Wolnzach
Der Traum einer anderen Schule

Kleine Gruppen für kleine Individuen: Zwei Wolnzacherinnen starten Bedarfsabfrage für ihr Projekt

22.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr
Geht es nach dem Wunsch zweier Wolnzacherinnen sollen Schüler in kleinen Gruppen individueller gefördert werden. −Foto: Karin Trouboukis

Wolnzach (WZ) Am Freitag gibt es Zwischenzeugnisse und damit nicht nur gute Nachrichten. Rabea Goldfuß ist Heilpädagogin und Erzieherin und träumt an solchen Tagen besonders ihren Traum: den einer inklusiven Schule für Grundschüler, einer Schule, die es in dieser Form in Deutschland noch nicht gibt.

Felix ist acht Jahre alt, geht in die zweite Klasse einer Grundschule irgendwo in Bayern. Er ist ein aufgewecktes Kind, nur ein bisschen zappelig. Am liebsten macht er alle zehn Minuten etwas anderes, lacht gern und plappert viel. In der Schule kommt das nicht so gut an, oft wird er von seiner Lehrerin ermahnt, weil er den Unterricht stört. Seine Mama weiß, dass die Lehrerin Recht hat, aber sie weiß auch, wie man Felix beruhigen könnte: Wenn er nicht viele Leute um sich hat, sagt sie, dann wäre er ganz anders. Aber in großen Gruppen, da wolle er sich immer profilieren, in einer Klasse mit 22 Kindern ganz besonders.

Rabea Goldfuß kennt solche Fälle auch aus ihrer heilpädagogischen Praxis: "Jedes Kind ist einfach anders", sagt sie. "Da gibt es die einen, die gerne vor sich hinträumen, andere, die sich ohne ihren Teddy gar nichts machen." Oder nervöse Kinder wie Felix, die aufblühen, wenn nur fünf oder sechs Kinder gemeinsam betreut werden. Oder denen man einfach ein Sandsäckchen zum Kneten in die Hand drückt, wenn man die Zeit und die Möglichkeiten hat, auf diese ganz spezifischen Bedürfnisse gerade kleiner Kinder einzugehen.

Felix ist ein von der Redaktion erfundenes Beispiel, seine Geschichte jedoch steht für die Entwicklung vieler Kinder, die einfach mehr Betreuung, mehr Aufmerksamkeit und weniger Schubladen bräuchten, um sich kindgerecht entwickeln zu können - eben ganz nach ihrer individuellen Art. Auch Katharina M. (Name von der Redaktion geändert) aus Wolnzach weiß das. Sie ist Mutter von zwei Kindern, ihr kleiner Sohn ist so ein kleines Individuum, das mehr Zuwendung und Zeit braucht als andere. "In der Regelschule wird er scheitern", sagt sie - und macht sich Sorgen. Wie jede Mama, so möchte auch sie das Beste für ihr Kind.

Aber wo soll ihr normal begabter, aber einfach etwas langsamer agierender Sohn dann hin? Wo kann er sich entfalten? Sie träumt zusammen mit Rabea Goldfuß den Traum von einer ganz anderen Schule, einer, wie es sie noch nicht gibt: einer kleinen Privatschule mit kleinen Gruppen von fünf oder sechs Kindern, in denen die Schüler ganz individuell betreut und gefördert werden, in denen sie ihre gesunde Neugier und ihre ganz spezifischen Begabungen leben dürfen, in der auch schnell gestresste Kinder ihre Ventile bekommen. "Eine Schule, für Familien, die die Lebensfreude ihrer Kinder erhalten wollen - mit der Möglichkeit einer Ganztagesschule mit differenziertem Angebot für den Nachmittag", sagt Goldfuß. Und denkt dabei an Theater, Werken, Rhetorik oder gezielten Förderunterricht mit Ergo- und Logopädie. "So eine Schule, die das alles kann, die gibt es noch nicht", sagt Goldfuß.

Nicht in Deutschland und natürlich auch nicht in Wolnzach. Aber vielleicht, so meinen sie und Mama Katharina M., könnte man mal versuchen, genau so eine Schule in Wolnzach anzugehen. Versuchen. Dazu bräuchte es aber eine Basis. "Wir wissen im Moment ja gar nicht, ob und wie viele Eltern und Familien es bei uns gibt, die ein Interesse für so ein Projekt hätten", sagen sie. Und genau dieses Interesse möchten sie jetzt einmal abklopfen - ganz nach dem Muster, wie auch das Projekt Waldkinderkarten in Wolnzach einst seinen Anfang genommen hat. "Es wäre schön, wenn sich Interessierte melden würden", sagt Rabea Goldfuß, E-Mails können an info@rabea-goldfuss.de geschickt werden: "Vielleicht können wir gemeinsam einen Wunschtraum verwirklichen." Dann wäre Wolnzach sozusagen ein Pilotbeispiel für ganz Deutschland.