Schrobenhausen
Die Angst geht um im "Paradies"

Anlieger glauben, die alte B300 könnte eine Durchfahrtstraße werden - Bürgermeister widerspricht

04.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:33 Uhr
Kein Durchgangsverkehr soll über die alte B300 - die Ingolstädter Straße - führen. Dafür kämpft Oliver Brockmann zusammen mit 81 anderen Anliegern des Mühlrieder Wohnquartiers. −Foto: Spindler

Schrobenhausen (SZ) Derzeit werden die Pläne für die Ortsumfahrung von Mühlried überarbeitet. Unterdessen befürchten die Anwohner der Ingolstädter Straße, dass vor ihrer Tür eine neue Durchgangsstraße entstehen könnte - auch durch das neue Wohngebiet auf dem Gelände der alten Tierkörperbeseitigung.

Immer wieder fällt bei Oliver Brockmann das Wort "Wir". Damit meint er sich und 81 weitere Anlieger, die entlang der Ingolstädter Straße - auch bekannt als alte B300 - und in den weiteren Straßen des Mühlrieder Wohnquartiers leben. Sie alle eint eine Angst: dass die beschauliche Straße, die derzeit noch vorwiegend von Menschen benutzt wird, die zum Wertstoffhof wollen oder ihrer Freizeitbeschäftigung nachgehen, zu einer viel befahrenen Durchgangsstraße werden könnte. Für Brockmann und seine Mitstreiter scheint dieses Szenario nicht abwegig zu sein, wenn sie auf die Pläne für die Ortsumfahrung Mühlried schauen. Denn von der neuen Mühlrieder B300-Abfahrt aus könnten alle, die nach Mühlried oder sogar bis nach Schrobenhausen weiterfahren wollten, die kleine Straße nutzen. Verstärkt wird diese Befürchtung für die Anlieger noch dadurch, dass der Stadtrat den Weg für die Wohnnutzung der ehemaligen Tierkörperbeseitigungsanlage freigemacht hat (wir berichteten). Natürlich nicht, ohne über die Verkehrssituation der alten B300 zu diskutieren.

"Wir haben Angst", sagt Brockmann. "Wir kämpfen hier für unser Paradies", fügt der FDP-Kreisvorsitzende mit Blick auf die schmucken Wohnhäuser markig hinzu. Und er habe bereits in den vergangenen Jahren gelernt, dass man sich rechtzeitig wehren müsse: "So geht es nicht, sonst machen die bei der Stadt mit uns, was sie wollen." Gewehrt haben sich Brockmann und Co. bereits bei der Anhörung im Planfeststellungsverfahren zur Ortsumfahrung.

Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU) fasst die Quintessenz der Expertenantworten von damals auf Anfrage nochmals zusammen: Die Stadt habe nicht die Absicht, aus der alten B300 eine Abkürzung zu machen: "Das soll keine Durchgangsstraße werden." Darum wolle sie auch an der bisherigen Beschilderung "Anlieger frei" festhalten. Schließlich werde die Straße als Zubringerweg zum Wertstoffhof und nun natürlich auch zum neuen Wohngebiet an der Schanze gebraucht.

So richtig glauben wollen Brockmann und seine Mitstreiter das aber nicht. Denn, so ihre Erfahrung, Autofahrer hielten sich eben nicht an Verkehrsschilder und würden lieber trotz Verbot den kürzesten Weg wählen. Und noch etwas stört Brockmann: Er versteht nicht, dass die potenziellen Ausweichverkehre bei den Gutachten und Plänen nicht mit einberechnet worden seien. Bei einem millionenschweren Bauprojekt sei das ein eklatanter Fehler.

"Ich habe Verständnis für die Befürchtungen", sagt Stephan in Richtung der Anwohner der Ingolstädter Straße. Zunächst bleibe es dabei, dass die alte B300 ausschließlich für Anlieger befahrbar sei. Verkehrsteilnehmer hätten nun mal die Pflicht, sich an die Beschilderung zu halten. Im Zweifel müsste die Einhaltung der Verkehrsregeln kontrolliert werden, wenn sich der Verkehr drastisch erhöhe. Das sei aber dann ein Fall für die Polizei, da die für die Kontrolle des fließenden Verkehrs zuständig sei. Die Stadt dürfe lediglich parkende Autos aufschreiben.

Sollte das auch nichts nützen, müsse sich die Stadt darüber Gedanken machen, die Straße umzubauen. Doch auch das sei einfacher gesagt als getan. Für Stephan ist klar, dass die Landwirte über die alte B300 ihre Äcker erreichen müssen. Und wo ein Traktor problemlos durchfahren könne, passe auch ein Auto locker durch.

Für solche Gedankenspiele ist es Stephan aber derzeit noch viel zu früh. Zumindest das Verfahren für die Ortsumfahrung Mühlried sei noch im vollen Gange und weit von einem Abschluss entfernt. Derzeit müsse das Staatliche Bauamt in Ingolstadt alle Änderungen, die bei der Erörterung im Dezember 2017 besprochen wurden, in die Pläne einarbeiten. Wann das fertig sei, stehe noch nicht fest. Daran schlösse sich eine weitere Auslegung der aktualisierten Pläne an. Mittlerweile ziehe sich das Planungsverfahren für die Ortsumfahrung von Mühlried seit zwölf Jahren hin. Ein Ende, so Stephan, sei noch nicht absehbar.

Jürgen Spindler