Pfaffenhofen
Der Stadtbus und sein Limit

Begrenzte Ressourcen lassen noch keine optimale Versorgung zu - Kritik und Anregungen erwünscht

27.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:29 Uhr
Probleme am Bahnhof: Die Veränderungen am Stadtbus-System haben nicht nur Verbesserungen mit sich gebracht. Gerade die Anbindung vieler Züge am Bahnhof ist für Pendler ein Problem. Etliche Busse kommen jetzt zu spät am Bahnhof an - andere fahren zu früh wieder Richtung Innenstadt. −Foto: Wenisch

Pfaffenhofen (PK) Die vor zwei Wochen in Kraft getretenen Veränderungen beim Pfaffenhofener Stadtbus, der seither und vorerst für die nächsten drei Jahre den Fahrgästen zudem nichts kostet, gefallen nicht jedem. So gibt es noch einiges zu verbessern - und die Stadt ist für die Anregungen sogar dankbar.

Eine erste Reaktion ging von Michael Eberle ein. Der "Stachelbär" kritisierte in einem Leserbrief - trotz Lob für die generellen Verbesserungen des Stadtbus-Systems - die weiterhin schwache Anbindung des Ostviertels. In die selbe Kerbe schlägt Maria Elise Wintersteiner, die im Schlehenhag zuhause ist und sich in einem Schreiben ebenfalls an die PK-Redaktion und an Verkehrsreferent Florian Schranz (CSU) wendet. "Der angekündigte Halbstunden-Takt für Busse der Linie 8 ist ein leeres Versprechen", schreibt sie. "Tatsache ist ein Abstand von 1-3-2-2-1 Stunden." Am Samstag sei mit dem neuen Fahrplan die Abfahrt um 12 Uhr am Hauptplatz gestrichen worden. "Die letzte Fahrt ist somit bereits um 10 Uhr."

Da die Einkaufsmöglichkeiten im Ostviertel, die zu Fuß gut zu erreichen waren, weggefallen seien, betrage die Gehzeit über eine halbe Stunde - "immer aufwärts". Und Wintersteiner stellt daher die Frage samt ironischer Antwort: "Sieht so der verbesserte Fahrplan aus? Ein Weihnachtsgeschenk für die Bürger. Wenigstens bleibt uns der gesteigerte Auto- und Lastwagenverkehr erhalten!"

Schranz pflichtet der Seniorin bei. "Wir müssen und werden nachbessern, wo immer es möglich ist", versichert er. Für das Ostviertel bedeute das eine Verkürzung der Taktung, die gewiss nötig sei. "Aber wir sollten auch an anderen Stellen über zusätzliche Haltestellen nachdenken", regt Schranz an. Der größte Dorn im Auge ist ihm aber die Taktung der Busse am Bahnhof. Diese würden jetzt zum Teil so losfahren, dass die heimkehrenden Pendler bis zu 20 Minuten auf den nächsten Bus warten müssten. "Oder dass die Busse so am Bahnhof ankommen, dass ihnen die Züge direkt vor der Nase wegfahren." Beides sei keineswegs optimal - und müsse angepasst werden. "Nur dann wird der Stadtbus auch besser angenommen", so Schranz. Wobei die bisher getroffenen Entscheidungen trotzdem weitreichend und vorbildlich seien. "Das ist halt jetzt ein Probebetrieb. Wir müssen und jetzt alle ein wenig gedulden und möglichst viele Anregungen sammeln. Und dann überlegen wir, wie wir nachbessernd eingreifen können."

An derartigen Anregungen spart auch Werner Mois aus Niederscheyern nicht. Er hatte ursprünglich vor, den Bus in Zukunft häufiger zu nutzen. Die Veränderungen an der Linie 5 haben ihm diese Vorfreude jedoch schnell wieder genommen. "Ich nehme halt wieder das Auto - und im Sommer das Fahrrad."

Mois vermisst nach wie vor einen Übersichtsplan auf Grundlage des Stadtplans im Internet, auf dem die exakte Lage der Haltestellen und deren Bedienung (nur in einer Richtung oder auf der Hin- und Rückfahrt) zu erkennen sei. "Selbst ich als Einheimischer tue mich schwer, von Niederscheyern aus die nächste Bushaltestelle zu einer Adresse in einem anderen Stadtviertel zu finden. Ich kann dies bei Bekannten nachfragen - Auswärtige können das nicht." Der Schemaplan der Stadtbuslinien sei dazu ungeeignet, zumal darauf die Lage der Haltestellen auch nur mit einem Straßennamen angegeben ist. "Liegt sie am Anfang oder am Ende der Straße - oder irgendwo in der Mitte?"

Die Situation am Bahnhof beklagt auch Mois. "Einige Male habe ich mitbekommen, dass nach Einfahrt eines verspäteten Zugs aus München - obwohl dieser vom Busbahnhof zu sehen sein müsste - der Busfahrer seinen Fahrplan stur einhält", kritisiert der Niederscheyrer. Fahrgäste, die den Bus fast schon erreicht hätten, bekämen dann noch die Busrücklichter sehen. "Das ist ein Unding und gehört abgestellt", fordert Mois.

