Ingolstadt
"Der Islam ist ein Teil von uns"

Nicht alle Ingolstädter sind einverstanden mit der umstrittenen Äußerung von Bundesinnenminister Horst Seehofer

24.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

−Foto: Eberl

Ingolstadt (khh) Die jüngste Aussage des neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, hat größtenteils für Kopfschütteln in Ingolstadt gesorgt – bei Muslimen wie bei Christen. Und manche zeigen sich sogar verärgert über die Äußerung des CSU-Vorsitzenden.

Der Islam als Religion von vielen Tausend Bürgern in Ingolstadt sei längst ein Teil der Gesellschaft geworden: Diese und ähnliche Kommentare sind bei einer Umfrage des DONAUKURIER am Samstag in der Innenstadt immer wieder zu hören. Und damit untermauern sie die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei diesem aktuellen Streitthema. Cahit Karakas bringt die Debatte auf den Punkt: „In unserer Stadt leben viele Muslime. Deshalb gehört der Islam zu uns“, sagt der 39-jährige Türke. Er muss es ja wissen, denn der sympathische Mann kommt täglich mit vielen Menschen unterschiedlichster Konfession zusammen: An seinem Kiosk am Zentralen Omnibusbahnhof treffen sich Katholiken, evangelische Christen, Muslime, Buddhisten oder Atheisten. „Jeder hat hier Respekt vor dem anderen Glauben. Und so soll es in ganz Deutschland sein, damit man friedlich miteinander lebt.“ Karakas findet, dass sich Deutschland nicht durch den Glauben definiere. „Es gibt doch auch gebürtige deutsche Christen, die zum Buddhismus übergetreten sind.“ Wichtig sei vor allem, dass sich die in Deutschland lebenden Menschen ans Grundgesetz halten. Der Kioskbetreiber, der in Ingolstadt wohnt, kritisiert Horst Seehofer für seine Äußerung heftig: „Viel Sinn macht es nicht, was er da gesagt hat.“

Und Karakas fügt an, dass der Gerolfinger („ein Populist“) nur als neuer Innenminister punkten wolle. Übrigens spiele das Thema Islam gar keine große Rolle an seinem Kiosk: „Mit mir hat sich jedenfalls noch keiner darüber unterhalten.“ Beim Stimmungstest des DK haben auch einheimische Katholiken klar Stellung zu der von Horst Seehofer angestoßenen Diskussion bezogen. So sagt der 18-jährige Martin (seinen vollen Namen will er nicht in der Zeitung lesen): „Der Islam ist ein Teil von Ingolstadt, weil viele Muslime hier leben.“ Nach seinen Worten klappt das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen in der Schanz. Der junge Ingolstädter kenne selbst zahlreiche Türken: „Die sind ganz okay. Sie sprechen gut Deutsch und haben sich integriert.“ Auch Oliver Krahl, der am Samstagnachmittag in einer Imbissbude beim Schloss einen Döner genießt, widerspricht Seehofers Meinung: Die Religion ist nicht ausschlaggebend, ob man Deutscher ist oder nicht“, betont der Student aus Hamburg.

Der 21-Jährige ist überzeugt davon, dass „der Islam ein fester Teil unseres Landes ist“. Der Besitzer des Dönerladens, Mustafa Edriss, findet die ganze Islamdiskussion sowieso für überflüssig. „Jeder Glaube auf der Welt ist doch fast gleich“, meint der gebürtige Syrer im Brustton der Überzeugung. Und wie sieht es mit dem IS aus? Gewalt und Terror hätten nichts mit dem Islam zu tun, bekräftigt Edriss. Er ist vor rund 20 Jahren nach Deutschland gekommen. „Ich lebe gerne hier und habe die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen“, erzählt der freundliche Mann. Ingolstadt bezeichnet er mittlerweile als seine Heimat. Auch seine aus Syrien stammende Frau und seine drei Kinder „fühlen sich hier wohl, und sie sprechen gut Deutsch“.

Außerdem merkt Edriss an, dass „weder meine Frau noch meine zwei Töchter ein Kopftuch tragen“. Wie er betont, betrachte er allein den Menschen und nicht die Religion. Das sieht bei Gerhard Eisenried ganz anders aus: „Ich bin stolz, katholisch zu sein!“ Und weil dem Wettstettener sein Glaube offensichtlich so wichtig ist, argumentiert er: „Der Islam gehört eindeutig nicht zu Deutschland und zu Europa.“ Deutschland – und auch Ingolstadt – sind nämlich nach seinen Aussagen geprägt von christlichen Werten. Eisenried befürwortet die Äußerung Seehofers; er halte die Werte der CSU hoch und finde dabei Rückhalt in seiner Partei. Und schließlich heiße die CSU ja: Christlich-Soziale Union.