Regensburg
Der Vergangenheit Leben einhauchen

Bei "Danube Art Lab" in Regensburg spüren elf Künstler Verborgenem und Vergessenem in der Stadt nach

01.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:17 Uhr

Regensburg (DK) Regensburg wird erneut zu einer Galerie unter freiem Himmel.

Das aktuelle Ausstellungskonzept "Danube Art Lab" präsentiert elf internationale Künstler aus dem Donauraum und Kunstprojekte im Stadtraum von Regensburg sowie eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Leerer Beutel. Sie setzen sich mit Positionen zum Thema "Hidden Places - Hidden Spaces" in Geschichte und Gegenwart auseinander.

Die Künstler haben sich in dem von der EU geförderten Projekt "Danube Art Lab" an Orte der Vergangenheit begeben und einen Bezug zur Gegenwart hergestellt. Im Zentrum ihrer Arbeiten steht der Blick von außen auf Verborgenes und Vergessenes in der Donaustadt Regensburg. Aber auch die Auseinandersetzung mit der bindenden Kraft der Donau ist bei dieser außergewöhnlichen Kunstausstellung wichtig.

Initiiert wurde das EU-Projekt "Kulturplattform Donauraum - kreative Orte des 21. Jahrhunderts" unter Leitung des Bundeskanzleramts Österreich. Mit der Stadt Regensburg und dem donumenta e. V. hat das Artist-in-Residence-Programm in Regensburg probate Partner gefunden. Der Verein donumenta unter der Leitung von Regina Hellwig-Schmid steht in einer langen Tradition, zeitgenössische künstlerische Positionen aus dem Donauraum zu verbinden.

Die Regensburger Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer brachte es in ihrem Grußwort bei der Eröffnung am 28. Juli in der Menoriten Kirche im Historischen Museum auf den Punkt: "Die Donau hat während des Habsburger Reiches die Länder verbunden. Im Laufe der Geschichte zerfielen sie entlang ihrer Ufer, brach Jugoslawien zusammen und mit ihm Identitäten und vermeintliche Gewissheiten. In Serbien wurden Brücken gesprengt. Und auch in Regensburg war die Donau plötzlich nur noch unsere Donau", sagt Maltz-Schwarzfischer. Sie war kein verbindendes Band mehr. Auch dagegen richtet sich das Projekt "Danube Art Lab". Regensburg sei Weltkulturerbe, sagt Maltz-Schwarzfischer. "Unser Kulturerbe gehört der Welt. " An diesem Maßstab orientiert sich die Ausstellung "Danube Art Lab - Hidden places, hidden spaces".

Einheimische und Gäste erleben durch Interventionen, Performances und Mulitmedia-Installationen, wie sich verschollene Orte der Geschichte in inspirierende Orte der Gegenwart wandeln.

Bemerkenswert sind vor diesem Hintergrund vor allem die Arbeiten von Catrin Bolt aus Österreich. Ihre Videoinstallation "Bayern1 (Flackern) am Neupfarrplatz verweist mit schlichten Elementen auf die 2000 Jahre alte Geschichte des Platzes. Durch eine Glasscheibe im Boden des Platzes dringt das Flackern eines Fernsehers an die Oberfläche, so als würde im Stockwerk unter dem Neupfarrplatz noch jemand wohnen.

Aus dem Untergrund bricht sich etwas Bahn, was an der Oberfläche schwelt. Man soll geradezu darüber stolpern und sich physisch damit auseinandersetzen. Mit der Arbeit "Nipple of the city", unmittelbar vor dem umstrittenen Denkmal des Don Juan, will der rumänische Künstler Dumitru Oboroc auf den eklatanten Widerspruch zwischen der Verehrung des unehelichen Sohns Kaiser Karl V. und der Regensburger Gürtlerstocher Barbara Blomberg und der Pein hinweisen, die eine unehelichen Geburt einer jungen Frau jener Zeit brachte.

Es sind vor allem die kleinen und bescheidener auftretenden Arbeiten dieser Schau, die mit gedanklicher Tiefe bestechen. Dazu gehört auch "Somnium" von der montenegrischen Künstlerin Milijana Istijanovíc am Peterskirchlein oder "The Inhabitants of Colosseum", des Ukrainers Nikita Kadan. Interdisziplinär angelegt ist seine Arbeit als "soziale Skulptur" und Klanginstallation gedacht.

Rund 400 Teilnehmer querten während der Eröffnung die neu sanierte Steinerne Brücke in einem Schweigemarsch. Eine Tonaufnahme vom Klacken der Holzpantinen, wie sie die Häftlinge vom einstigen Außenlager Flossenbürgs trugen, soll später in eine Komposition einfließen.

Fast spielerisch lädt "Invasion of Interpretations" von Alexandru Raevschi aus der Republik Moldau an der historischen Römermauer zur Auseinandersetzung mit der Gegenwart ein. Die verspiegelten Steinquader lassen den Betrachter in Dialog mit seiner Umgebung treten. Vor ihm die historische Römermauer. Hinter ihm das Neue Museum für Bayerische Geschichte. Dazwischen die Gegenwart des Betrachters.

"Danube Art Lab" hebt Regensburg als Stadt der künstlerischen Begegnung auf eine neue Ebene. Man darf gespannt sein auf künftige Ausstellungen.

Kunstprojekte im Stadtraum: bis 14. Oktober am Neupfarrplatz, Alter Kornmarkt, Peterskirchlein, Colosseum, Kepler-Monument, Zieroldsplatz, St.-Georgen-Platz, Maximilianstraße 13, Anatomieturm königliche Villa.
Ausstellung in der Städtischen Galerie Leerer Beutel: bis 18. November, Bertholdstraße 9, 93047 Regensburg, Di bis So und Feiertage 10 bis 16 Uhr, Freier Eintritt jeden ersten Sonntag im Monat.

Flora Jädicke