Ingolstadt
Deus caritas est

18.03.2011 | Stand 03.12.2020, 3:02 Uhr

Begegnung vor dem Josefstag: Der Eichstätter Generalvikar Isidor Vollnhals besuchte am Freitag die Caritas-Werkstätten, wo er mit dem angehenden Recyclingmonteur Franz-Josef ins Gespräch kam. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Der 19. März ist der Gedenktag des heiligen Josef, Ziehvater Jesu, Patron der Arbeiter und der Jugend. Weil beide Gruppen in ihren Werkstätten zusammenkommen, lädt die Caritas gern zu Josefi ein, um zu zeigen, wie viele Zukunftschancen benachteiligte junge Leute hier dank guter Ausbildung erhalten.

Die zwei blütenweißen Kommunionskleider säumen sicher nur rein zufällig in exponierter Position den Weg der Geistlichkeit durch das Geschäft. Generalvikar Isidor Vollnhals und Caritasdirektor Rainer Brummer halten vor dem Regal inne, fragen dezent nach dem Preis der makellosen Festgewänder aus zweiter Hand. "Zehn Euro das Stück", erfahren die beiden Domkapitulare von den Damen im Laden. Solche schönen Teile kommen oft rein. Wann genau, kann man (wie bei Gebrauchtwaren üblich) freilich nicht sagen; das weiß nur Gott.

Gut gepflegt ist grundsätzlich alles, was im Caritas-Laden am Carl-Benz-Ring im Gaimersheimer Gewerbegebiet in die Regale kommt. "Nur 10 bis 15 Prozent der angelieferten Ware sind verkaufbar", berichtet Marktleiter Alois Bortenhauser den Besuchern. "Bei uns wird jedes Stück in die Hand genommen und begutachtet." An die acht Tonnen Altkleider lesen die Caritas-Mitarbeiter aus und reichen sie dann an einen Sortierbetrieb weiter – jede Woche.

Auch im originell dekorierten Laden geht es an diesem Freitagvormittag ordentlich zu; wie üblich. "Keiner hätte gedacht, dass das mal dieses Ausmaß annimmt", bekennt Michael Rinnagl im Trubel der Kunden. Er leitet die Ingolstädter Caritas- Wohnheime und Werkstätten. Die steigende Zahl der Ausbildungsmöglichkeiten verfolgt er voller Freude. "Seit einigen Jahren können wir auch Lehrstellen für Verkäufer anbieten. Mit Präsentation, Beratung, Kasse – eben allem, was dazugehört."

Die Caritas rüstet hier "Benachteiligte" in einem betreuten, geschützten Bereich für den Arbeitsmarkt. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden so bezeichnet, weil sie zuvor im Leben schon alles Mögliche abbekommen haben, nur keine Chancen. "Die Lehrlinge stammen aus schwierigen Verhältnissen", erzählt Rinnagl. Prügelnde Väter, alkoholkranke Eltern, Arbeitslosigkeit; das volle Programm. "Die jungen Leute haben schon viel erlebt. Oder vieles eben nicht, zum Beispiel eine Kindheit. Oder dass einer regelmäßig in die Arbeit geht." Rinnagl weiß aus langer Erfahrung, "dass es unsere Auszubildende viel Überwindung kostet zu erzählen, dass sie geschlagen worden sind, denn so was tut allen weh".

"Deus caritas est", Gott ist die Nächstenliebe, hat Papst Benedikt XVI. seine erste Enzyklika genannt. In diesem Geiste sprechen später auch die Domkapitulare zu den Lehrlingen: "Hier wird das Gefühl vermittelt: ,Ich bin was wert!’", sagt Brummer. Vollnhals, vormals Münsterpfarrer, betont: "Wir wollen jeden Menschen mit seinen Fähigkeiten wahrnehmen." Zuvor fragt er, wie viele Josefs versammelt sind: vier, einen Franz-Josef mitgezählt.

Der lernt begeistert den Beruf des Recyclingmonteurs. Das Besondere bei der Caritas? "Mit so vielen tollen Menschen zusammenzuarbeiten!" Und die zunehmende Erfahrung. "Bald lange ich blind in den Werkzeugkasten, um den passenden Schraubenzieher zu finden."

Stefan und Martin, beide 20, lernen in der Fahrradwerkstatt. "Wir reparieren auch viele richtig rustikale Räder, NSU oder Wanderer aus den 30er Jahren. Sowas bekommen andere Lehrlinge gar nicht mehr zu sehen." Dann lassen sie ihren Meister hoch leben: Martin Tenelsen. Der erklärt den großen Vorzug der Werkstatt so: "Mit uralten Rädern macht man kein Geld." Aber das muss die Caritas auch nicht. "Dafür sehen wir die Riesenfreude eines Kunden, wenn sein Oma-Rad wieder läuft!"