Kreuth
Die CSU will mehr S zeigen

In Wildbad Kreuth arbeitet die Partei an ihrer Schwachstelle: der sozialen Kompetenz

15.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:36 Uhr

Kreuth (DK) Die CSU dominiert die bayerische Politik bei allen Themen – mit einer Ausnahme. In Fragen der sozialen Gerechtigkeit trauen die Bürger der SPD mehr zu. Das will die Union ändern. Auf ihrer Klausur in Wildbad Kreuth spricht sich die CSU-Fraktion auf einmal sogar für Mindestlöhne aus.

Es wirkt, als ob alles schon immer so gewesen wäre. „Das ist doch nicht neu, das ist doch uralt“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Alexander König. Er steht im Rezeptionsraum des Bildungszentrums in Wildbad Kreuth. Der Raum mit dem Strauß-Porträt, vor dem sich die CSU-Oberen so gerne fotografieren lassen. Die CSU setzt sich also für soziale Gerechtigkeit ein. Wie gehabt, sagt König. Nicht umsonst trage man das „S“ für „sozial“ im Namen.

Die Bürger in Bayern sehen das etwas differenzierter. Denn nicht umsonst ist das Thema der einzige Politikbereich, in dem die CSU hinter der sonst abgeschlagenen SPD herhinkt. Nur 29 Prozent finden laut aktueller Umfrage, dass die Union sich angemessen um sozialen Ausgleich bemüht. Der SPD trauen das immerhin 34 Prozent zu. Angesichts von CSU-Werten, die in allen anderen Fragen bei um die 60 Prozent liegen, ist das ein Alarmsignal.

Nun gibt es dieses Papier. Der ehemalige CSU-Chef Erwin Huber hat es federführend erarbeitet. Die Abgeordneten werden es heute voraussichtlich in großer Geschlossenheit beraten und beschließen. Bessere Berufschancen für Behinderte und ältere Arbeitnehmer, Frauen sollen nach Babypausen besser wieder in den Job einsteigen können. Die Fraktion fordert auch die Begrenzung von Zeitarbeit und gleiche Bezahlung von Leiharbeitern und ihren fest angestellten Kollegen im Unternehmen. Und sie spricht sich für Mindestlöhne aus, allerdings müssten sie von den Tarifparteien vereinbart werden. „Eine Politisierung der Lohnfindung über einen gesetzlichen Mindestlohn lehnen wir ab“, heißt es im Papier. Wirtschaftspolitiker der CSU hatten bisher immer gefordert, die Politik müsse sich aus der Lohngestaltung heraushalten.

„Wir sind eine Partei, die nicht nur die Wirtschaftsfragen sieht, sondern auch die Fragen der sozialen Gerechtigkeit“, sagt CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Schon im Herbst habe man entschieden, die soziale Frage in Kreuth zum Thema zu machen, heißt es.

Von der SPD kommt trotzdem Kritik. Die CSU knicke schon wieder bei einem wichtigen Thema ein, sagt SPD-Spitzenkandidat Christian Ude – allerdings sei das nur eine „halbe Kehrtwende“. In einigen Branchen seien gesetzliche Mindestlöhne nötig, um Lohndumping zu verhindern, sagt Ude. Die CSU versuche, „sich mit Scheinlösungen ein soziales Mäntelchen umzuhängen“.

Als soziale Frage werden in der CSU-Fraktion auch die Studiengebühren diskutiert. Die Fraktion will sie abschaffen. Deswegen steht auch noch eine Auseinandersetzung mit dem Koalitionspartner FDP an. Die Liberalen wollen daran festhalten. Die CSU-Abgeordneten seien „zu 99 Prozent“ gegen die Studiengebühren, sagt Schmid. Demnach wäre nicht mal mehr ein ganzer Abgeordneter der 92-köpfigen Fraktion dafür.

Das dürfte so nicht ganz stimmen. „Ich bin ein Befürworter der Studiengebühren – auch weiterhin“, sagt der oberpfälzische Abgeordnete Philipp Graf Lerchenfeld. Allerdings gebe es auch Gründe dagegen. Insgesamt ist die Fraktion wohl tatsächlich relativ geschlossen.

Lerchenfeld gibt sich auch bei einem anderen Thema versöhnlich – beim jüngsten Konflikt zwischen Seehofer und Finanzminister Markus Söder. Der Regierungschef hatte seinen Minister bei einer Weihnachtsfeier scharf kritisiert („charakterliche Schwächen“, „von Ehrgeiz zerfressen“). Bei einer Debatte im Landtag hatte der Graf Söder darauf vehement verteidigt. Inzwischen haben sich Seehofer und Söder ausgesprochen. „Damit ist das auch für mich erledigt“, sagt Lerchenfeld. Der Streit gilt allgemein als ausgestanden.