Seine Hauptkritik betrifft aber die Haltestellen "Tal" und "Bachgrund" in der Niederscheyerer Straße (Linie 5). Die Fahrzeit zum Hauptplatz betrug bisher sieben beziehungsweise sechs Minuten. "Jetzt brauche ich wegen der neuen Haltestelle Ilmtalklinik 14 beziehungsweise 15 Minuten - also doppelt so lang." Die Fahrgäste müssten nämlich nun zuerst stadtauswärts fahren, um dann über Kornstraße und Krankenhaus die Stadt zu erreichen, weil "Tal" nur noch stadtauswärts bedient werde. "Soll das wirklich eine Verbesserung und ein Anreiz für die Anwohner der inneren Niederscheyerer Straße sein, den Stadtbus zu benutzen?" Der stadtnahe Teil von Niederscheyern sei busmäßig nämlich abgehängt worden. "Die vollmundigen Worte über beachtliche Verbesserungen des Bussystems sind in der Niederscheyrer Straße nichts als Schall und Rauch. Sie stehen im Widerspruch zu den neu geschaffenen Tatsachen."

Die folgende Stellungnahme der Stadtverwaltung verfasste Florian Erdle in Bezug auf den Leserbrief von Michael Eberle, und betrifft daher vorrangig die Situiation im Ostviertel. Seine Ausführungen sind aber auch allgemeiner Natur - und gelten somit für das gesamte Stadtbussystem. Daher sei festzuhalten, so der Stadtjurist: In Pfaffenhofen soll ab 2022 ein grundlegend verändertes Stadtbuskonzept eingeführt werden. Für die Übergangszeit habe der Stadtrat diverse Modifikationen beschlossen. "Unverändert zu belassen war dabei das bestehende Stadtbussystem, auf dessen Grundlage die Vergabe des europaweiten Bus-Dienstleistungsauftrags erfolgte." Dieses System beruhe auf sechs Bussen, die zur Bedienung der insgesamt acht Linien eingesetzt werden können. "Sechs Busse für acht Linien - das setzt naturgemäß Grenzen", so Erdle. So bildet die Linie 8 ins Ostviertel eine sogenannte "Zusatzlinie", die nicht durch einen eigenen Bus versorgt ist. Dies erkläre die in der Tat deutlich durchlässigere Taktung. Allerdings habe die Linie 8 bei den Fahrgastzählungen der Jahre 2013 bis 2017 stets mit weitem Abstand die niedrigsten Fahrgastzahlen aufgewiesen: für 2016 durchschnittlich acht Einsteiger pro Werktag. Bei anderen Linien sind die Zahlen mit 91 (Linie 4), 114 (Linie 6), über 140 (Linien 3 und 5), 166 (Linie 1) und sogar 314 bei der Linie 2 ungleich höher. "Aus der Vielzahl von Bürgeranregungen zu den Fahrplanumgestaltungen bezog sich keine auf die Linie 8", ergänzt Erdle. Aber für die Stadtbus-Neukonzeption ab 2022 werde selbstverständlich nicht nur angesichts der Entwicklung des Ostviertels und der Einbeziehung des Baugebietes Pfaffelleiten eine andere Lösung zur gleichmäßigeren Anbindung vorgesehen. Ganz aktuell lässt die Stadtverwaltung außerdem die Möglichkeiten prüfen, zusätzliche Einzelfahrten insbesondere im Vormittags-Korridor der Linie 8 einzurichten.

Mit den einleitenden Worten "nachbessern und weiterdenken" überschreibt Markus Käser (SPD) seine prompte Antwort auf den Eberle-Leserbrief. "Michael Eberle hat prinzipiell recht, im Ostviertel sollte nachgebessert werden." Aber man müsse vermutlich noch an vielen Stellen dranbleiben und optimieren - was auch laufend schon passiere. Käser räumt aber auch ein: "Mit den bestehenden Ressourcen können noch nicht alle Bedürfnisse optimal bedient werden." Die aktuellen Maßnahmen seien nur als Zwischenlösung gedacht. "Bis Ende 2020 müssen wir alle auf die Tube drücken, um 2021, wenn der Stadtbus neu ausgeschrieben wird, ein rundes Gesamtpaket auf die Straße bringen zu können."

Ziel sollte sein, die Abhängigkeit vom privaten Auto zu senken, ohne die persönliche Mobilität einzuschränken, fügt Käser an. "Und Ziel muss es sein, dass alle Bürger ausreichend mit Alternativen versorgt werden." Emissionsfreie Busse, Mobilitätsangebote wie Car-, Ride- und Bikesharing, Vernetzung aller Mitfahrmöglichkeiten, weitgehende Kostenfreiheit und einfache Abrechnung für alles was nicht kostenfrei angeboten wird, räumliche und zeitliche Flexibilisierung, Radlschnellwege, Einbeziehung des Umlands, spezielle Angebote für bestimmte Gruppen wie der geplante Senioren-Bus führt er dazu erläuternd ins Feld.

Käser will sich im Namen der Bunten Koalition auch dafür einsetzen, dass der Denk- und Planungsprozess mit maximaler Bürgerbeteiligung stattfindet. Er freue sich über jede Rückmeldung und alle Verbesserungsvorschläge. "Was im Rahmen der heutigen Ressourcen möglich ist, kann natürlich auch sofort verbessert werden."

Patrick Ermert