitzefrei-Regelung haben Schüler der staatlichen Ingolstädter Einrichtungen das Nachsehen

02.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Geplanscht wird an der Pestalozzischule bei diesen Temperaturen nur zu gerne im gerade erst eröffneten Brunnen. Hitzefrei bekommen die Kinder an den staatlichen Einrichtungen aber wegen der Aufsichtspflicht nicht – im Gegensatz zu denen privater Schulen - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Jeder Schüler würde sich an besonders heißen Tagen über Hitzefrei freuen. Allerdings ist auch der Unterrichtsausfall in Bayern genau geregelt. Grundschulen dürfen Kinder nicht vorzeitig nach Hause schicken, Gymnasien schon. Private Schulen dagegen habe nahezu freie Hand.

Der Schweiß läuft ihnen den Nacken hinunter, die mitgebrachte Trinkflasche ist schon leer, mit Fächern wedeln sie sich frische Luft zu: die Schüler der Klasse V8b der Wirtschaftsschule am Brückenkopf. Bei Temperaturen über 30 Grad fällt es schwer, dem Unterricht noch aufmerksam zu folgen. Gut, dass sie schon um 11.30 Uhr nach Hause dürfen.

An drei Tagen gab es an ihrer Schule in dieser Woche Hitzefrei. Elmar Tittes, Direktor der privaten Schule, befreite alle Klassen von der sechsten Stunde und dem Nachmittagsunterricht, die übrigen Stunden waren verkürzt. Die meisten Zeugnisnoten sind ohnehin schon gemacht. Tittes zeigt Verständnis: „Man muss niemanden bei 30 Grad drinnen sitzen lassen.“

An den staatlichen Schulen stellt sich die Situation jedoch komplizierter dar als an den Privatschulen. „Grundsätzlich gibt es Hitzefrei“, sagt Edith Philipp-Rasch, die Direktorin des Reuchlin-Gymnasiums. Heuer aber noch nicht. Die Leiter der Ingolstädter Gymnasien nehmen in der Regel am Morgen eines heißen Tages Kontakt auf, berichtet sie: „Wir sprechen uns ab.“ Denn im Moment werden noch Noten fürs Jahreszeugnis gemacht. Je nachdem, ob die Hitze es gebietet, kann es allerdings trotzdem zum „witterungsbedingten Unterrichtsausfall“ kommen, wie es in der Fachsprache des Kultusministeriums heißt. „Letztes Jahr hatten wir an einem Tag Hitzefrei.“ Außerdem würden die Sportlehrer darauf achten, „bei Prügelhitze keine Langstreckenläufe anzusetzen“, sagt die Reuchlin-Chefin. Da die Entscheidung, den Unterricht ab einem gewissen Zeitpunkt ausfallen zu lassen, sehr kurzfristig getroffen wird, „können wir den Eltern nicht Bescheid geben“, so Philipp-Rasch, „das geht auf die Schnelle nicht.“ Allerdings falle die Ganztagsbetreuung nicht aus, außerdem hätten die Schüler die Möglichkeit, im Schulhaus zu bleiben. „Unsere Bibliothek ist täglich bis drei Uhr offen.“

Anders ist die Situation an den Grundschulen. „Es gibt offiziell kein Hitzefrei mehr, das wurde abgeschafft“, erklärt Josef Braun, Rektor der Grundschule an der Pestalozzistraße. „Wir dürfen kein Kind vorzeitig heimschicken.“ Auch keine Ganztagsschüler. Wegen der Aufsichtspflicht muss die Schule dafür sorgen, dass die Kinder so lange Betreuung bekommen wie an jedem normalen Schultag. Die Regelung gelte auch für die Mittelschüler. „Viele Kinder sind außerdem in der Mittagsbetreuung bei uns“, sagt Braun. Die Lehrer achten aber darauf, dass die Klassenzimmer ausreichend abgedunkelt sind.

Auch Hermann Haas, der Leiter des Staatlichen Schulamts Ingolstadt, bestätigt: „Die Beaufsichtigung muss immer gewährleistet sein!“ Man habe auch deshalb auf die Hitzefreiregelung verzichtet, weil sie zu viel Unterrichtsausfall und Problemen mit der Schülerbeförderung geführt habe. Es sei aber möglich, Wahlunterricht am Nachmittag bei großer Hitze ausfallen zu lassen, sagt Haas. „Die Gesundheit darf nicht gefährdet werden. Die Entscheidung liegt beim Schulleiter.“

Die Kinder der Pestalozzi-Grundschule freuen sich jetzt umso mehr über ihr Planschbecken und den Brunnen, die erst vor einer Woche eingeweiht wurden. „Die Kinder haben da riesigen Spaß, die Hitze wird so ein bisschen erträglicher“, erzählt Rektor Braun.