stadtgeflüster
Der Ritt auf der grünen Welle

23.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:24 Uhr

(rh) Nur keine Angst vor der grünen Welle!

Nein, damit ist nicht der politische Tsunami gemeint, den altgediente CSU-Anhänger bei einem weiteren Erstarken der vormaligen Öko-Splitterpartei als Drohung am Horizont heraufziehen sehen. Mit ihren lumpigen 17,5 Prozent bilden die Grünen sich ja schon jetzt ein, in Bayern mitregieren zu dürfen, aber da werden sie vom FW-Chefagrarier Aiwanger (11,6 Prozent) sauber ausgebremst.

Unsere grüne Welle findet dagegen die volle Unterstützung gerade des bürgerlich-mobilen Lagers. Die soll nämlich den Weg frei machen für das möglichst zügige Passieren aller Verkehrsampeln im Stadtgebiet - für deutsche Autofahrer das Essential schlechthin, wenn sie sich die ewige Seligkeit und die himmlische Straßenverkehrsordnung ausmalen. Ein Tempolimit, das gilt unter den ADAC-Mitgliedern als sicher, ist mit dem lieben Gott dort oben sowieso nicht zu machen.
Den Aufgalopp als oberster Wellenreiter hat sich OB Christian Lösel persönlich für die morgige Stadtratssitzung vorgenommen, in der die digitale Vernetzung von 66 Lichtsignalanlagen mittels einer Smart-City-Schnittstelle gestartet wird, auf dass mehr künstliche Intelligenz in das Verkehrsgeschehen einziehe, wenn schon die humane offensichtlich nicht ausreicht. Bereits im Vorfeld hat sich der Oberbürgermeister mehrfach über die Sinnhaftigkeit des Programms sehr lobend geäußert.

"Wir sind damit auf jeden Fall die ersten in Deutschland", erklärte der Rathauschef euphorisch bei einem Workshop der Technischen Hochschule vor jungen Schanzer Ingenieuren und Unternehmensgründern, "es wird unsere Lichtsignalanlagensysteme revolutionieren. Wir wollen ein Rechenmodell für eine möglichst gute Signalabfolge. Das sind gewaltige Verbesserungen, die uns motivieren sollten weiterzumachen. "

Eine Diskussionsveranstaltung der IHK nutzte OB Lösel ebenfalls, um seine Vision zu vertiefen: "Das Auto wird Bestandteil einer vernetzten Welt. Man sollte gleich ein Geschäftsmodell entwickeln und daraus Beschäftigung generieren. " Denn "wir haben gar nicht den Platz, um neue Straßen zu bauen. Das sind die Rahmenbedingungen, mit denen wir umgehen müssen".

Anmerkung der Stadtgeflüsterredaktion: Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss noch ergänzt werden, dass die angeführten Originalzitate nicht vom amtierenden Oberbürgermeister stammen, sondern von seinem Vorgänger Alfred Lehmann, Ex-Audi-Vorstand Michael Dick, dessen früherem Vorstandskollegen Werner Widuckel, Amtsleiter Johannes Wegmann, dem Gevas-Experten Herwig Wullfius sowie Cornelius Menig, vor zehn Jahren Audi-Projektleiter für das Forschungsprogramm "Travolution". Am 23. Juli 2008 berichtete der DONAUKURIER über die vorläufige Bilanz des Pilotprojekts, illustriert mit einem aktuellen Foto der Westlichen Ringstraße. Titel: "Travolution funktioniert - der Verkehr steht. "