Ingolstadt
"Der spezielle Zauber der Neuen Welt ist dahin"

Dennoch: Positiver Rückblick auf die 35. Ingolstädter Kabaretttage, die erstmals die Veranstaltungs-GmbH organisierte

31.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:14 Uhr
  −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) "Wir haben die Kabaretttage erst im Herbst übernommen. Herr Haber hat uns seitdem sehr unterstützt mit seinen Erfahrungen, und es hat sich eine sehr gute Zusammenarbeit entwickelt", sagt Theresa von Fumetti von der Bereichsleitung Veranstaltung und Festivals der Gemeinnützigen Ingolstädter Veranstaltungs-GmbH, unter deren Dach das Festival nach 34 Jahren heuer erstmals über die Bühne ging.

Walter Haber, langjähriger Leiter und seinerzeit Gründer der Kabaretttage, der trotzdem weiterhin für die Verpflichtung der Künstler und die Gestaltung des Programms verantwortlich war, zieht rückblickend ein sehr positives Fazit. "Wir konnten insgesamt gut 10000 Besucher begrüßen, womit wir sehr zufrieden sind", sagt er, und fügt gleich noch einen positiven Aspekt mit an. "Die Eventhalle, die meiner Meinung nach sehr geeignet ist für Kabarett, wurde endlich vom Publikum angenommen und ist auch bei Künstlern wegen ihrer angenehmen Atmosphäre sehr beliebt."

"Wir werden mit Herrn Haber die Kabaretttage Revue passieren lassen und mit Sicherheit die eine oder andere Veränderung einfließen lassen", verkündet Tobias Klein, der Geschäftsführer der Veranstaltungs-GmbH, in einer schriftlichen Stellungnahme, womit er wohl die für die Zukunft geplante Reduzierung auf circa 50 Termine (heuer waren es 71 verschiedene Programme) und Veränderungen in der Organisation des Kartenverkaufs anspricht, nicht jedoch die inhaltliche Ausrichtung des Festivals.

Bei der Gestaltung des Programms habe er völlig freie Hand gehabt, betont denn Haber auch ausdrücklich, niemand habe ihm dreingeredet, und das ihm entgegengebrachte Vertrauen wisse er sehr wohl zu schätzen. Allerdings werde er künftig nicht mehr in dem Maße wie heuer auch noch an nahezu jedem Termin für die Künstlerbetreuung vor Ort zur Verfügung stehen. Wobei er natürlich ganz genau weiß, dass ein Künstler als Ansprechpartner vor Ort unbedingt eine feste Person, ein "Gesicht" braucht, nicht eine anonyme GmbH und auch keine ständig wechselnden Mitarbeiter, die vor allem deswegen anwesend sind, weil es in ihrem Dienstplan nun mal eben so vorgesehen ist.

Spricht man ihn auf die Neue Welt an, reagiert er ziemlich nüchtern. "Der spezielle Zauber der Neuen Welt ist dahin. Sie ist aktuell ein Veranstaltungsort wie Dutzende andere eben auch. Aber auch wenn sie vom Flair, vom Ambiente und von der Gastronomie nicht mehr so attraktiv ist wie früher, so hat sich dadurch ja nichts an der Qualität der darin auftretenden Künstler geändert. Der Künstler ist ausschlaggebend, nicht die Speisekarte, der Inhalt ist wichtiger als die Verpackung. Man genoss jahrelang ein komplettes Rundum-Verwöhn-Paket, aber das gibt es nun mal nicht mehr. Damit muss man sich abfinden." Im Unterschied zum Musikgeschäft wird im Kabarett das finanzielle Risiko eines Auftritts vom Künstler und vom Veranstalter gemeinsam getragen. Hat man das im Hinterkopf, verwundert es nicht, dass Haber die "Ösi-Special"-Abende in Gefahr sieht. "Ich habe die Auflage, mich bei Festgagen einzuschränken", merkt Haber an. "Kabarettisten aus Österreich, die in ihrem Heimatland ungleich bessere Angebote gewohnt sind, kann ich aber nur locken, wenn ich wenigstens eine halbwegs akzeptable Fixgage anbiete. Ansonsten kommen die nicht. Und ich muss Künstler aus Österreich außerdem mittlerweile zwei Jahre vorher buchen, brauche also unbedingt Planungssicherheit. Mal sehen, wie sich die Veranstaltungs-GmbH dazu stellt. Bei den deutschen ist's nicht gar so krass, aber ein Jahr vorher muss auch hier gebucht werden, sonst bekomme ich nur noch Resttermine."

Inhaltlich waren beim diesjährigen Festival durchaus Trends erkennbar. Der Einfluss der Poetry-Slam-Szene aufs Kabarett ist gewachsen, der Anteil an politischem Kabarett hat weiter zugenommen und - das wurde besonders deutlich - selbst reine Comedians trafen oft gesellschaftliche Aussagen und zeigten persönliche Haltung. Einen besonders starken Eindruck haben bei Haber aus der Riege der Jungen René Sydow, Sebastian Schnoy, Ulan & Bator und Philip Simon hinterlassen, von den Etablierten konnten ihn Hosea Ratschiller, Maxi Schafroth, Florian Schroeder, Christian Ehring mit seinem Livstream-Programm und die sprachlich überragende Lisa Eckhart besonders überzeugen. Nicht zu vergessen Helmut Schleich und der derzeit voll durchstartende Martin Frank.

Und was bringt das nächste Jahr? "Das Programm für 2020 steht seit Januar", sagt Haber. Und so können sich Kabarettfreunde aus der Region also schon mal einstellen auf die aus der "heute-show" bekannten Gernot Hassknecht und Hazel Brugger, auf Georg Ringsgwandl, die neuen Programme von Hans Klaffl und Sigi Zimmerschied, auf Rolf Miller, "Ohne Rolf", Andreas Rebers und Jochen Malmsheimer.

Karl Leitner