Neuburg
Die Abenteuer des Pinocchio

Bezaubernd und berührend: Städtische Schule für Tanztheater feiert umjubelte Premiere im Stadttheater

30.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:07 Uhr

Zum Fressen süß: Feuerfressers Puppentheater mit Seppl, Kasperl und dem Räuber (v.l.) , der sich am Ende vom Polizisten verhaften lassen muss (links). "Der ist ja nackt", hatte sich zuvor die Nachbarin über Pinocchio empört und versucht ihn einzufangen.

Neuburg (DK) Einfach bezaubernd, die Geschichte von Pinocchio in der Tanztheaterversion von Angela Kockers. Frei nach Carlo Collodi hat die Leiterin der Städtischen Schule für Tanztheater eine hinreißende Choreographie zur Musik führender italienischer Komponisten geschrieben.

Eine Choreographie, die sowohl dem Können ihrer rund 90 Schüler in verschiedenen Altersstufen als auch der spitzbübischen Geschichte um Pinocchio entspricht - die Holzfigur, die in der Werkstatt des Puppenmachers plötzlich zum Leben erwacht und sich auf das Abenteuer Leben einlässt. Emily Jungbauer ist die Titelrolle wahrlich auf den zierlichen Leib geschrieben. Anfangs scheint sie nur aus großen Augen zu bestehen, die dem Puppenmacher Gepetto (Kassandra Opitz), den sie mit "Hallo Papa" begrüßt, aufmerksam folgen. Doch langsam erwacht sie, entpuppt sich als rotzfrecher Lausbub und tanzt Gepetto und seiner Nachbarin auf der Nase herum. Die beiden wollen Pinocchio ankleiden, nachdem die Nachbarin naserümpfend festgestellt hat: "Der ist ja nackt."

Auf der Piazza tummeln sich Fuchs (Antonia Roßkopf) und Katze (Anna Weidner), sucht der große Verführer (Hanna Ettenreich) willfährige Opfer, die drei Doktoren (Amelie Jay, Sabrina Knorr und Katharina Degmayr) flanieren vorbei und der Puppenspieler Feuerfresser (Hannah Brand) lässt seine Puppen tanzen. 30 Lira, sein letztes Geld, hat Gepetto seinem Pinocchio in die Hand gedrückt, damit der ein Buch kaufen und zur Schule gehen kann. Doch der ungehorsame Sohn gibt es Feuerfresser als Eintritt fürs Puppentheater - und mischt sich zwischen Kasperl, Seppl und Gretl - herzallerliebst in Lederhosen und Dirndl - Prinzessin, Zauberer, Fee, Großmutter und Wahrsagerin. Das geht noch einmal gut, denn dafür gibt es 1000 Lira als Gage für Pinocchio, die er allerdings an Katze und Fuchs verliert, die sich als Blinder und arme Frau verkleidet haben und den armen Jungen nicht nur verlachen, sondern auch tätlich angehen. Nun schlägt die große Stunde der Doktores. Ist die Puppe tot? Darauf hat jeder der drei eine andere Antwort. Immerhin bringt die Medizin des Dritten Pinocchio schlagartig wieder auf die Beine, wenn auch nur, um der Einnahme zu entgehen.

Endlich geht es in die spartanisch ausgestattete, herrlich ironisch charakterisierte Schule. Für die entgeisterten Lehrerinnen hat sich Kockers einen kuriosen Erlass des Ministers für "Einbildung, Schule und Erziehung" ausgedacht, der den in strenges Schwarz-Weiß gekleideten Lehrkörper an den Rand der Verzweiflung bringt und die Damen indigniert abmarschieren lässt. Anwesenheitspflicht und Prügelstrafe abschaffen? Wo kämen wir da hin?

Genauso erteilen die Lehrer Pinocchio eine Abfuhr, nur der Direktor räumt ihm eine Chance ein, während die Schulkinder ihn freudig aufnehmen. Um gleich darauf zu entscheiden, Schule zu schwänzen und sich mit dem Verführer ins Erlebnisland aufmachen, wo die Kuscheltiere lebendig werden, Kinder mit Puppen einen zauberhaften Wiegetanz zeigen und die kleinen Kinder herzallerliebst ihre Freude am Tanz zeigen. Mit dem magischen Karussell geht das berührende Tanztheater seinem Höhe- und zugleich Schlusspunkt entgegen und wird im vollbesetzten Stadttheater wohlverdient gefeiert.