Der Euro wird 10 - Zehn Wahrheiten zur Gemeinschaftswährung

03.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:59 Uhr

An seinem 10. Geburtstag steht der Euro mehr in der Kritik als je zuvor. Die Faktenlage stützt die Kritik aber nicht: Der Euro ist kein Teuro und er bringt uns mehr als er schadet.

1. Der Euro wurde uns nicht aufgezwungen

Kritiker des Euro bemängeln, es hätte nie eine Volksabstimmung über den Euro gegeben. Das stimmt zwar, dennoch geschah seine Einführung mit Zustimmung des Volkes. Denn die Bundesrepublik ist eine repräsentative Demokratie. Die Entscheidungen trifft das vom Volk gewählte Parlament. Seit 1992, als mit dem Vertrag von Maastricht der Euro auf den Weg gebracht wurde, gab es immer wieder parlamentarische Abstimmungen über den Euro, so etwa 1998, als der Bundestag der Einführung des Euros zustimmte. Bei zahlreichen Bundestagswahlen hätte das Volk die Möglichkeit gehabt, den europafreundlichen Kurs der meisten Parteien und Politiker einen Denkzettel zu verpassen – hat es aber nie getan. Die Einführung des Euro war also völlig legal.

2. Der Euro ist kein Teuro

Laut Statistischem Bundesamt hat der Euro keine signifikante Teuerung ausgelöst. Im Gegenteil: Die durchschnittliche Inflationsrate des Euro für die vergangenen zehn Jahre beträgt 1,6 Prozent. In den zehn Jahren vor der Währungsunion lag sie bei etwa 2,2 Prozent. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren die Hauptpreistreiber in den letzten Jahren vor allem Heizöl und Benzin, die sich während des Euro-Zeitalters um bis zu 100 Prozent verteuert haben. Die Wohnungsmieten seien hingegen nur um zwölf Prozent gestiegen. Dass viele Menschen die Preisentwicklung dennoch als unverhältnismäßig hoch empfinden, hängt unter anderem mit der zu geringen Lohnentwicklung zusammen. Nach Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung war Deutschland der einzige Euro-Staat in dem zwischen 2000 und 2008 die Reallöhne um 0,8 Prozent gesunken sind. In Ländern wie Griechenland oder Irland stiegen die Löhne hingegen zweistellig.

Mehr Nutzen als Kosten
3. Mit dem Euro kamen Preissenkungen

Inflation verteuert Waren und Dienstleistungen. Binnen zehn Jahren sind deshalb viele Produkte und Dienstleistungen teurer geworden, selbst wenn sich Rohstoffpreise oder Herstellungskosten verbilligt haben. Nach Berechnungen von Experten verteuerten sich beispielsweise Passbilder am Automaten um 130 Prozent, Zigaretten um über 70 Prozent, Jodsalz um 41 Prozent und Butter um 20 Prozent. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, der Euro habe alles deutlich verteuert, gibt es aber auch viele Produkte, die günstiger geworden sind, etwa Notebooks und Drucker um gut 90 Prozent, Telefongespräche um rund 70 Prozent, No-Name-Spaghetti beim Discounter um 40 Prozent, Gouda um 19 Prozent oder Mineralwasser der Marke Evian um 15 Prozent.

4. Der Euro bringt Deutschland mehr als er kostet


Zwar ist Deutschland der größte Nettozahler in der EU. Jedes Jahr fließen zweistellige Milliardenbeträge nach Brüssel und auch im Rahmen der Finanzgarantien zur Euro-Rettung trägt die Bundesrepublik den Löwenanteil. Andererseits profitiert die deutsche Wirtschaft und mit ihr die deutschen Arbeitnehmer wie kein anderes Land vom europäischen Binnenmarkt. Fakt ist, dass die Exporte in die 17 Euro-Länder zwischen 1990 und 1998 um rund drei Prozent pro Jahr stiegen. Seit Einführung des Euro sprangen die Exportzuwächse auf bis zu neun Prozent jährlich. Die Exportwirtschaft steuert heute gut ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Bundesrepublik bei.

Die Mär von Arbeitplätzen und Anleihezinsen
5. Der Euro schafft Arbeitsplätze

Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich seit der Einführung des Euro deutlich verbessert. So stieg die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland von 1999 bis 2010 um knapp zwei Millionen, nämlich von 38,7 Millionen auf 40,5 Millionen. Analog dazu ging die Zahl der Arbeitslosen von 4,1 Millionen auf 2,95 Millionen zurück. Die Arbeitslosenquote sank von 11,7 auf 7,7 Prozent. Wermutstropfen: Bei den neuen Stellen handelt es sich in erster Linie nicht um reguläre Jobs, sondern um sogenannte atypische Beschäftigungen wie Zeitarbeit, Minijobs oder befristete Arbeitsverträge. Diese Entwicklung ist allerdings kein Phänomen des Euro, die Zahl der Vollzeitbeschäftigten ist bereits seit Anfang der 90er Jahre rückläufig.

6. Hohe Anleihezinsen führen nicht automatisch zum Staatsbankrott

Vor wenigen Wochen übersprangen die Zinsen für italienische Staatsanleihen zum ersten Mal die Sieben-Prozent-Marke. Viele Experten mutmaßten damals, dass diese Marge zur Zahlungsunfähigkeit des Mittelmeerlandes führen kann. Bei der aktuell sehr hohen Staatsverschuldung sind diese Befürchtungen nicht von der Hand zu weisen. Allerdings sollten Sparer bedenken, dass es Zeiten gab, in denen auch die Bundesrepublik sehr hohe Zinsen zahlen musste – und trotzdem nicht Pleite ging. In den 80er Jahren etwa gewährten deutsche Staatsanleihen bis zu zwölf Prozent Zinsen. Auf die Bonität und Zahlungsfähigkeit des Bundes hatte dies aber kaum Einfluss. Eine florierende Wirtschaft und ein funktionierendes Steuersystem können auch hohen finanziellen Anforderungen gerecht werden.

Auch Deutschland konnte Maastricht nicht immer erfüllen
7. Deutsche Staatsanleihen sind immer sicher

Die Aussage, dass Bundesanleihen sicher sind, stimmt nur bedingt. In der aktuellen Krise macht Deutschland zwar eine sehr gute Figur, aber wehe wenn es zu einer mehrjährigen Rezession kommt. Sinken Wirtschaftskraft und Steuereinnahmen, dann sind selbst deutsche Staatsanleihen keineswegs in Stein gemeißelt. Anleger sollten nicht vergessen: Im letzten Jahrhundert war Deutschland allein dreimal zahlungsunfähig. Das gesamte Ersparte auf Bundesanleihen zu setzen, ist deshalb keine überzeugende Strategie. Vielmehr gilt es, das Kapital auf verschiedene Asset-Klassen und Länder zu verteilen.

8. Auch Deutschland reißt die Stabilitätskriterien


Der Vertrag von Maastricht schreibt vor, dass die aktuelle Staatsverschuldung nicht mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen darf. Von den 17 Euro-Ländern schaffen dies derzeit nur vier Länder: Luxemburg, Slowakei, Slowenien und Finnland. Erstaunlich ist, dass das viel gescholtene Spanien mit 69,6 Prozent eine deutlich geringere Schuldenquote aufweist als Deutschland mit 81,7 oder Frankreich mit 85,4 Prozent. Die größten Defizitsünder sind Italien mit 120,5 Prozent und Griechenland mit über 160 Prozent.

Zwanzig Staaten prägen Europas Währung
9. Zustimmung zur EU stabil

Die EU-Kommission befragt regelmäßig die Einstellung der EU-Bürger zum Nutzen ihres Landes in der Europäischen Union. Die Antwort darauf ist relativ stabil: 2001 sahen 52 Prozent der befragten Bürger die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als positiv an, 2011 waren es weiterhin 50 Prozent.

10. Nicht nur 17 Euro-Länder dürfen Münzen prägen

Viele Bundesbürger denken, nur die 17 teilnehmenden Euro-Länder dürfen Münzen der Gemeinschaftswährung in Umlauf bringen - doch das stimmt nicht. Es gibt drei weitere Ministaaten, die ebenfalls eigenes Euro-Geld emittieren dürfen: San Marino, Monaco und - der Vatikan.