Langenmosen
Der Job als eine Art Jungbrunnen

Im Gespräch mit Michael Koppold, dem DFB-registrierten Spielerberater aus Langenmosen

14.05.2021 | Stand 13.07.2021, 3:34 Uhr
Als sein Enkel Sandro noch klein war: Michael Koppold beim Fachsimpeln mit dem jungen Thomas Broich (l.), der damals noch in der deutschen U21-Nationalmannschaft kickte. −Foto: R. Kaufmann (Archiv)

Langenmosen - Ein Anruf bei Michael Koppold lohnt sich immer.

Egal, ob im Fußballgeschäft ganz allgemein oder bei aktuellen Aufregern im Speziellen - der DFB-registrierte Spielerberater aus Langenmosen kennt sich hier nicht nur aus, er vertritt auch stets eine klare Meinung zu allen Themen. Dass Koppold bereits fast vier Jahrzehnte in diesem Business arbeitet, ihm es nicht anzumerken. Folgerichtig denkt er auch nicht daran, nun irgendwann kürzertreten zu wollen. Fußball ist (neben seiner Familie) sein Leben, und dementsprechend gerne spricht er darüber - wie jetzt mit der Schrobenhausener Zeitung.

Herr Koppold, die Saison 2020/21 neigt sich ihrem Ende zu - aber gleichzeitig befinden wir uns noch mitten in einer Pandemie. Welche Auswirkungen hat das für Sie als DFB-registrierter Spielerberater? Ist nun, im Vergleich zu früheren Jahren, eher Ruhe angesagt - oder doch Stress pur, wie wenn es Corona gar nicht gäbe?
Michael Koppold: (schmunzelt) Ich habe aktuell rund 40 bis 50 Gespräche pro Tag zu führen, befinde mich fast andauernd am Telefon oder bei Meetings. Und falls mir doch mal ein bisschen Zeit bleibt, informiere ich mich ausführlich weiter. Das dürfte als Antwort reichen.

Verwundert Sie das, dass in Ihrer Branche weiterhin fast alles wie immer ist?
Koppold: Überhaupt nicht, schließlich gibt es weiterhin viele junge Burschen mit einem großen Talent, die beraten beziehungsweise gefördert werden müssen. Das große Problem daran ist, dass im Nachwuchsbereich momentan zu wenige Probetrainings möglich sind - auch bei den größeren Vereinen nicht. Da muss man natürlich als Berater schon ein bisschen mehr als sonst aufpassen, dass man für seinen Klienten alles richtig macht. Aber ich bin hundertprozentig überzeugt, dass ich weiterhin alles ganz fest im Griff habe (schmunzelt erneut).

Ist das auch an irgendwelchen Zahlen festzumachen?
Koppold: Durchaus. Trotz Corona-Krise habe ich in den vergangenen Monaten wieder acht neue Spieler an die Nachwuchsleistungszentren von führenden Fußballklubs in Bayern vermittelt. Was allerdings nicht bedeutet, dass es mir egal ist, dass wir aktuell in einer Pandemie leben müssen. Natürlich hoffe ich, dass es bald wieder so richtig los geht - mit dem normalen Leben, aber auch mit dem Fußball. Diese Sportart lebt davon, dass sich Zuschauer in den Stadien befinden. Ohne Fans fehlt eine ganze Menge.

Zum Beispiel aktuell in der Dritten Liga, wo gerade hinsichtlich des Aufstiegs ein erbitterter Vierkampf wütet. Daran beteiligt sind ja auch zwei bayerische Klubs, und bei beiden stehen ganz nebenbei einige Klienten von Ihnen unter Vertrag. Wem drücken Sie nun mehr die Daumen - dem TSV 1860 München oder dem FC Ingolstadt 04?
Koppold: Am liebsten wäre es mir natürlich, wenn am Ende alle zwei Vereine hochgehen würden. Aber realistisch gesehen klappt das wohl kaum. Dynamo Dresden wird meiner Meinung nach sicher aufsteigen, Hansa Rostock hat dafür dank des leichtesten Restprogramms ebenfalls alle Chancen. Folglich dürften sich die "Löwen" und die "Schanzer" wohl nur ein direktes Duell um den Relegationsplatz liefern.

Wobei wer am Ende die Nase vorne hat?
Koppold: Stand jetzt hat wahrscheinlich der TSV 1860 den etwas längeren Atem. Bei den Ingolstädtern scheint das Aufstiegsrennen immer mehr zu einer Kopfsache zu werden - zumindest, wenn man ihre jüngsten Auftritte betrachtet.

