München
Die 68er - ein Aufbruch und seine Folgen

Das Bayerische Fernsehen erinnert in einer Themenwoche an die legendäre Zeit vor 50 Jahren

09.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:52 Uhr
Die BR-Dokumentation erzählt vom "Aufbruchsjahr '68" in Bayern. Es geht um den Vietnamkrieg, Kommunen oder um Erlanger Studenten, die die Tagung der Gruppe 47 stören. −Foto: BR

München (DK) "Beatmusik und Bergidyll, Langhaarige und Lederhosen, Verführung und Volkstümlichkeit - passt eigentlich nicht so richtig zusammen.

Außer in Bayern. Wir schreiben das Jahr 1968", mit diesen (Schlag-)Worten beginnt der erste von zwei Teilen der TV-Dokumentation "Mythos '68", die den Untertitel "Ein wildes Jahr in Bayern" trägt. Es ist eine kurzweilig-informative Zeitreise in Bildern durch eines der spannendsten und wohl folgenreichsten Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Klaus Uhrig will dem Phänomen '68 auf den Grund gehen und hat Zeitzeugen gefunden, die nicht schon in diversen Rückblicken zu Wort kamen und die aus der Mitte der bayerischen Gesellschaft kommen: Arbeiter, Studenten, Künstler, Musiker. Sie erzählen, wie sie das Jahr erlebt, was es (für sie und allgemein) bewirkt und verändert hat. Da ist der damalige Regensburger Student Johannes Münder alias der "Rote Johnny" oder der kurzzeitig als bayerischer SPD-Revoluzzer Schlagzeilen machende Walter Adam, damals an der Uni in München. Da ist der Nürnberger Aktionskünstler Horst W. Blome, der nicht unwesentlich zur Auflösung der literarischen Gruppe 47 beitrug, aber auch ein Polizist oder ein Arbeiter wie Hubertus Hierl, der überhaupt nicht verstehen kann, was die Studenten aus der Großstadt plötzlich vor den Fabriktoren zu suchen haben. Da sind die Mitglieder der Cover-Band Beatstones, die als Vorgruppe der Kinks den Circus Krone rockten und auf der Straße als "Gammler" beschimpft wurden sowie die Ex-Landesbäuerin und -CSU-Abgeordnete Annemarie Biechl, die damals auf dem Land eher wenig davon mitbekam und den Aufbruch kritisch sah und immer noch sieht.

In 45 Minuten fliegt der Beitrag durch das Jahr 1968, zeigt, wie man in Bayern - von Hof bis München, von Nürnberg bis Regensburg, auf die Ereignisse reagierte, erzählt von Straßenkrawallen, Vietnamkrieg, freier Liebe, dem Attentat auf Rudi Dutschke und den Toten bei den Straßenunruhen am Osterwochenende in München. Viele Mosaiksteine im Kleinen und Großen, überwiegend aus bayerischer Perspektive, sollen ein Bild ergeben. Doch das ist schwer, weil die Doku förmlich durch das Jahr rast, nirgends tiefer bohrt, viel anspricht, aber nur wenig genauer ausspricht. So bleiben ein hübscher Klangteppich mit Ohrwürmern der Zeit, Informatives über das Geschehen abseits der bekannte Ereignisse, seltene Bilddokumente und Sätze der Zeitzeugen wie der von Horst W. Blome, der resümiert: "Man kann sehen, dass, was heute an Bewegungen stattfindet, beeinflusst war und ist von der 68-er Zeit, die ja nicht nur auf 68 beschränkt war, sondern eher begann und sehr viel länger dauerte. " Da denkt man sogleich an Alexander Dobrindt und seine jüngsten (Revolutions-)aussagen.

Am nächsten Dienstag beschäftigt sich dann Teil 2 unter dem Titel "Ein wildes Jahr und seine Folgen" mit dem, was die Folgezeit bis in die Mitte der 1970er-Jahre gebracht hat - von sozialistischen Kinderläden über das Aufkommen der Landkommunen bis zum Kampf der Frauen um Gleichberechtigung. Auch da erinnern sich Zeitzeugen aus Bayern - wie die Mitglieder der bayerischen Subkultur-Band Sparifankal an ihre ganz persönlichen Erlebnisse.

Mythos '68: Teil 1 am Dienstag 22.30 Uhr, Teil 2 am 17. April, 22.30 Uhr, Bayerisches Fernsehen.

Volker Bergmeister