München
Der etwas andere Christkindlmarkt

Beim Tollwood-Winterfestival in München geht es in diesem Jahr auch um artgerechte Tierhaltung

27.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

München (DK) Wo zur Wiesnzeit das Bier schäumt, die Fahrgeschäfte den Gleichgewichtssinn der Furchtlosen schwindelerregend testen und der Dirndlwahnsinn tobt, öffnet auch heuer wieder zur Adventszeit unter den Augen der Bavaria die Tollwood-Zeltstadt ihre Pforten. Vom schrägen Christbaumschmuck und Weihnachts-Krimskram bis zum ausgefallenen Ethno-Geschmeide, von urigen Klamottenkreationen über außergewöhnliches Kunsthandwerk bis zu fair gehandelten exotischen Gewürzen und vogelwild gemusterten Wollsocken reicht die bunte Palette dieses zweifellos alternativsten Christkindlmarktes weit und breit.

Und Veggie-Day ist hier sowieso alle Tage. Aber wer nach dem Bummeln zwischen all den Verkaufsständen, dem „Mercato“- und dem „Basar“-Zelt nach Fleischlichem sich sehnt, der kann sich ausschließlich an biozertifizierten Tierprodukten laben.

Denn das diesjährige Winter-Tollwood thematisiert im „Welt-Salon“ mit Ausstellungen und in zahlreichen hochrangig besetzten Diskussionsrunden unter dem Motto „Lebe!Wesen“ die artgerechte Aufzucht unserer Nutztiere. Deshalb empfängt die Besucher am Eingang – eingepfercht in einen Käfig – eine überdimensionale Holzskulptur eines Hybrid-Schweines des ungarischen Künstlers Gabor Miklas Szoke als Blickfang und Mahnmal gegen die Massentierhaltung. Doch neben der musikalischen Unterhaltung in der „Tief-im-Wald-Bar“ (von der „Altstadt-Musi“ über die „Aventura Cubana“-Band bis zu den „Honky Tonk Five“) und einem reichhaltigen Kinderprogramm mit Bastel-, Mal- und Werkstatt-Aktivitäten kommen auch in diesem Jahr Theateraufführungen nicht zu kurz: Das spanische Kulunka Teatro präsentiert ein wehmütig stimmendes Maskenspiel, Studierende der Otto-Falckenberg-Schauspielschule haben die kritische Performance „Turmbau zu Babel“ entwickelt, Karsten Kaie serviert seinen unverwüstlichen „Caveman“ und Kabarettisten wie Helmut Schleich oder „Der doppelte Ude“ (mit Münchens Ex-OB Christian Ude und seinem Double Uli Bauer) runden das umfangreiche Tollwood-Programm bestens ab. Den absoluten Höhepunkt dieses Winterfestivals stellt freilich die furiose Show der australischen „Limbo“-Truppe dar: Neun Artisten wirbeln zum rasanten Sound aus Reggae-, Blues- und Jazzklängen einer Gypsy-Band nicht nur durch das plüschige Spiegelzelt, sondern sie zeigen einen hinreißenden Mix aus akrobatischen Höchstleistungen mit faszinierender Körperbeherrschung. Garniert wird das alles mit Zitaten aus einer nostalgischen Broadway-Show der 1930er Jahre und mit bezaubernden Reminiszenzen an die Roncalli-Ästhetik.

Die Feuerschluckerin wird nach getaner Arbeit HNO-Ärzte allabendlich ins Brot setzen. Denn Schwerter durch den Rachen zu schieben, ist für Speise- und Luftröhre sicher nicht besonders vorteilhaft. Balzrituale auf schwingenden Seilen oder das synchrone Trio-Ballett auf extrem biegsamen Gummistangen lassen den Atem der Zuschauer allemal stocken. 75 Minuten Zirkus-Varieté vom Allerfeinsten. Dazu – auf Wunsch – ein Vier-Gänge-Menü, natürlich bio, als genussvolle Kombination aus heimischen und asiatischen Produkten. Und draußen an den Buden Glühwein in allen Geschmacksrichtungen und Stärkegraden. Da fehlt eigentlich nur noch der Schnee, der diesen Christkindlmarkt der anderen Art auf der Oktoberfest-Wiesn überzuckert.

Das ganze Programm bis 31. Dezember im Internet unter www.tollwood.de; Tickethotline: (07 00) 38 38 50 24.