Roth
Die Differenz der Kulturen

Fränkisch-chinesische Ausstellung im Schloss Ratibor eröffnet - Große Unterschiede bei der Herangehensweise

04.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:16 Uhr
  −Foto: Unterburger

Roth (HK) "Amplitude" ist ein Begriff aus der Mathematik und Physik, um Schwingungen zu beschreiben.

"Differenz" steht für Unterschied und Verschiedenheit. Um auf die Verschiedenheit von chinesischen und deutschen Kunstwerken hinzuweisen, die beim Betrachter Schwingungen auslösen sollen, hat man die aktuelle fränkisch-chinesische Austausch-Ausstellung, die noch bis zum 30. Juni im Schloss Ratibor zu sehen ist, unter das Motto "Amplitude der Differenz" gestellt.

Eine "fulminante Ausstellung" sei es, sagte Bürgermeister Ralph Edelhäußer bei der Vernissage, zu der neben Vetretern der Region auch Ma Ning von der Universität Kunming, der Initiator des deutsch-chinesischen Kunstaustauschs, gekommen war. Edelhäußer wies darauf hin, dass er und eine Delegation aus Roth in der kommenden Woche zur Partnerstadt nordwestlich von Schanghai reisten und durch die aktuelle Kunstausstellung eine zusätzliche Verbindung zu China hergestellt sei.

Kurator Guido Schmid nannte die Ausstellung "ein großes Projekt". An sechs Orten in Franken finde die zweite Austausch-Ausstellung zwischen fränkischen Museen, Kunstvereinen, dem Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken und der Yunnan Arts University in Kunming im Südosten Chinas statt. Nachdem die Ausstellung 2018 und Anfang 2019 in der Vier-Millionen-Stadt Kunming sowie in Dali und Yuxi zu sehen war, wird sie bis zum 15. September in drei Doppelausstellungen in sechs fränkischen Städten gezeigt. Nach getrennten Ausschreibungen in Franken und Kunming stellten eine chinesische und eine deutsche Jury die jeweiligen Beiträge zu dieser Ausstellung zusammen. Insgesamt sind es Werkreihen von 52 deutschen und chinesischen Künstlerinnen und Künstlern. Die Ausstellung im Schloss Ratibor ist über mehrere Räume verteilt. Sie beginnt im Barockzimmer, findet ihre Fortsetzung im Musikzimmer, im Kaminzimmer, im Speisesaal, im Prunksaal und führt in den Hauptraum, in die sogenannte Galerie, mit ihrer textilen Wandbespannung. Das Besondere der Ausstellung in Roth ist, dass die alte Kunst im Prunksaal und im ganzen Schloss mit der neuen, zeitgenössischen Kunst korrespondiert.

Eigentlich war vorgesehen, dass Ma Ning eine Einführung zur "Amplitude der Differenz" gibt, da seine Dolmetscherin erkrankt war, musste diese Einführung entfallen. So gab Hans-Hubertus Esser, der Vorsitzende des Kunstvereins Bayreuth und Mitinitiator des Kunstprojekts, kurze Erläuterungen zu der Ausstellung. Esser wies darauf hin, dass sich die 127 Exponate der deutschen und chinesischen Künstler an keinem Ort komplett zeigen lassen. Deshalb habe man eine Auswahl treffen müssen. Allerdings sei auch in Roth die Form der Doppelausstellung beibehalten worden. Zur Ausstellung sei auch ein dicker Katalog erschienen, der nur Euro koste.

"Die Differenz der Arbeiten rührt her aus der künstlerischen Tradition der Herkunftsländer", hob Hans-Hubertus Esser hervor, "europäische Kunst ist in China erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekannt geworden. " In China werde großer Wert auf die handwerkliche Technik gelegt, während die europäische Kunst geprägt sei durch eine Beliebigkeit. "Im zweiten Deutsch-Chinesischen Kunstaustausch haben wir eine große Anzahl von arrivierten Künstlern, die auch Professoren sind", erklärte der Vorsitzende des Kunstvereins Bayreuth, "auch die ausstellenden chinesischen Künstler zeigen einen hohen Stand der traditionellen Kunst Chinas und der Gegenwartskunst. " Alle Aussteller bewiesen ein hohes künstlerisch-handwerkliches Können. Viele chinesische Künstler malten Landschaftsbilder, so der Laudator weiter. Ihre Arbeiten seien oft figurativer und gegenständlicher als bei ihren fränkischen Kollegen. Es sei wichtig, dass auch Künstler politisch deutlich Stellung beziehen. Dies geschehe beispielsweise durch die Arbeit "Ruhekissen aus NATO-Draht" eines deutschen Künstlers, der damit die Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge anprangert. Auffallend sei die Differenz in den Materialien, mit denen die deutschen und chinesischen Künstler gearbeitet haben. "Es gibt aber auch Parallelen zwischen den deutschen und den chinesischen Künstlern", versicherte der Laudator und nannte beispielhaft das Thema Umweltproblematik.

Wer durch die Ausstellung schlendert, dem fällt eine "Fischlandschaft" des chinesischen Künstlers Duan Yuhai auf. Das bunte, riesige Gemälde ist eines der Hingucker. Auf einem Bild von Ying Borni sieht man, wie Menschen eine Treppenstufe hochgehen. Alle haben eine Gasmaske auf, ein Hinweis, dass der Umweltschutz in China im Argen liegt.

Beeindruckend auch das Werk "Gefalteter Raum" von Luan Xiaojie: Ein Junge liegt bäuchlings am Boden, der Kopf ruht auf einer Art von Brett. Rätselhaft ein Bild von Wang Yany. Es heißt "Bin ich? Nein, er, sie, es ist! " und zeigt einen Mann im Anzug in fünfmaliger Anordnung. Sein Kopf ist kein Menschen-, sondern ein Tigerkopf. Erschreckend das Bild "Tigerfüttern mit eigenem Leib" von Gao Xiang. Zhu Lanjing stellt Stadtlandschaften mit Stoffen als 3-D-Darstellung aus.

Der deutsche Künstler Gerhard Schlötzner zeigt in den Arbeiten "Let it be - Process an Reality" und "Tales from Paradise 1 and 2" strenge geometrische Formen, während Henrike Franz mit ihren Gemälden "Cities 1 & 2" die Schnellebigkeit und Unpersönlichkeit in Großstädten als abstrakte grau-braun-schwarze Gebilde darstellt. Mit groben Farbklecksen arbeitet Goda Pflaum. Ihr Bild "STG" stellt die Innenansicht eines Raumes dar.

Robert Unterburger