Schrobenhausen
Die Bürger dürfen mitreden

Stadtrat sendet "ein politisches Signal" und gibt neues Konzept für Verkehr in Auftrag

23.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:07 Uhr |
Stets das gleiche Bild: Die Autos stauen sich zu bestimmten Zeiten in Schrobenhausen - ein neuer Verkehrsplan soll die Probleme lösen. − Foto: M. Schalk

Schrobenhausen (SZ) Die Verkehrsprobleme der Stadt sollen gelöst werden.

Dazu hat der Schrobenhausener Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung einen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) in Auftrag gegeben. Bei der rund 100.000 Euro teuren Entwicklung des Konzeptes sollen auch die Bürger mitreden. Nach deutlich mehr als einstündiger Debatte stimmten fast alle zu, bis auf Georg Berger (proSob) und Franz Mühlpointner (BVS).

Eigentlich findet Martha Schwarzbauer (SPD), Verkehrsreferentin des Stadtrates, die Idee eines Verkehrskonzeptes gut. Sagt sie. Aber sie bedient sich gleichzeitig der Argumentation eines Leserbriefschreibers aus Scheyern, wonach auch sie findet, der Beteiligungsprozess der Bürger werde falsch angefangen. Die Bürger sollten doch zuerst ihre Meinung sagen und Ziele des Konzeptes entwickeln, erst dann solle der Stadtrat entscheiden, ob der VEP in Auftrag gegeben werden soll. Das sei für sie der richtige Weg, so Schwarzbauer.

Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU) weist darauf hin, dass es am Freitag, 8. November, eine Informationsveranstaltung geben werde, in der zunächst der Sachstand über die Umgehungsstraßen dargestellt werden solle. Gleichzeitig wolle er dabei hören, ob für die gescheiterte Trasse rund um Mühlried ein zweiter Anlauf genommen werden solle. Und dann werde an dem Abend auch über den VEP geredet.

Für Stefan Eikam (SPD) steht schon jetzt fest, dass die Bürgerbeteiligung und der VEP beweisen würden, dass die Tangenten nicht gebraucht würden. Wichtig ist ihm auch, dass im VEP nicht ausschließlich auf den Autoverkehr geschaut wird. Der Prozess des VEP solle ergebnisoffen angegangen werden, fordert Eikam. "Wichtig ist für mich der Bürgerbeteiligungsprozess - die Bürger müssen Herr des Verfahrens sein. "

"Für mich ist das etwas Hoppla-hopp", sagt Georg Berger (proSob). Zwar seien, wie Stephan richtig gesagt habe, die Fraktionssprecher informiert worden und gegen den VEP gebe es auch nichts zu sagen. Doch Berger führt den anstehenden oder schon laufenden Wahlkampf ins Feld: "Im Kommunalwahlkampf ist das fehl am Platze. " Berger hält es für wichtig, dass vor dem VEP darüber geredet werde, ob mit oder ohne den Tangenten geplant werden solle. Außerdem erinnert sich Berger noch an die Bürgerbeteiligung für den derzeit laufenden Innenstadtumbau, bei dem mal mehr Grün in der Altstadt und ein autofreier Lenbachplatz beschlossen worden seien: "Das ist keine gute Werbung für einen neuen Bürgerbeteiligungsprozess. "

Das sieht Stephan nicht so. Das Thema Tangenten polarisiere zu allen Zeiten, sagt er. Und jeder, der sich zur Kommunalwahl stelle, werde sich in irgendeiner Form zu den Tangenten bekennen müssen, so Stephan. Darüber hinaus sei das Thema Tangenten bereits im Sommer "in den Gremien" ausgiebig besprochen worden.

Das ruft Franz Mühlpointner (BVS) auf den Plan. Der Stadtrat habe das Recht, vor der Informationsveranstaltung am 8. November ordentlich informiert zu werden, was bei den Tangenten Sache sei. "Das ist bis heute nicht geschehen", setzt Stephans Vize Mühlpointner nach. "Wenn wir etwas für 100.000 Euro entscheiden, will ich vorher genau wissen, warum. "

Stephan kann sich eine Entgegnung nicht verkneifen. Es werde am Dienstag, 5. November, "eine exklusive Information des Stadtrates geben", kündigt Stephan an. "Ich kenne meinen Stadtrat doch, und weiß, dass dann solche Statements herauskommen, wie die des dritten Bürgermeisters", geht Stephan Mühlpointner direkt an. Und er fügt noch hinzu: "Lest eure E-Mails. " Der Bruch zwischen Stephan und Mühlpointner wird deutlich und der Sandizeller faucht zurück: "Wir entscheiden das heute und nicht im November, Herr Bürgermeister! "

