Ingolstadt
Der Heimkehrer

16.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Konzentrierter Blick: Tobias Strobl führte den Regionalligisten TSV Rosenheim in der vergangenen Saison aus dem Tabellenkeller ins gesicherte Mittelfeld. - Foto: Imago

Sieben Jahre lang schnürte Tobias Strobl die Fußballschuhe für den FC Ingolstadt. Danach startete er seine Trainerkarriere. Zur kommenden Spielzeit kehrt der Coach des Regionalligisten Rosenheim zu seinem Heimatverein zurück.

Ingolstadt (DK) Wenn in Ingolstadt Fußball gespielt wird, dann ist seit Jahren auch er immer wieder auf den Zuschauerrängen zu sehen: der Mann mit dem schlanken, drahtigen Körper, den tätowierten Armen, dem charakteristischen Bart und dem festen Blick. Und wo immer er auftaucht, wird er angesprochen, schüttelt Hände, scherzt und lacht mit den Umstehenden. Ohne Frage: Tobias Strobl hat seine Wurzeln nicht vergessen.

Das kann er auch gar nicht - selbst als ihn sein Weg wie zuletzt ins 150 Kilometer weit entfernte Rosenheim führte. "Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, und Ingolstadt ist schließlich meine Heimat", sagt der 30-Jährige, der in der regionalen Fußballszene zweifelsohne bekannt ist wie ein bunter Hund. Denn Strobl hat als Aktiver und Trainer seine Spuren in und um die Donaustadt hinterlassen. Als Vierjähriger lernte Strobl beim Türkischen SV Ingolstadt das Fußballspielen, anschließend durchlief der Mittelfeldspieler die Jugendteams der DJK Ingolstadt. Im Jahr 2005 schnappte sich dann der FC Ingolstadt das Talent. Sieben Jahre war Strobl in der Folge für die erste und zweite Mannschaft der Schanzer am Ball. Es folgten Stationen als Chefcoach oder Spielertrainer beim FC Pipinsried in der Landes- und dann in der Bayernliga, seinem Heimatverein, dem Kreisligisten FC Hepberg, dem Bayernligisten TSV Schwabmünchen sowie dem damaligen Bezirksligisten SV Manching.

Im Jahr 2016 glückte Strobl der nächste Karriereschritt. Er übernahm den kriselnden Regionalligisten TSV Rosenheim und sollte den Klub vor dem Abstieg aus der höchsten bayerischen Spielklasse bewahren. Und Strobls Mission war erfolgreich: Er führte das Team aus dem Tabellenkeller und beendete die Saison mit den Rosenheimern auf Rang neun. Und auch in der laufenden Spielzeit ist der Klub im Soll: Nach 22 Spielen stehen Rang acht und elf Zähler Vorsprung auf die Abstiegsplätze zu Buche. Strobl und Rosenheim - das scheint zu passen.

Und doch wird der Ingolstädter im Sommer Abschied nehmen, trotz eines gültigen Vertrages bis zum Sommer 2019. Denn für ihn schließt sich nun der Kreis: Strobl wechselt zur kommenden Saison zurück in seine Heimat und wird dort bei der U 21 des FCI Co-Trainer von Ersin Demir. "Ende vergangenen Jahres erhielt ich einen Anruf von Ronnie Becht, dem Leiter des Ingolstädter Nachwuchsleistungszentrums", berichtet Strobl. Auch dem FCI waren die Leistungen des jungen Übungsleiters in der Regionalliga nicht verborgen geblieben. "Was folgte, war eine brutal schwere Zeit", berichtet Strobl unserer Zeitung per Telefon aus dem türkischen Antalya, wo er mit seinem aktuellen Team noch bis zu diesem Sonntag ein Trainingslager absolviert. "Rosenheim ist ein außergewöhnlicher Verein. Und der FC Ingolstadt mein Heimatklub. Es war eine unglaublich schwierige Entscheidung", erklärt der 30-Jährige.

Schlussendlich fiel diese zugunsten des FCI aus. "Die Arbeit in einem Nachwuchsleistungszentrum ist für einen Trainer wahnsinnig interessant. Du erlebst den Übergang vom Jugend- zum Herrenbereich hautnah mit, siehst, wie sie sich die jungen Kerle im ersten Seniorenjahr anstellen", erklärt Strobl. "Das ist wahnsinnig reizvoll." Der Ingolstädter wird beim FCI zudem viele Trainingseinheiten der U 19-Fußballer begleiten. "Beide Mannschaften sollen noch enger verzahnt werden. Es ist wichtig für die Trainer der U 21, auch die A-Junioren genau zu beobachten und zu kennen", sagt der künftige Assistent von Ersin Demir.

