Der Terror nutzt Erdogan

Kommentar

11.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:56 Uhr

Wieder einmal hat der Terror die Türkei auf barbarische Weise heimgesucht. Auch mit Ausnahmezustand und Polizeistaat gelingt es Präsident Rezep Tayyip Erdogan nicht, seine Bürger zu schützen. Dieses Signal wollten die Täter setzen.

Der Präsident wird den Anschlag zum Anlass nehmen, um mit noch größerer Härte gegen seine Gegner, vor allem gegen die Kurden, vorzugehen, denen er den Krieg erklärt hat und deren gewählte Vertreter er aus dem Parlament entfernen und einsperren lässt.

Es wäre unangemessen, Erdogan die Schuld für den barbarischen Terror zu geben. Er hat allerdings durch seine skrupellose Machtpolitik das gesellschaftliche Klima weiter vergiftet und die PKK durch die Aufkündigung des Friedens regelrecht herausgefordert. Ein verantwortungsvoller Staatschef müsste endlich einsehen, dass das ein Fehler war. Dass er zurück an den Verhandlungstisch muss, um sich mit der PKK zu verständigen. Er denkt jedoch gar nicht daran. Denn so wie er den niedergeschlagenen Putsch im Juli genutzt hat, um gegen seine Gegner vorzugehen, so hilft ihm auch der Terror, sein Volk davon zu überzeugen, dass es einen starken Mann an der Staatsspitze braucht.

Solange er seinen Traum vom Präsidialsystem nicht verwirklicht hat, dürfte sich das bedrückende Klima im Lande kaum verbessern. Mit der Übermittlung seines Gesetzentwurfs an das Parlament ist er seinem Vorhaben einen weiteren Schritt nähergekommen. Und er zeigt abermals, dass er gar nicht daran denkt, Präsident aller Türken zu sein.

Denn der Präsident soll Mitglied einer Partei sein dürfen. Erdogan könnte also die Führung seiner AKP-Partei übernehmen und seinen Allmachts-anspruch bekräftigen. Noch stehen die Abstimmung im Parlament und das Referendum zwar aus, doch Erdogan wird sich nicht mehr aufhalten lassen.