Liegt es daran, dass sich in der Ersten Mannschaft der "Schanzer" aktuell kein Akteur von Ihnen befindet - im Gegensatz zu den "Löwen", bei denen Stefan Lex sehr wohl zu den Schlüsselspielern zählt?
Koppold: (lacht) So einfach ist es leider nicht. Aber es stimmt schon: Meine derzeitigen Klienten beim FC04 sind allesamt noch im Nachwuchsbereich aktiv. Von den A-Junioren hinunter habe ich quasi in jedem Jahrgang sehr talentierte Jungs, denen in Zukunft noch sehr viel zuzutrauen ist.

Und darunter sollen ja sogar zwei aus dem Raum Schrobenhausensein. . .
Koppold: Stimmt. Jonas Perconti aus Mühlried ist als Außenverteidiger absoluter Stammspieler in der A-Junioren-Bundesliga - und Leonard Roloff aus Klingsmoos fungiert im U16-Team als Kapitän.

Wählen Sie Ihre Jungs rein nach fußballerischem Können aus?
Koppold: Natürlich geht's in erster Linie darum, was sie sportlich drauf haben. Aber ihr Charakter zählt für mich genauso. Nur wenn der ebenfalls in Ordnung ist, haben Talente eine realistische Chance, sich in diesem Haifischbecken durchzusetzen und am Ende tatsächlich mit viel Glück im Profibereich zu landen. Andererseits werden es Kicker, die vom Kopf her nicht bereit sind, alles für ihre Fußballerkarriere zu tun, nie schaffen. Deren großer Traum wird schneller ausgeträumt sein, als ihnen lieb ist.

Von Ihren einstigen Schützlingen haben es einige ja nicht nur in die Bundesliga geschafft, sie sind sogar auch nach ihrer aktiven Karriere noch ganz dick drin im Fußballgeschäft. . .
Koppold: Ja, und darauf bin ich ein Stück weit stolz - denn ein bisschen habe ich wohl auch dazu beigetragen.

Gehen wir einfach ein paar von Ihren Aushängeschildern durch - und beginnen mit Stefan Reisinger, der mittlerweile als Teamchef beim Drittligisten KFC Uerdingen arbeitet. Hätten Sie ihm, dem ehemaligen Goalgetter unter anderem des TSV 1860 München oder von Fortuna Düsseldorf, den Sprung ins Trainergeschäft zugetraut?
Koppold: Weshalb denn nicht? Er war schon in seiner aktiven Zeit als Stürmer sehr kreativ. Wenn es also jemand schafft, einer Mannschaft zu zeigen, wo das gegnerische Tor steht, dann der Stefan. Und wenn man die Stimmen aktuell aus Krefeld so hört, dann macht er seinen Job dort wahrlich sehr gut. Es ist nur schade, dass Stefan aufgrund von Corona seine Fußballlehrerlizenz noch nicht erwerben konnte und deshalb im Profibereich noch nicht als Chefcoach arbeiten darf. Aber das wird auch bald noch kommen, seinen A-Schein hat er ja bereits seit einiger Zeit.

Weiter zu Daniel Bierofka - dem einstigen A-Nationalspieler unter Ihren Fittichen, der nach seiner Zeit als Cheftrainer des TSV 1860 München mittlerweile den österreichischen Traditionsklub Wacker Innsbruck nach oben bringen möchte. . .
Koppold: Tatsächlich besitzt er mit den Tirolern noch Aufstiegschancen in die Erste Bundesliga, obwohl der Verein mit arg begrenzen finanziellen Mitteln auskommen muss. Und was für Daniel zuletzt die Sache noch schwieriger machte: Aufgrund der Corona-Pandemie und der hierdurch erlassenen Quarantäneverordnungen in Bayern beziehungsweise Österreich durfte er nicht mehr nach Hause fahren, wenn ihm der Sinn danach stand. Glauben Sie mir, es gibt Angenehmeres, als allein in einer eher fremden Stadt sein zu müssen.

