Eichstätt
"Der heilige Willibald ist wunderschön"

Domführung für Flüchtlinge stößt auf großes Interesse und hinterlässt begeisterte Besucher

09.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:56 Uhr

Mit großem Interesse lauschten die rund 30 Flüchtlinge, die der Einladung des Referats für Flüchtlingshilfe und des Diözesanbildungswerks gefolgt waren, den Erklärungen von Stadtführerin Waltraud Hofer. Besonders beeindruckte die Besucher die Figur des heiligen Willibald und die der "Buchenhüller Madonna" sowie die darunter platzierten Kerzen. - Fotos: Kusche

Eichstätt (EK) Warum thront der heilige Willibald im Eichstätter Dom auf einem Bischofsstuhl? Welche Bedeutung hat die Buchenhüller Madonna? Diese und viele andere Fragen konnten die rund 30 Flüchtlinge am Mittwochnachmittag an Dom-expertin und Stadtführerin Waltraud Hofer stellen.

Zu dieser besonderen Führung, die ins Arabische und Englische übersetzt wurde, hatten das Referat Flüchtlingshilfe des Malteser-Hilfsdiensts und die Katholische Erwachsenenbildung im Bistum Eichstätt eingeladen, um Flüchtlingen den Eichstätter Dom näherzubringen.

Viele der Flüchtlinge, die mit Ehrenamtlichen aus Pietenfeld sowie der Gemeinschaftsunterkunft Maria Ward gekommen waren, betraten am Mittwochnachmittag zum ersten Mal in ihrem Leben einen Dom. "Ich bin katholisch, aber ich war noch nie in einer Kathedrale - es gefällt mir wirklich sehr gut", betonte ein junger Eritreer sichtlich beeindruckt. Auch eine andere Teilnehmerin zeigte sich begeistert: "Ich fahre als Protestantin einmal im Monat nach München zu einem orthodoxen Gottesdienst. Der Dom ist wunderbar, vor allem der heilige Willibald gefällt mir sehr." So staunten sie auch nicht schlecht, dass der Gründungsbau des heiligen Willibald im achten Jahrhundert ein zwölf Meter breiter steinerner Saalbau gewesen war, an den sich ein Mönchskloster anschloss, der heutige Dom indes auf das elfte Jahrhundert zurückgeht.

Nach einer ausführlichen Erläuterung des Hauptportals durch Führerin Waltraud Hofer offenbarte sich den Besuchern - die Mehrzahl aus dem Nahen Osten und Afrika - schnell, welch bedeutende Rolle Heilige im christlichen Glauben und damit auch im Eichstätter Dom spielen. Schon am Eingang lernten die Flüchtlinge die Bistumsheiligen Willibald, Walburga und Wunibald sowie deren Vater Richard kennen, die rechts und links den Haupteingang des Doms schmücken, und erfuhren viele Einzelheiten über deren Geschichte und ihr Wirken in der Region. Die über 500 Jahre alte lebensgroße Sitzfigur des heiligen Willibald im Dom jedoch imponierte den Flüchtlingen um vieles mehr.

Eindrücklich erklärte Hofer den interessierten Besuchern das Außergewöhnliche dieser marmornen Figur des Bistumsgründers, der nicht, wie bei Werken dieser Art sonst üblich, als junger und stehender Mann, sondern als alter, müder und sitzender Bischof dargestellt wurde - ein Zeichen für die große Bedeutung, die diesem Bischof beigemessen wurde.

Nächste Station: die imposante Orgel mit ihren rund 5000 Orgelpfeifen, von denen die längste neun Meter, die kürzeste wenige Zentimeter groß sind und die Orgel angesichts der anstrengenden Hand- und Fußarbeit als "Fitness"-Instrument gelten könne, wie Hofer den staunenden Gästen erläuterte. Ein großartiges zehnminütiges Orgelspiel von Bastian Fuchs schloss sich den Informationen zum Instrument an, das den sichtlich beeindruckten Flüchtlingen die gesamte Klangfülle der Domorgel präsentierte. Während seines mit begeistertem Beifall belohnten Kurzkonzerts präsentierte Fuchs die große Vielfalt an Klängen und Tönen, die die Orgel erzeugen kann - ob Pfeifen-, Flöten- oder Glockenspieltöne, dröhnende Forte-Bässe oder zarteste Piano-Klänge.

"Wie schwer mag wohl der große Altarstein aus Juramarmor sein" Dies fragte Hofer die ausländischen Gäste an der letzten Station, dem Hochaltar des Doms. Hier lagen die Schätzungen deutlich unter dem realen Gewicht des Altars von sechs Tonnen oder - für eine bessere Vorstellung - zwei Elefanten. Tief beeindruckt zeigten sich die Besucher aber besonders von der "Buchenhüller Madonna" von 1430 am südlichen Vierungspfeiler, unter der, wie Waltraud Hofer den Flüchtlingen erläuterte, viele Menschen täglich Kerzen entzündeten und der Madonna ihre Sorgen und Nöte anvertrauten.

Diese Verehrung einer Marienfigur warf bei vielen Flüchtlingen Fragen auf, die im gemeinsamen Gespräch schnell geklärt werden konnten. Einige Flüchtlinge fragten, welche Bedeutung Maria eigentlich zukomme und ob es denn helfe, zur Buchenhüller Madonna zu beten. Eindrücklich erklärten Domführerin Hofer und die beiden Übersetzer Béchir Bellaj (arabisch) und Bianca Arendt (englisch) den Gästen, dass Maria ja auch im Koran verehrt werde, im christlichen Glauben indes als Helferin und Fürsprecherin der Menschen, ja Vermittlerin zwischen Gott und den Menschen betrachtet werde und ihr als Mutter Jesu eine ganz besondere Rolle unter den Heiligen zuteilwerde.

Mit großer Freude nahmen die Flüchtlinge abschließend die Einladung an, selbst eine Kerze unter der Madonna anzuzünden: "Denn das Anzünden einer Kerze und der Gedanke an jemanden, dem es vielleicht nicht so gut geht oder den man vermisst, verbindet schließlich alle Religionen miteinander", betonte Cordula Klenk vom Referat für Flüchtlingshilfe der Diözese.

Bei warmen Getränken und Gebäck gab es nach der über einstündigen Führung dann Gelegenheit zum Aufwärmen, gemütlichen Beisammensein und Kennenlernen aller Flüchtlinge, Ehrenamtlicher und Betreuer.