Rednitzhembach
Der Ort, der keine steigenden Nebenkosten kennt

In Rednitzhembach sind seit 25 Jahren die Kommunalgebühren stabil - Bürgermeister Spahl gibt Garantie für fünf weitere Jahre

28.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:45 Uhr
Nicht ohne Stolz verweist Bürgermeister Jürgen Spahl auf seine 25-jährige Gebührenstabilität. −Foto: Armer

Rednitzhembach (dpa) Vielerorts sind Kommunalgebühren zur zweiten Miete geworden. Immer mehr Haushalte klagen über steigende Nebenkosten, wie Wasser- und Abwassergebühren. Dass es auch anders geht, zeigt Rednitzhembach: Die letzte Gebührenanhebung gab es dort vor 25 Jahren.

Am Ortsrand gesichtslose Gewerbehallen, im Ort selbst uniforme Ein- und Mehrfamilienhaus-Siedlungen: Rednitzhembach unterschiedet sich kaum von anderen Vorstadtgemeinden im Süden Nürnbergs. Den Unterschied macht erst der Griff zum Wasserhahn aus: Das Wasser rinnt hier für 1,05 Euro pro Kubikmeter aus der Leitung - ein Schnäppchenpreis im Vergleich zu den Gebühren anderer Gemeinden, die um bis zu einen Euro höher liegen. Diesen Schnäppchenpreis gibt es nun schon seit einem Vierteljahrhundert. Während andernorts die Haushalte über steigende Nebenkosten klagen, feiert man in Rednitzhembach gerade "25 Jahre Gebührenstabilität". Denn auch an der Grund- und Gewerbesteuerschraube hat man dort seit 1992 nicht mehr gedreht.

Zu verdanken haben das die knapp 7000 Bürger dem Ehrgeiz ihres parteilosen Bürgermeisters Jürgen Spahl. Der hat sich vom ersten Tag seiner inzwischen 22-jährigen Amtszeit das sparsame Wirtschaften auf die Fahne geschrieben. "Wir wollen möglichst keine Gemeindegebühren erhöhen", lautet seine Devise. Dass er seinem Grundsatz treu geblieben ist, spüren die Rednitzhembacher bei ihrer jährlichen Gebührenabrechnung: Zahlen etwa die Bürger in Röttenbach für 100 Kubikmeter Wasser und Abwasser insgesamt 565,27 Euro, so sind es in Rednitzhembach so wenig wie vor 25 Jahren, nämlich 218,77 Euro.

Ein Patentrezept für die bayernweit wohl einzigartige Gebührenstabilität hat auch Spahl nicht. "Es gibt nicht den einen Punkt. Das ist eine ständige Arbeit, ein ständiges Drehen an Stellschrauben. Wir haben immer wieder neue Ideen, wie wir bei den Kosten für Wasser und Abwasser sparen können", macht Spahl deutlich.

An der größten Stellschraube hat der Bürgermeister bereits zum Anfang seiner Amtszeit gedreht: Schon 1998 brachte er den gesamten Abwasserbereich in eine gemeindeeigene GmbH ein. 2001 holte er auch das Wasserwerk unter das Dach der privatwirtschaftlich organisierten Gemeindewerke GmbH. Das brachte der Gemeinde einen doppelten Kostenvorteil: Die GmbH kann anders als die Gemeinde für ihre Investitionen die Vorsteuer abziehen. Das senkt die Kosten von Bauprojekten. Zudem machte die GmbH-Konstruktion die Auftragsvergabe flexibler. "Die GmbH kann mit Firmen bei der Auftragsvergabe nachverhandeln", erläutert Spahl.

Mindestens so bedeutsam ist nach Ansicht von Gemeindewerke-Geschäftsführer Klaus Helmrich das extreme Kostenbewusstsein. Helmrichs Büro verlässt keine Planung, ohne dass sie vorher gründlich auf versteckte Kostenvorteile durchleuchtet wurde. So sei etwa beim Bau einer Ringwasserleitung der zunächst auf eine Million Euro veranschlagte Baupreis fast halbiert worden. Statt für das teure Ausheben eines Leitungsgrabens verständigte sich die Gemeinde mit dem Bauunternehmen auf ein "Einfräsen" der Leitung, berichtet Helmrich.

Zu Gute halten sich Spahl und sein Gemeindewerkechef auch, dass sie sich frühzeitig um die Erhaltung des teils aus den 1950er- und 1960er-Jahren stammenden Abwasserleitungsnetzes gekümmert hätten. Schon vor etlichen Jahren hatten Firmen das Kanalnetz mit Spezialkameras untersucht und ältere Kanalrohre mit einem Spezialfilm, sogenannten Inlinern, überzogen. "Das können sie aber nur mit halbwegs intakten Rohren machen. Sind die Rohre einmal geborsten, müssen sie die austauschen. Das wird dann teuer." Steigende Stromkosten hat das Wasserwerk mit einer Photovoltaikanlage aufgefangen.

Beim Bayerischen Gemeindetag, dem Dachverband kleinerer Kommunen im Freistaat, findet eine solche Gebührenstabilität durchaus Anerkennung. "So lange die Abwassergebühren stabil zu halten, das ist schon respektabel", räumt Gemeindetagssprecher Wilfried Schober ein, dem auf Anhieb keine Gemeinde mit ähnlicher Gebührenstabilität einfällt. Vielmehr stünden derzeit viele Kommunen im Freistaat und auch im Landkreis Roth vor dem Problem, ihre jahrzehntealten Kanalnetze sanieren zu müssen. Seit ein paar Jahren erlaube ihnen der Gesetzgeber, dafür Rücklagen zu bilden. Das habe in den vergangenen Jahren zu Steigerungen der Wasser- und Abwassergebühren geführt, berichtet Schober.

Kritisch sieht man beim Gemeindetag die Privatisierung von Einrichtungen der Daseinssorge wie etwa der Wasserversorgung dennoch. Der Gemeindetagsexperte für kommunales Wirtschaftsrecht, Andreas Gaß, hält das auf längere Sicht keineswegs für vorteilhaft: "Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bietet einen Liquiditätsvorteil für eine gewisse Zeitspanne", räumt er ein. Da GmbHs im Gemeindebesitz aber anders als die Gemeinde selbst Umsatzsteuer zahlen müssten, hebe sich der anfängliche finanzielle Vorteil später wieder auf. Und auch das Nachverhandeln bei Auftragsvergaben sieht Gaß skeptisch. Erwarte ein Unternehmen Nachverhandlungen, falle sein Angebot häufig höher aus, als wenn es ein verbindliches, nicht mehr nachbesserbares Angebot abgeben müsse.

Bürgermeister Spahl lässt sich von solchen Einwänden nicht entmutigen. Und auch wenn jährlich steigende Löhne und Beschaffungskosten den Tritt auf die Gebührenbremse nicht leicht machen, stellt das Gemeindeoberhaupt klar: "Zumindest für die nächsten fünf Jahre garantiere ich unseren Bürgern eine anhaltende Gebührenstabilität."