Thomas Broich hat vor knapp einem Jahr ebenfalls die Trainerkarriere eingeschlagen, fungiert seitdem als U 15-Coach bei Eintracht Frankfurt. Und trotzdem ist er einem Millionenpublikum aktuell vor allem als TV-Experte in der ARD bekannt. Wie fühlen Sie sich dabei, wenn Sie Ihre einstige Entdeckung aus dem Raum Wasserburg nun plötzlich im Fernsehen fachsimpeln hören?
Koppold: Ganz einfach, ich freue mich riesig und schmunzle hierbei auch ein bisschen. Lorenz-Günther Köstner hatte mir einst, in seiner Zeit als Cheftrainer der SpVgg Unterhaching, klipp und klar erklärt, dass der Thomas "nie einer für das Profigeschäft" werden würde. Also bot ich ihn bei Wacker Burghausen an - und der dortige Coach Rudi Bommer nahm Broich mit Kusshand. Der Rest ist ja bekannt: Thomas wurde noch in seiner Zeit an der Salzach deutscher U21-Nationalspieler, schaffte anschließend bei Borussia Mönchengladbach den Durchbruch in der Ersten Bundesliga - um dann, nach seinen Stationen 1. FC Köln und 1. FC Nürnberg, sieben Jahre lang für Brisbane Roar zu kicken. Mehr noch: Er wurde dort zu einem echten Idol, wurde sogar zum "Fußballer des Jahrzehnts" in Australien gewählt. Und ja, ich durfte für diesen feinen Menschen einst der Wegbereiter in Sachen Profitum sein. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, das mich das nicht ausgesprochen stolz macht.

Die Liste mit weiteren Entdeckungen von Ihnen könnten wir jetzt ohne große Mühe noch einige Zeit fortführen. . .
Koppold: (schmunzelt) Ja, das ist wohl so. Den Kalle Riedle hatte ich einst ja ebenfalls in die Bundesliga bebracht. Den Stefan Aigner könnte ich nun ebenfalls noch nennen, oder den Patrick Mölzl. Ich habe im Laufe meiner Karriere wohl in der Tat schon ein bisschen was richtig gemacht. . .

Stimmt es eigentlich, dass Sie bereits seit langer Zeit Mitglied beim FC Augsburg sind?
Koppold. Ja. Ganz exakt sind es 27 Jahre.

Schafft der FCA heuer wieder den Klassenerhalt?
Koppold: Auf jeden Fall - denn es gibt mindestens drei Vereine, die in der laufenden Saison noch schwächer sind als er.

Welche genau?
Koppold: Meine Meinung nach wird neben dem FC Schalke 04 auch der 1. FC Köln direkt absteigen. Arminia Bielefeld muss in die Relegation gegen den Drittplatzierten aus der Zweiten Bundesliga.

Und falls es doch die Augsburger erwischen sollte. . .
Koppold: Dann wäre das ausgesprochen schade - denn die gesamte Infrastruktur in dieser Stadt mit der WWK-Arena und einem großen Einzugsgebiet ist absolut erstligatauglich.

Wie beurteilen Sie es, dass der FC Bayern nun bereits zum neunten Mal in Folge Deutscher Meister wurde?
Koppold: Mir ergeht es wie vielen Fußballfans, denn auch mich langweilt das nur noch. Was allerdings nicht die Schuld der Münchner ist. Ihre Kontrahenten machen halt immer wieder zu viele Fehler, wurschteln zu viel umeinander, werden zu schnell ungeduldig - und holen für führende Positionen immer wieder Leute, die zuvor bereits woanders gescheitert sind. Wie sage ich in diesem Zusammenhang immer wieder gerne: Fußball ist eigentlich einfach. Aber dieses Einfache tatsächlich zu beherrschen, ist sehr schwierig.

Wenn wir schon gerade bei Schwierigkeiten sind: Welche Gedanken schießen Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an das aktuelle Führungschaos beim DFB denken?
Koppold: Es ist zwar schon so, dass in der Berichterstattung momentan viel vermischt wird - aber dass die aktuelle Außendarstellung eines DFB nicht würdig ist, darüber sind wir wohl alle einig. Es muss eine Radikalkur her, die Streitigkeiten müssen aufhören, es muss wieder ein reines Miteinander statt Gegeneinander geben. Der größte Sportverband der Welt benötigt dringend wieder ein Gesicht. Was sich da derzeit tut, ist beschämend.

Sie wirken regelrecht sauer bei diesen Sätzen. Das Feuer in Ihnen brennt also mehr denn je?
Koppold: Definitiv. Nun gut, ich übe den Job des Spielerberaters bereits seit 1982 aus - also mittlerweile seit fast vier Jahrzehnten. Aber meine Jungs halten mich jung, Ich bin voll motiviert wie eh und je. Und das soll bitte schön noch ganz lange so bleiben.

SZ

Das Gespräch führteRoland Kaufmann.