Aichach
Der Notarzt wartet im Krankenhaus

Weil es immer schwieriger wurde, Freiwillige zu finden, soll eine Neuregelung in der Notaufnahme helfen: Klinikangestellte tagsüber die Notarzteinsätze

06.07.2021 | Stand 23.09.2023, 19:36 Uhr
Notaufnahme und Notarztdienst gehören jetzt teilweise zusammen (v.l.):  Rettungsanitäterin Sarah Gold, Thomas Winter (Leiter Rettungsdienst beim BRK), Stephan Meier (Facharzt für Notfallmedizin), Martin Müller (Ärztlicher Leiter der Notaufnahme), Robert Lang (stellvertretender Leiter Rettungsdienst beim BRK), Landrat Klaus Metzger und Klinik-Chef  Hubert Mayer. −Foto: Carina Lautenbacher

Aichach - Für den Standort Aichach Notärztinnen und Notärzte zu finden, ist in den vergangenen Jahren schwierig geworden.

Einen Teil des Problems haben der Landkreis Aichach-Friedberg und die Kliniken an der Paar nun mit einem neuen Modell aus der Welt geschafft: An allen Werktagen wird der Notarztdienst tagsüber vom medizinischen Personal des Aichacher Krankenhauses übernommen. Zugleich wurde die Notaufnahme neu organisiert.

Vor eineinhalb Jahren sorgte der Mangel in der notärztlichen Versorgung für Schlagzeilen. An mehreren Tagen gelang es nicht mehr, alle Schichten im Aichacher Dienstplan zu füllen. Diese Dienstpläne werden im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung erstellt. Ärztinnen und Ärzte melden sich dafür freiwillig. Das funktionierte lange, weil die Arbeit gut bezahlt wurde. Mit einem Wechsel im Vergütungssystem ließ die Bereitschaft vor einigen Jahren allerdings erheblich nach. Heute bekommt man im Notarztdienst eine "Sitzpauschale" von rund 20 Euro pro Stunde, falls nichts passiert, und etwa 80 Euro pro Einsatz, beides brutto. Passiert also nichts - was an einem Standort wie demjenigen in Aichach durchaus sein kann -, ist der Dienst wenig lukrativ. Im Jahr 2020 wurden rund 1500 Notarzteinsätze in Aichach gezählt, das sind durchschnittlich vier am Tag.

Durch das neue Aichacher Modell muss der Notarztdienst jetzt nur noch abends und nachts sowie an Sonn- und Feiertagen mit Freiwilligen besetzt werden. Das klappt nach Auskunft von Thomas Winter, Leiter des Rettungsdiensts beim BRK Aichach-Friedberg, derzeit ganz gut.

Möglich macht das eine Änderung des Dienstes in der Notaufnahme. Martin Müller wurde dort zum Ärztlichen Leiter berufen, eine Funktion, die er für Aichach und Friedberg übernimmt. In Friedberg ist die Notarztproblematik allerdings nicht von Bedeutung, denn dort gibt es mehr Einsätze und genug Bereitschaft, die Dienste zu übernehmen. Folglich müssen die dortigen Angestellten den Notarztdienst nicht bestücken.

Martin Müller ist laut Klinik-Chef Hubert Mayer einer der ersten, der die für die Leitung der Notaufnahme nötige neue Ausbildung in klinischer Notfallmedizin absolviert hat. Durch die Neuorganisation stehen Ärztinnen und Ärzte, die für den Notdienst in Aichach eingeteilt sind, für den regulären Krankenhausschichtdienst zwar nicht zur Verfügung, könnten aber in der verbleibenden Zeit einige Aufgaben erledigen, etwa beratend zur Seite stehen oder kleinere Untersuchungen machen, erklärt Müller. Und wenn alle Stricke reißen, kann der Chef auch höchstpersönlich einspringen: Klinikleiter Hubert Mayer fährt selbst noch als Notarzt, unter anderem, um den Draht zur Basis nicht zu verlieren, wie er erklärt. Landrat Klaus Metzger zeigte sich froh über die nun ausgehandelte Regelung. Denn der Ruf eines Krankenhauses werde in der Notaufnahme wesentlich mitgeprägt.

SZ

Carina Lautenbacher