Rohrbach
Der Wunsch nach einer großen Kirche

Bruno Feß setzt sich in den 50er Jahren für ein neues Gotteshaus in Rohrbach ein - mit Erfolg

22.07.2021 | Stand 27.07.2021, 3:33 Uhr
1960 war die Kirche schon erkennbar und 1961 schließlich fertig. Heuer jährt sich die Einweihung des Rohrbacher Gotteshauses zum 60. Mal - das Festjahr startet an diesem Freitag mit einem Gottesdienst mit Bischof Bertram Meier. −Foto: privat

Rohrbach - 60 Jahre wird die Neue Kirche von Rohrbach alt: Am 14. Oktober 1961 wurde sie eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben. Das ist ein Grund zum Feiern - und das nicht nur am Jubiläumstag, sondern auf mehrere Wochen verteilt. Zum Auftakt kommt an diesem Freitag Bischof Bertram Meier, der mit der Kirchengemeinde um 18 Uhr ein Pontifikalamt feiert.

Rohrbach besitzt mit der Kirche "Verklärung Christi auf dem Berge" einen interessanten Kirchenneubau, der von Osten her gesehen wie eine Gottesburg über dem Ilmtal thront. Und sie zeugt bis heute vom Opfersinn der Rohrbacher Bürger und dem Mut des jungen Pfarrers Bruno Feß. Der Geistliche hatte nach seinem Freund und Vorgänger Wilhelm Fehrenbacher, der mit 43 Jahren verstorben war, die Pfarrstelle in Rohrbach 1956 übernommen.

Die Bevölkerungsentwicklung nach dem Krieg machte einem Kirchenneubau in zentraler Lage nötig und die Diözese Augsburg unter Bischof Josef Freundorfer erteilte Bruno Feß den klaren Auftrag "in Rohrbach endlich eine neue, größere Kirche zu bauen". Vorher hatte man immer versucht, die alte Kirche zu erweitern - was aber nie klappte.

Bruno Feß war 33 Jahre alt und hatte keine Ahnung von Grundstückserwerb, Kirchenbau oder Finanzierung. Er wusste nur, dass in Rohrbach schon seit Ewigkeiten um einen Kirchenbau gerungen wurde. Häufige Pfarrerwechsel vertagten immer wieder den Bau. Die Gemeinde selbst hatte keine klaren Vorstellungen - es fehlte an Baugrund und noch mehr an Geld. Franz II. von Koch, der spätere Landrat und Senator, ließ sogar mehrfach Pläne erstellen, auf deren Kosten er meist sitzen blieb.

Feß musste als erstes geeigneten Baugrund finden: Er liebäugelte mit einem Platz auf der Anhöhe über dem Ilmtal. Es war zur damaligen Zeit ganz ungewöhnlich, eine Kirche über dem Schloss zu errichten und es gab dramatische Augenblicke und viele Bedenken, auch wegen der Unbefahrbarkeit der Anhöhe. Doch Pfarrer Feß ließ nicht locker und bekam nach zähem Ringen dieses Grundstück von Albert Schönauer und Ulrich Hemm für 60 D-Mark pro Dezimal - also pro Hundertstel Tagwerk, etwa 34 Quadratmeter.

Gegen alle Widerstände setzte sich Bruno Feß durch mit diesem mutigen Kirchenbau. Er suchte und fand den damals noch unbekannten jungen Architekten Alexander von Branca, dessen Wahl zum unbestreitbar erfolgreichen Gelingen dieses ungewöhnlichen Kirchenbaus beigetragen hat. Diese moderne Kirche ist im Stil und in der Tradition einer frühchristlichen römischen Basilika errichtet aus den Materialien der Zeit von gestern und heute: Ziegel und Beton.

Beim ersten Besuch sagte Pfarrer Feß zu dem Architekten: "Ich möchte eine Kirche bauen." Und dieser fragte ihn: "Sind Sie der Bürgermeister?" Das war Bruno Feß natürlich nicht - aber die Kirche wurde gebaut. In einer Bürgerversammlung, nur lauter Männer waren da, stellte der Pfarrer dann den Entwurf vor und die Rohrbacher waren begeistert. Als sie dann aber hörten, dass die Kirche zwei Millionen D-Mark kosten wird - das war ein irrer Betrag damals - meinte einer: "Von mir bekommt der keinen Pfennig."

Feß stellte einen Finanzplan auf und legte fest, was jeder Einzelne zu zahlen hat. Die zwei Millionen D-Mark als Gesamtsumme und die eine Million D-Mark als Leistung der Pfarrgemeinde beruht laut Ortschronist Hermann Schwarzmeier auf einer Kostenschätzung vor Baubeginn. Die vom Pfarrer ermittelten Abgaben zum Kirchenbau betrugen jährlich das Dreifache der Haus- und Grundsteuer für die Bauern. Es wurde auch jeder Arbeitnehmer angeschrieben und zur Spende aufgerufen. "Ich kann es nicht genau sagen, aber es handelte sich wohl um ein Monatsgehalt im Jahr. Da der Hopfenpreis damals sehr gut war, haben alle bezahlt, bis auf zwei", weiß der Rohrbacher Ortschronist Hermann Schwarzmeier.

Über diese neue Kirche von Rohrbach war viel zu lesen, in allen Fachliteraturen von Rang, aber keiner hat sie so treffend beschrieben wie ein alter Rohrbacher Bauer: "Kein Kreuz, keine Bilder, keine Fenster: In dieser Kirche muss man beten."

PK