Der Zerfall schleicht voran

Kommentar

13.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:30 Uhr

Es rumort kräftig auf der Insel. In London wurde fleißig, wenn auch zunehmend konfus, über die endgültige Ausgestaltung des Brexit-Gesetzes debattiert. Fast scheint es so, als wolle man sich Zeit erschleichen - Zeit, die man nicht hat.

Denn nicht nur die EU dringt auf Klarheit. Auch im hohen Norden bahnt sich ungemacht an. Die Schotten wollen nicht mehr.

Lange hat sich die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon geduldet und die politischen Spielchen in London verfolgt. Nun geht sie zum Angriff über, macht die Standpunkte ihres stolzen Volkes deutlich. Die Schotten wollen Bürger der EU bleiben. Und das wollen sie, um weiterhin von den vielen Vorteilen des Binnenmarkts der Gemeinschaft profitieren zu können. Sturgeon macht keinen Hehl daraus, dass der Verlust dieser Privilegien für das Land existenziell ist.

Um das zu verhindern, greift sie zur größten Keule, die einem Schotten zur Verfügung steht: Sie droht mit einem erneuten Referendum über die Unabhängigkeit von Großbritannien. Mutig ist das nicht, sondern clever. Britannien wird über kurz oder lang auf sich gestellt sein und erst dann die Folgen des EU-Abschiedes in ganzer Härte spüren. Sturgeon hat das erkannt und will ihrem Land ein solches Szenario ersparen.

Für die britische Premierministerin Theresa May tut sich eine neue Baustelle auf. Denn der Abschied der Schotten scheint nach derzeitigem Stand der Umfragen sicher. Dann zerfällt auch der Kern des einst so gigantischen Empires.