Bei Strobls derzeitigem Arbeitgeber ist die Euphorie derweil naturgemäß verhalten. "Natürlich sind die Verantwortlichen und die Jungs enttäuscht. Aber auch für mich wird das ein sehr schmerzhafter Abschied", sagt der Noch-Trainer des TSV. "Der Verein wird mit viel Herzblut geführt, sonst wäre er auch nicht so erfolgreich. Aufgrund der Infrastruktur und der finanziellen Mittel ist es brutal schwer, zu überleben. Viele Klubs reden von Freundschaft und Zusammenhalt - aber Rosenheim lebt es auch." Auch daher habe Strobl von Beginn an mit offenen Karten gespielt. Durch die frühe Bekanntgabe des Wechsels hat der Verein nun die gesamte Rückrunde Zeit, einen Nachfolger zu suchen. "Aber niemand muss mehr etwas mit sich herumtragen, es ist gut, dass es jetzt schon raus ist", sagt der 30-Jährige.

Dass es in Sachen Motivation in der Rückrunde Probleme geben wird, schließt Strobl aus. "Ich spüre da vielmehr die beidseitige Verpflichtung, noch einmal das Maximale rauszuholen", sagt er. "Für uns geht es wie jedes Jahr darum, nicht abzusteigen. Da sind wir aktuell auf einem guten Weg, aber noch lange nicht gerettet", sagt Strobl. Zudem stehen die Rosenheimer im Halbfinale des Totopokals - und könnten sich so zum dritten Mal in der Vereinshistorie für den DFB-Pokal qualifizieren. Gegner im Halbfinale am 11. April ist entweder die SpVgg Bayreuth oder der TSV 1860 München - beides Liga-Konkurrenten des TSV. "Das Finale wäre natürlich ein Traum", sagt Strobl.

Der Ex-Kicker will sich bei seinem alten und neuen Verein in Ingolstadt weiterentwickeln. Aktuell besitzt Strobl die B-Elite-Lizenz. "Spätestens Anfang 2018, aber lieber noch Ende dieses Jahres möchte ich mit dem A-Schein anfangen", sagt er. Im Dress seines Heimatvereins erlebte Strobl auch die bislang prägendsten Momente. "Da sind natürlich die Aufstiege, das war phänomenal", erinnert sich der 30-Jährige. Mit der zweiten Mannschaft des FCI stieg Strobl nach der Saison 2007/08 von der Landes- in die Bayernliga auf. In der Spielzeit 2010/11 gelang der Aufstieg in die damalige Regionalliga Süd. Und auch als der FCI 2008 unter Trainer Thorsten Fink den Sprung in die 2. Bundesliga schaffte, war Strobl dabei. 2009 erlebte er dann seinen wohl schönsten Moment auf dem Rasen. In einem Testspiel gegen den damaligen Zweitligisten 1860 München durfte Jungspund Strobl über 70 Minuten ran. "Das war eine Riesensache für mich", erinnert er sich.

Insgesamt bestritt der gebürtige Ingolstädter 69 Partien für die Schanzer, in denen er 14 Tore erzielte. In der ersten Mannschaft kam er zu zwei Einsätzen - in der Saison 2007/08 in der Regionalliga Süd 13 Minuten beim 3:0-Erfolg gegen Hessen Kassel sowie 48 Minuten im Spiel beim SSV Reutlingen (0:2). Der Kontakt nach Ingolstadt ist nie abgerissen. "Ich habe aber auch zu allen meinen ehemaligen Teams ein super Verhältnis", sagt er. Das gilt mittlerweile auch wieder für den FC Pipinsried, bei dem Strobl nach drei Jahren zurückgetreten war, nachdem er mit seinem Team den Aufstieg in die Regionalliga verpasst hatte. Daraufhin überwarf sich Strobl mit Klub-Präsident Konrad Höß. "Wir haben uns aber längst ausgesprochen", sagt der Ingolstädter, der seit seinem 18. Lebensjahr neben dem Fußball noch ein weiteres Hobby hat: Tattoos. "Das sind Lebenserfahrungen und familiäre Dinge, die ich da auf der Haut trage", erklärt er.

Gut möglich, dass demnächst noch ein paar weitere Tätowierungen dazukommen. Dann wahrscheinlich mit Erfahrungen, die Strobl wieder in Ingolstadt bei "seinem FCI" macht.