Günther Schalk (FW) hat genug von der Debatte: "Ich freue mich schon auf den 15. März, dann können wir hier wieder vernünftig miteinander reden. " Es werde nicht über die Sache selbst gesprochen, sondern ausschließlich darüber, ob überhaupt etwas entschieden werden solle. Er erinnert daran, dass der VEP auf der Tagesordnung stehe. "Ich bin ein Fan von Bürgerbeteiligung", bekennt Schalk. Doch das dürfe nicht so weit gehen, dass die Bürger gefragt werden, ob die Stadt einen VEP brauche oder nicht. Das zu entscheiden, sei immer noch die Aufgabe der gewählten Stadtratsmitglieder. Für Schalk steht fest: "Wir brauchen einen VEP, daran führt aus meiner Sicht kein Weg vorbei. "

Dem kann Hartmut Siegl (CSU) nur zustimmen: "Wir brauchen den Verkehrsentwicklungsplan und der Stadtrat sollte ein politisches Signal an die Bürger senden. " "Wir sollten das sofort in Auftrag geben", appelliert auch Josef Soier (CSU) an seine Stadtratskollegen. "Bis es Ergebnisse gibt, ist der Wahlkampf vorbei", ergänzt Soier noch in Richtung Berger.

Das greift Jakob Mahl (proSob) mit einer Frage nach dem Zeitplan auf, der das Ende der VEP-Entwicklung bis Ende 2020 vorsieht: "Ist der Zeitplan noch aktuell? " Verkehrsplaner Robert Ulzhöfer antwortet ihm, dass der Zeitplan flexibel sei. Allerdings könnten die Verkehrszählungen nicht im Winter über die Bühne gehen. Auch eine geplante Haushaltsbefragung, die Bestandteil der Bürgerbeteiligung ist, sei im Winter nicht sinnvoll. Mahl setzt nochmals nach: "Vor Mai passiert nichts? " Das bestätigt ihm Ulzhöfer. Mahl: "Vielen Dank Herr Ulzhöfer, das wollte ich hören. "

Der VEP

Entstanden ist die Idee zu einem ganzheitlichen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) für Schrobenhausen im Rathaus während der Erarbeitung eines Teilkonzeptes für den Klimaschutz, der sich mit dem Thema Mobilität beschäftigte.Dafür hatte der Stadtrat bereits 35.000 Euro im Haushalt bereitgestellt, 17.000 Euro davon übernimmt der Bund mittels eines Zuschusses, so Klimaschutzbeauftragte Tanja Jenter in der Stadtratssitzung. Ein VEP werde etwa 100.000 Euro kosten, die Stadt müsse den bisherigen Betrag lediglich um 65.000 Euro aufstocken. Die Bundeszuschüsse blieben. Der VEP selbst wird von Verkehrsplaner Robert Ulzhöfer und seinem Büro erarbeitet. Dazu werden alle bisherigen Gutachten und Daten zum Thema Verkehr durchgesehen und begutachtet. Diese Ergebnisse fließen in die aktuelle Gesamtbetrachtung mit ein, so Ulzhöfer. Es wird neue Verkehrszählungen geben. Die Verkehrsteilnehmer werden dazu auch noch auf der Straße befragt. Hinzu kommt eine schriftliche Umfrage, an der sich alle Haushalte beteiligen können. Aus all den Daten werden die ersten Analysen erstellt. Die Zählungen und Umfragen werden im Frühjahr stattfinden. Das Ergebnis soll eine Verkehrsprognose für die nächsten knapp 20 Jahre sein. Dazu kommen die Workshops, an denen sich die Bürger beteiligen können, wie Stephanie Sophia Utz vom Büro Sinnwerkstatt, sagt, die die Bürgerbeteiligung für den Innenstadtumbau bereits begleitet hatte. In einer ersten Infoveranstaltung soll den Menschen noch einmal erklärt werden, was ein VEP ist. Dann soll schon mal über die ersten Probleme und mögliche Ziele des VEP geredet werden. Betrachtet werden sollen sowohl von den Bürgern als auch den Fachplanern alle Facetten des Verkehrs in Schrobenhausen. Zu Teilaspekten werde es spezielle Workshops geben. Am Ende stehe der fertige VEP, der letztendlich dem Stadtrat vorgestellt wird. Der müsse dann daraus Maßnahmen generieren, so Utz. Jenter unterstrich das. "Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, das Problem ganzheitlich anzugehen. " Für die Stadtverwaltung erklärt sie weiter: "Es soll kein Konzept für die Schublade werden. "jsp

Jürgen Spindler

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