Ingolstadt
Der Druck ist weg

04.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:32 Uhr
Er konnte das Werk nur noch abwickeln: Günter Goldhammer zeigt als letzter Geschäftsführer von Altec eines der Druckgussteile. Die Fabrik musste nach eineinhalb Jahren im Januar 2006 in die Insolvenz. Zuvor waren nach Überzeugung der Justiz kaum brauchbare Teile für Audi und VW produziert worden - Foto: Archiv Frankenpost −Foto: Archiv Frankenpost

Ingolstadt (DK) Der jahrelange Rechtsstreit zwischen Audi und dem spanischen Mutterkonzern eines insolventen Zulieferers ist beendet. Die Spanier zogen ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt aus erster Instanz zurück. Dort waren sie mit der millionenschweren Schadensersatzklage gescheitert.

Das Oberlandesgericht (OLG) in München hat nach der Prüfung des ersten Urteils jetzt darauf hingewiesen, dass Infun auch in zweiter Instanz keine Chance haben würde. „Es gab einen einstimmigen Beschluss des Senats. Er beabsichtigte, die Berufung abzuweisen“, sagte der Vorsitzende Richter Wilhelm Schneider dem DONAUKURIER. Das heißt, die Spanier hätten vor dem 23. Zivilsenat des OLG zwar verhandeln können. Aber ohne jegliche Aussicht auf Erfolg. Um nicht noch mehr Geld aus dem Fenster zu werfen, zog Infun – wie vom OLG empfohlen – das Rechtsmittel zurück. Anfang Februar 2011 hatte die Handelskammer des Landgerichts mit dem Vorsitzenden Richter Konrad Kliegl die Spanier abblitzen lassen.
 

Über vier Jahre ist das Verfahren mit dem höchsten personellen und finanziellen Aufwand geführt worden. Zwölf Millionen Euro forderte der Kläger vom Autobauer Audi, den Infun für den Zusammenbruch seines Aludruckgussteilewerks in der Nähe von Hof verantwortlich machte. Es war nicht irgendein Betrieb, der im Januar 2006 einem großen Paukenschlag gleich in die Pleite schlitterte. Etwas über ein Jahr vorher, am 15. September 2004, hatte eine Schar von Ehrengästen das Projekt noch in höchsten Tönen gelobt. Ministerpräsident Edmund Stoiber („Der Durchbruch ist gelungen“), Wirtschaftsminister Otto Wiesheu („Ein großer Tag für Hochfranken“) und der spanische Geschäftsmann Pedro Alonso feierten die Eröffnung des „modernsten Aluminium- und Magnesium-Druckgussteilewerks der Welt“. 45 Millionen Euro investierte Alonsos Infun Group hier am ehemaligen Zonenrand in das Unternehmen Altec. Es sollte der Startschuss für einen Vorzeigezulieferpark sein, der die gebeutelte Region belebt. Die Altec wurde ein Fiasko.

Daran trägt aber Audi keine Schuld, bestätigte das Oberlandesgericht das 48 Seiten lange Urteil des Landgerichts. Richter Kliegl wurde vom OLG „eine überzeugende Bewertung“ des Falles zugesprochen. Kliegls Handelskammer hatte an neun Terminen insgesamt 22 Zeugen gehört, die teils mehrmals aus Spanien einflogen. Danach stand für das Landgericht zweifelsfrei fest, was Anwalt Wolfgang Weiss und die anderen Rechtsvertreter von Audi auf Hunderten Seiten Schriftsatz vorgebracht hatten: Der Autobauer hatte alle Abmachungen mit dem Zulieferer eingehalten. