Berg im Gau
Dettenhofener scheitern mit Antrag

Ausbau der Grasheimer Straße steht im Mittelpunkt einer turbulenten Berg im Gauer Bürgerversammlung

29.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr
Risse in der Grasheimer Straße im Gemeindegebiet Berg im Gau. −Foto: Burgstaller, Alexandra, Eichstä

Berg im Gau (SZ) In der Gemeinderatssitzung drei Wochen zuvor hatten sie nicht reden dürfen. Deshalb ergriffen die Anwohner der Grasheimer Straße bei der Bürgerversammlung am Donnerstagabend das Wort. Ihr Antrag, die Straße in einer Billigvariante zu sanieren, fand in der Versammlung jedoch keine Mehrheit.

160 bis 170 Gauer Bürger drängten sich im Saal des Gasthauses Hackl in Dettenhofen, das ja auch an der Grasheimer Straße liegt. Insofern war der Veranstaltungsort gut gewählt - die Besucher waren über die ramponierte Straße, die dann nicht ganz unerwartet im Mittelpunkt stehen sollte, zur Bürgerversammlung gekommen. Bei der blickte Bürgermeister Helmut Roßkopf erst einmal darauf zurück, was im zu Ende gehenden Jahr so alles passiert war. Zum Beispiel die Kanalsanierung in Dettenhofen. "Man hat da permanent schlechten Boden gehabt", betonte Roßkopf, zeigte entsprechende Fotos - und das wohl nicht ganz ohne Hintergedanken.

Denn der schlechte Boden unter der Grasheimer Straße ist auch der Grund dafür, dass die Gemeinde die Straße nun aufwendig sanieren will. Und das kostet viel Geld, 1,3 Millionen Euro. Einen nicht unerheblichen Teil davon müssten die Anlieger bezahlen, denn Berg im Gau hat eine Straßenausbaubeitragssatzung (ABS) und müsste sie anwenden. Mit - grob über den Daumen gepeilt - zehn Euro pro Quadratmeter wären die Anlieger dabei. Da es an der früher von Landwirtschaft geprägten Grasheimer Straße viele große Grundstücke gibt, ist da schnell eine fünfstellige Summe zusammen. Die Anlieger hätten's also gerne billiger, haben das auch schon beantragt. Für 150 000 Euro, meinen sie, könnte der rund 700 Meter lange Straßenabschnitt abgefräst und mit einer neuen Asphaltschicht versehen werden.

Das sehen Roßkopf und seine Gemeinderäte anders. Abfräsen und draufasphaltieren wäre "rausgeschmissenes Geld", sagte der Bürgermeister am Donnerstag - schon in wenigen Jahren wären wieder Risse in der Straße, wegen des schlechten Untergrunds. Außerdem möchte Roßkopf die bisherige Gemeindestraße gerne in die Verantwortung des Landkreises übergeben - und das gehe nur, wenn sie sorgfältig saniert werde, sagte er. Bei einer Kreisstraße aber müssten sich die Anlieger künftig keine Gedanken mehr um Ausbaubeiträge machen, denn dann sei der Landkreis dafür zuständig. Lediglich für die Gehwege könnten dann noch Ausbaubeiträge erhoben werden.

Deshalb, erklärte der Bürgermeister, habe der Gemeinderat beschlossen, die Planungen für den Vollausbau - "wir haben bis zum heutigen Tag 100 000 Euro dafür ausgegeben" - weiterlaufen zu lassen, die Baumaßnahme vorerst aber noch nicht auszuschreiben. Man wolle abwarten, ob sich die Staatsregierung im Frühjahr vielleicht doch entscheide, die ABS in Bayern ganz abzuschaffen. Dann müssten die Anlieger generell nicht mehr mitzahlen. Wenn die Gemeinde dafür allerdings keinen Ausgleich in Form staatlicher Zuschüsse bekomme, dann, so prophezeite Roßkopf, könne sie sich in Zukunft gar keine Straßensanierungen mehr leisten.

Hans Bichler, einer der Anlieger der Grasheimer Straße, beklagte sich, dass die Anlieger lange im Unklaren gelassen worden seien. Erst bei einer Versammlung im Oktober dieses Jahres sei klar geworden, welche Summen auf sie zukommen. Außerdem zeigte sich Bichler enttäuscht, dass die Dettenhofener bei der Gemeinderatssitzung Anfang Dezember, als ihr Antrag für eine günstigere Ausbauvariante auf der Tagesordnung stand, kein Rederecht erhielten. Die Gemeinderäte, so Bichler, sollen doch die Bürger vertreten, "das können sie aber schlecht, wenn sie die Bürger nicht einmal anhören". Hätten die Anlieger im Gemeinderat reden dürfen, antwortete Roßkopf, wäre eine "Bierzeltatmosphäre" entstanden.

