Altmannstein
Der Unterricht ist keine Einbahnstraße

Die Deutschlehrer der Flüchtlinge in Altmannstein und Oberdolling genießen den kulturellen Austausch

04.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:50 Uhr

Ihr Einsatz als Deutschlehrer für die Asylbewerber macht diesen Frauen und Männern aus Altmannstein großen Spaß. Elisabeth Riegler (vorne links) und Hannelore Eichenseher (hinten links) freuen sich, dass unter anderem Marie Christine Banzer (von links), Eva Pflug, Yvonne Mücke, Mathilde und Werner Böcklein sowie Klaus Kobler den regelmäßigen Unterricht übernehmen. - Foto: Sprogies

Altmannstein (bis) Große Einsatzbereitschaft zeigen die Frauen und Männer aus dem Altmannsteiner Helferkreis, die Asylbewerbern Deutschunterricht erteilen, um ihnen den weiteren Weg zu erleichtern. Doch auch für sie sind diese Stunden ein Gewinn, wie die Freiwilligen betonen.

Wenn sie nach Deutschland kommen, beherrschen viele der Asylbewerber neben ihrer Muttersprache noch zwei oder drei andere, die sie zum Teil erst in den früheren Stationen ihrer Flucht gelernt haben. Doch Französisch, Italienisch, Spanisch und selbst Englisch helfen ihnen meist nicht weiter, wenn sie Formulare ausfüllen, beim Arzt Beschwerden beschreiben oder einfach nur etwas einkaufen müssen. Während die Kinder in der Schule oft sehr schnell lernen, sich zu verständigen, sind die Erwachsenen dringend auf andere Hilfe angewiesen. Auch in Altmannstein hat sich ein Kreis gegründet, dessen Mitglieder auch den in Oberdolling lebenden Flüchtlingen Deutsch beibringen.

Sie sind keine ausgebildeten Sprachlehrer, die Frauen und Männer aus dem Helferkreis, teilweise sind sie auch schon im Rentenalter, doch ihre neue Aufgabe macht ihnen sichtlich Spaß. Marie Christine Banzer, die in Frankreich geboren ist und Germanistik studiert hat, und Lise Michel, die aus der französischen Schweiz stammt und in Neuenhinzenhausen eine Ballettschule gegründet hat, waren die Ersten, die den Neuankömmlingen das Wichtigste für eine gelungene Integration vermittelten: die deutsche Sprache.

„Es ist eine Riesenfreude, den Menschen etwas beizubringen, zu merken, wenn es ,Klick‘ macht. Wir sind gern mit ihnen zusammen und tauschen uns beim Unterricht auch über unsere unterschiedlichen Kulturen und Länder aus“, erklärt Marie Christine Banzer, warum sie selbst so begeistert von ihrer späten Pädagogenlaufbahn ist. Der Kreis, der nach und nach gewachsen ist, hat nach langer Suche bei Behörden und Organisationen schließlich auch Ansprechpartner gefunden, die vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales unterstützt werden, und die den Aufbau von Deutschschulen finanziell und mit Weiterbildungsangeboten fördern.

Elisabeth Riegler, die sich in der Gemeindeverwaltung mit den bürokratischen Hürden herumschlagen muss, die bei der Arbeit mit Asylbewerbern immer wieder auftauchen, stellte als Initiatorin des Unterrichts die Kontakte her und schrieb die notwendigen Anträge. Neben der Vize-Bürgermeisterin Hannelore Eichenseher, die sich von Anfang an intensiv um die Flüchtlinge gekümmert hat, waren auch Bürgermeister Norbert Hummel (beide CSU), der Rektor der Mittelschule, Richard Feigl, die Leiterin der Ganztagesschule, Brigitte Meier, sowie Pfarrer Wolfgang Stowasser und Pfarrvikar John Joseph schnell bereit, die Pläne zu unterstützen. Durch den Zusammenschluss mit dem Helferkreis der Gemeinde Oberdolling waren schließlich alle Voraussetzungen für eine Deutschschule erfüllt. Im April begann der erste Unterricht mit 27 Erwachsenen.

Zunächst gab es nur eine Klasse für alle, um die Stärken und Schwächen besser einschätzen zu können. Mitte Mai wurden vier Gruppen gebildet. Die beiden Ersten haben am Montag und Mittwoch beziehungsweise Dienstag und Donnerstag Unterricht in der Altmannsteiner Schule. Im Pfarrhof in Sollern kümmern sich zwei der Helferinnen um die berufstätigen Asylbewerber, die auf kleinere Gruppen aufgeteilt worden sind. Auch Einzelbetreuung, Urlaubs- und Krankheitsvertretung sind bei der derzeitigen Besetzung der Altmannsteiner Sprachlehrer möglich. Um die Kleinkinder kümmert sich ebenfalls jemand während der Schulstunden. Für jede Hilfe aus der Bevölkerung, sei es auch nur einmalig oder für wenige Wochen, ist der Unterstützerkreis dennoch dankbar.

Die Pädagogen aus Notwendigkeit sind froh, dass die Zahl ihrer Schützlinge noch überschaubar ist. Sie kennen jeden einzelnen Asylbewerber gut, „mit allen seinen Eigenheiten“, wie Elisabeth Riegler sagt. Während so manche sich zum Beispiel an „die deutsche Zeit“ erst gewöhnen mussten, sind die Albaner in der Gruppe von Yvonne Mücke „immer zehn Minuten früher da“. Die berufstätige junge Frau erzählte einmal im Unterricht, dass sie noch nichts gegessen hatte. Beim nächsten Treffen hatten ihre Schüler prompt etwas für sie gekocht. Von der Gastfreundschaft dieser Menschen könnten auch Deutsche etwas lernen, meint Yvonne Mücke.

Wie wichtig die Lehrer für die Flüchtlinge sind, haben auch die anderen Helfer immer wieder erfahren. Ein großes „Danke“ hat Marie Christine Banzer einmal nach dem Unterricht auf der Tafel entdeckt. „Es ist eine schöne Aufgabe und macht Spaß“, sagt sie, was die anderen nur bestätigen können. Wenn sie über besonders gute Schüler sprechen, geraten die Frauen und Männer regelrecht ins Schwärmen. Sie betonen immer wieder, wie fleißig alle sind, und wie sehr sie sich anstrengen, Deutsch zu lernen und sich in dieser für sie fremden Kultur zurechtzufinden. Die Altmannsteiner tun jedenfalls ihr Bestes, um sie dabei zu unterstützen.