Stein
Die Bleistift-Erbin

Ein Stück deutscher Unternehmensgeschichte als ARD-Melodram

13.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:33 Uhr
Der fränkische Bleistiftfabrikant Lothar von Faber hat seine 16-jährige Enkelin zur Firmenerbin bestimmt. Rixner (Igor Bare?) erklärt Ottilie (Kristin Suckow) die Herstellung der Bleistifte. −Foto: Spelda/ARD Degeto

Stein (DK) Blei- oder Buntstifte von Faber-Castell hatte hierzulande wohl jeder schon mal als Kind oder Erwachsener in der Hand.

Sie fanden sogar Eingang in Wilhelm Buschs Bildergeschichte "Maler Klecksel". Da heißt es in Kapitel 6: "Indessen zieht der Kuno aber, den Bleistift Numro 5 von Faber. "

Das Traditionsunternehmen aus Franken kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Jetzt widmet die ARD einem Firmenkapitel ein dreistündiges Melodram. Im Mittelpunkt steht eine außergewöhnliche Frau mit einer bemerkenswerten Biografie: Ottilie von Faber-Castell. Als Vorlage diente der erfolgreiche Roman "Eine Zierde in ihrem Hause - Die Geschichte der Ottilie von Faber-Castell" von Asta Scheib aus dem Jahr 1998.

Ende des 19. Jahrhunderts bestimmt Bleistiftfabrikant Lothar von Faber (Martin Wuttke) seine 16-jährige Enkelin Ottilie (Kristin Suckow) zur Firmenerbin. Der 76-Jährige ist überzeugt von ihrem Talent und Durchsetzungswillen. Eine Frau an der Spitze eines Unternehmens - das irritiert nicht nur die Direktorenriege, auch Ottilies Mutter (Maren Eggert) und Großmutter (Eleonore Weisgerber) sind skeptisch. Um in der Männerwelt zu bestehen, lernt die designierte Chefin akribisch alles über das Bleistiftgeschäft.

Kurz bevor ihr Großvater stirbt, gibt er ihr den Rat, Alexander Graf zu Castell-Rüdenhausen (Johannes Zirner) zu heiraten. Doch Ottilies Herz schlägt für Baron Philipp von Brand zu Neidstein (Hannes Wegener), der ihr auch Avancen macht. Als sich der, nachdem er sich mit dem Grafen sogar duelliert hat, jedoch nicht mehr meldet, gibt sie dem Baron das Ja-Wort. Der bevorzugt das traditionelle Rollenbild: Ottilie soll sich um die Kinder kümmern, er um das Geschäft. Nicht mit ihr. Doch für ihrem Kampf zahlt sie einen hohen Preis.

Claudia Garde, 2018 für die Filme "Das Nebelhaus" und "Eine gute Mutter" mit dem Bayerischen Fernsehpreis geehrt, zeichnet für Buch und Regie verantwortlich. "Es lag natürlich auf der Hand, dass im Rahmen des Drehbuchs, welches eine Zeitpanne von mehr als 20 Jahren umfasst, ein dramatischer Aufbau sowie ein Figurenensemble erstellt werden muss, das sich nicht immer an die Fakten hält. Gleichsam haben wir diese nie aus dem Auge verloren", sagt Garde über ihre Herangehensweise.

So ist die Biografie einer mutigen Frau zu einem streckenweise süßlichen Melodram geworden, das mit dem Unfall in der Fabrik, bei der Ottilie von einem Arbeiter gerettet wird (er verliert dabei eine Hand), gleich sehr emotional und dramatisch beginnt. Das findet in weiteren einschneidenden Ereignissen seine Fortsetzung.

Erzählerisch bleibt der Film als ein Stück Zeitgeschichte eher an der Oberfläche, setzt auf eine exzellente Optik. Die Opulenz der Kostüme und Kulissen ist enorm, als schwelgerisch kann man den Look bezeichnen. Darin bewegt sich ein gutes Ensemble, Kristin Suckow ("Lux - Krieger des Lichts") weiß als leidende und temperamentvolle Ottilie zu Gefallen, Leslie Malton hat eine schöne kleine Rolle als exaltierte Tante von Ottilies bester Freundin.

"Ottilie von Faber-Castell - Eine mutige Frau" läuft an diesem Samstag um 20.15 Uhr in der ARD.

Volker Bergmeister