Manfred Schreier stellte infrage, dass die Gemeinde bisher ihrer Unterhaltspflicht nachgekommen ist, wenn die Grasheimer Straße inzwischen so tiefe Risse habe, dass sie angeblich nicht mehr saniert werden könne. Warum, so Schreier, habe die Gemeinde nicht früher mit den Bürgern gesprochen und mehr als eine Ausbauvariante präsentiert? Nach Rücksprache mit zwei Baufirmen könne er sagen, dass eine Oberflächensanierung für 150 000 Euro machbar sei.

"Für 150 000 Euro krieg ich einen großen Parkplatz asphaltiert, aber nicht diese Straße", sagte Dritter Bürgermeister Peter Finkenzeller, ein anerkannter Straßenbauspezialist. Die Baufirmen, die diesen Preis genannt hatten, hätten sich sicherlich nicht angeschaut, in welchem Zustand der Unterbau der Straße sei. "Wenn ich ein Auto habe, das Rostflecken hat, und ich lackier drüber, dann schaut's erst mal wieder gut aus" - und genauso sei das bei der Grasheimer Straße, verglich Finkenzeller: Werde nur drüberlackiert, seien die Risse in wenigen Jahren wieder da - und unterm Strich komme das Ganze teurer als ein Vollausbau, der Jahrzehnte halte. Bereits 1984, ergänzte Roßkopf, als die Straße zuletzt saniert wurde, hätte eigentlich der Unterbau erneuert werden müssen.

In weiteren Wortmeldungen vertraten Anlieger die Ansicht, dass eine erneute einfache Sanierung ja dann auch wieder für 30 Jahre halten könne. Der Gemeinderat, meinte Manfred Schreier, entscheide nicht zum Wohle seiner Bürger, wenn er gerade Rentner und junge Familien mit Ausbaubeiträgen in fünfstelliger Höhe in finanzielle Schwierigkeiten bringe. Roßkopf konterte, auch Anlieger anderer Straßen im Gemeindegebiet hätten bereits solche Summen zahlen müssen.

Schließlich ließ Roßkopf die Versammlung über den Antrag der Dettenhofener, die Grasheimer Straße in einer Billigvariante auszubauen, wenn die ABS nicht abgeschafft werden kann, abstimmen. Das klappte erst im zweiten Versuch, nachdem der Bürgermeister klargestellt hatte, dass sich niemand der Stimme enthalten dürfe. 30 Berg im Gauer stimmten für den Antrag der Dettenhofener, 98 dagegen - der Rest war wohl gerade auf der Toilette oder beim Rauchen.

WEITERE BÜRGERFRAGEN

Straßenlampen sollen an den Gehwegen zwischen Dettenhofen und Siefhofen, zwischen Berg im Gau und Dirschhofen sowie zwischen Dirschhofen und Eppertshofen aufgestellt werden, meinte ein Bürger. Der Gemeinderat werde darüber sprechen, versprach Bürgermeister Helmut Roßkopf.

 

Der Winterdienst beschäftigte einen anderen Bürger: "Ich räume in der Früh meinen Schnee weg, und dann kommt der Schneeräumer und schiebt ihn wieder hin."

 

Baugrundstücke für seine zwei Töchter hätte ein Bürger gerne am Ortsrand ausgewiesen. Andere Gemeinden kämen ihren Bürgern da entgegen, nur Berg im Gau nicht, schimpfte er. Die Gemeinde, antwortete Roßkopf, würde hier einen Präzedenzfall schaffen. Und dann würde ihr künftig niemand mehr Grund für öffentliche Baugebiete verkaufen. Die Gemeinde müsse aber "Bauflächen für mehrere Bürger vorhalten - und nicht nur für einzelne".

 

Auch der Internetausbau war ein Thema. Was da 2018 geplant sei, wollte ein Bürger wissen. Die Gemeinde wolle die Bereiche, die bisher noch nicht mit 30 Mbit pro Sekunde versorgt sind, ausbauen, sagte Roßkopf. Das werde 1,5 Millionen Euro kosten. Ein Förderantrag sei bereits gestellt worden.

 

Die alte Brücke im Moos an der Staatsstraße nach Stengelheim wolle das Staatliche Bauamt Ingolstadt im neuen Jahr sanieren, sagte Roßkopf: "Dann ist da gesperrt bis Früh- oder Spätherbst." Auch für die Landwirte bedeute das dann erhebliche Umwege. | bdh