Hannover
Der Kern einer Hauptversammlung

Warum die Konzernführung entlastet wird Eine kleine Rechtslehre

22.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:38 Uhr

Hannover (AFP) Die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ist Bestandteil jeder jährlichen Hauptversammlung von Aktiengesellschaften. In Artikel 120 des deutschen Aktiengesetzes heißt es, "durch die Entlastung billigt die Hauptversammlung die Verwaltung der Gesellschaft durch die Mitglieder" beider Organe.

Sie gilt daher sowohl als interner Vertrauensbeweis der Anleger für die Führungsgremien als auch als externes Signal an den Kapitalmarkt, dass die Chemie zwischen Basis und Spitze der AG stimmt.

Für gewöhnlich entscheidet die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit gleichzeitig über die Entlastung des gesamten Vorstands oder Aufsichtsrats. Oft handelt es sich dabei um eine Formalie. Allerdings kann auch gesondert über die Billigung der Arbeit einzelner Mitglieder abgestimmt werden, sofern ein ausreichender Anteil der Kapitaleigner dies verlangt. Entzieht die Hauptversammlung einem Gremiumsmitglied das Vertrauen, bedeutet das aber noch keine Abberufung. Bei Vorstandsmitgliedern entscheidet darüber der Aufsichtsrat, bei Aufsichtsratsmitgliedern wird ein weiterer Beschluss mit Dreiviertelmehrheit der Aktionäre nötig.

Im Aktiengesetz heißt es dazu außerdem, "die Entlastung enthält keinen Verzicht auf Ersatzansprüche". Das bedeutet, dass der Vertrauensbeweis rechtlich keine bindende Wirkung hat. Der Beschluss der Hauptversammlung kann angefochten werden, wenn der Vorstand etwa grob gegen das Gesetz oder unternehmensinterne Regeln verstoßen hat. Die Aktiengesellschaft oder einzelne Anleger können dann gegenüber Vorstandsmitgliedern Schadensersatzansprüche geltend machen und die Entlastung wäre hinfällig.