Eichstätt
Die dunkle Seite des Internets

Auftakt der Vortragsreihe "Journalistisches Kolloquium" an der KU

18.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:31 Uhr
Nina Müller
Patricia Viertbauer
Technologiejournalist Stefan Mey informierte beim Journalistischen Kolloquium an der KU über Recherchemöglichkeiten, die das Darknet bietet. −Foto: Schmidbauer

Eichstätt (EK) Welche Chancen und Risiken bietet das Darknet für Journalisten?

Dieser Frage ging der Technologiejournalist Stefan Mey im Rahmen der Vortragsreihe "Journalistisches Kolloquium" im Kapuzinerkloster an der Universität Eichstätt auf den Grund.

Im Fokus des Vortrags stand, wie Journalisten das Darknet für ihre Recherche sinnvoll nutzen können. Auf Meys Frage, wer schon einmal im Darknet gesurft habe, gingen nicht viele Hände nach oben. Tatsächlich gebe es laut Mey schätzungsweise nur 5000 Menschen, die in Deutschland täglich das Darknet nutzen. Das wären in etwa so viele Nutzer, wie es Studenten an der Universität Eichstätt gibt.

Das Darknet bezeichnet er als "ein großes digitales Netz, das sich vom herkömmlichen Internet abhebt". Die Websites des Darknets lassen sich nämlich nicht über Google finden, sondern nur über einen speziellen Browser. Am häufigsten wird dazu der sogenannte Tor-Browser verwendet, den sich theoretisch jeder Internetnutzer über die Website der Anbieter herunterladen kann.

Ruft man Websites über den Tor-Browser auf, so kann die eigene IP-Adresse nicht mehr zurückverfolgt werden. Das bedeutet, dass man komplett anonym im Netz surft. Gleichzeitig kann auch die IP-Adresse einer Website nicht eingesehen werden, sodass die Betreiber dieser Website ebenfalls anonym sind.
Nach Angaben von Mey entstehen aufgrund dieser Anonymität auch die "Abgründe des Darknets". Der Technologiejournalist führte als Beispiel illegalen Waffenverkauf und Drogenhandel über Online-Marktplätze auf. Bezahlt werde mit Kryptowährungen wie "Bitcoin", versandt wird meist mit der Deutschen Post. Das größte Dilemma sei für ihn aber der Verkauf von Kinderpornografie. An dieser Stelle fordert der Journalist eine Form von inhaltlicher Selbstregulierung.

Doch gerade Journalisten profitieren laut Mey von der Anonymität des Darknets. Zum Beispiel können sogenannte Whistleblower, also Personen, die sensible Informationen zu bestimmten Persönlichkeiten, Unternehmen oder Vorgängen in der Politik kennen, sich anonym an die Medien wenden. Dazu gibt es im Darknet "Briefkästen", über die man mit den Redakteuren anonym kommunizieren kann. Diese Technik wird bereits von Medien wie der "Süddeutschen Zeitung" oder der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" genutzt.

Interessant ist für Mey auch, dass man mit dem Tor-Browser als Journalist anonym im Internet recherchieren kann. Denn auch normale Websites lassen sich über den Tor-Browser abrufen, ohne dass persönliche Daten gespeichert werden. So können Journalisten, die zum Beispiel Recherchen zu Staatskriminalität oder kriminellen Unternehmen betreiben, einer Überwachung entgehen.

Eine weitere Chance des Tor-Browsers ist es, eine Zensur des Internets zu umgehen. Das sei besonders in Ländern wie der Türkei wichtig, um vernetzt zu bleiben. In China dagegen wäre es etwas schwieriger, weil der Zensurapparat ausgereifter sei.
Mey sagt: "Im Internet ist der Wurm drin. " Er kritisiert, dass große Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Co. im herkömmlichen Netz unsere Daten sammeln. Das Surfen über den Tor-Browser sei derzeit die einzige Möglichkeit, um seine Daten zu schützen. Deshalb lautet sein Fazit: "Wenn es das Darknet nicht geben würde, müsste man es erfinden. "

Das Darknet ist für Stefan Mey besonders spannend, weil viele Mythen um diese Seite des Internets kursieren und noch viel Aufklärungsbedarf in der Gesellschaft bestehe. Er hat bereits ein Sachbuch unter dem Titel "Darknet" veröffentlicht und hält regelmäßig Vorträge zu diesem Thema. Außerdem führte Mey eines der wenigen Interviews mit dem Wikileaks-Gründer Julian Assange.

Nina Müller, Patricia Viertbauer