Die Aufgabe richtig lesen, Herr Lehrer

01.07.2020 | Stand 23.12.2020, 3:34 Uhr

Zum Leserbrief "Peinliche Rechenfehler eines Windkraftgegners" (SZ vom 29. Juni):Herr Giehl unterstellt dem Leserbriefschreiber Franz Lisson aus Ilmmünster einen groben Rechenfehler.

Franz Lisson schreibt wörtlich "Ist-Ertrag ? Durchschnitt der vier Jahre pro Anlage 5555544 kWh" während Herr Giehl auf 5,5 Millionen kWh Jahresleistung kommt. Beide Herren kommen aufs gleiche Ergebnis, wo soll der Rechenfehler sein? Laut Eurostat beträgt der Strompreis in Dänemark derzeit 30,84 Cent und in Deutschland 29,77 Cent je Kilowattstunde. Unter ee-news. ch kann man nachlesen, wie sich die jeweiligen Strompreise zusammensetzen. In Dänemark werden auf den Strompreis von 11,01 Cent/kWh zirka 180 Prozent Steuern und Abgaben aufgeschlagen, in Deutschland dagegen nur 117 Prozent Steuern und Abgaben, jedoch auf den deutlich höheren Strompreis von 13,69 Cent/kWh.

Es ist schön, dass Herr Giehl auf die Bermuda Inseln reist, um dort die durchschnittlichen Stromkosten in Erfahrung zu bringen. Einfacher und sinnvoller wäre es jedoch, die deutschen Strompreise mit unsren mitteleuropäischen Nachbarn zu vergleichen, die die gleichen Bedingungen haben wie wir in Deutschland. Dann würde er nämlich feststellen, dass alle um uns herum weit geringere Stromkosten für den normalen Bürger haben, obwohl doch die Erneuerbaren in Deutschland angeblich die effizientesten und günstigsten Stromlieferanten sein sollen.

Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Einwohner in Deutschland beträgt jährlich etwa 6250 kWh, da man ja den Stromverbrauch an den Arbeitsstätten und Freizeiteinrichtungen auch mitberücksichtigen muss (Quelle: Eurostat). Dies bedeutet für die aktuell etwa 3670 Einwohner der Gemeinde Gerolsbach einen Strombedarf von 23 Millionen Kilowattstunden. Sogar mehr als diesen rechnerischen Stromverbrauch erzeugen die Bürger in Gerolsbach selbst, etwa das 1,5-fache. Herr Lisson aus Ilmmünster will aber in seinem Leserbrief aufzeigen, dass sich Gerolsbach trotz hoher finanzieller Investitionen der Bürger und der Gemeinde nicht alleine über einen längeren Zeitraum, nicht einmal mehrere Tage am Stück, mit selbst erzeugtem Strom versorgen kann oder sich das Mittagessen am elektrischen Herd kochen.

Wer sich unter www. agora-energiewende. de zum Beispiel die an diesem Sonntag erzeugten Strommengen ansieht, wird feststellen, dass tagsüber der in Deutschland mit etwa 12 Cent/kWh geförderte Strom aus Biogasanlagen für 0 Cent/kWh nach Österreich verkauft wurde. Am Montagvormittag wurde dann wieder Strom für 4 Cent/kWh aus Österreich zurückgekauft. In Österreich wurde der Strom aus Deutschland in einem Pumpspeicherwerk praktischerweise gewinnträchtig seitens der Österreicher zwischengelagert. Analog lässt sich das mit beliebigen Zeitfenstern fortführen.

Die Milliarden Euro, die dem Bürger dafür aufs Auge gedrückt werden, sind ja jedem hinlänglich bekannt. Da darf man dann als einfacher Bürger schon fragen, warum die Politik hier nicht endlich tätig wird und nicht stärker in die Realisierung von Speichermöglichkeiten oder intelligenten Stromerzeugung bei uns investiert. Statt nur blindlings von Lobbyisten beeinflusste Stromerzeugungsanlagen zu bauen, deren Leistung bezahlt wird egal ob benötigt oder nicht, sollte man lieber die bereits jetzt vorhandene Energie sinnvoll einsetzen und durch entsprechend finanzielle Anreize oder finanzielle Abschreckung steuern.

Ein Herunterfahren von Biogasanlagen gegen Null oder das Stoppen von Windkraftanlagen in Zeiten von zu viel Strom im Netz wäre hier nur ein möglicher Ansatz, um den Bürger nicht noch mehr mit Kosten dieses Unsinns zu belasten. Besonders wenn man an die Unmengen an Diesel denkt, die zur Biogaserzeugung verbraucht werden und Ackerflächen die dafür herhalten müssen.

Gregory Wiesbeck

Schrobenhausen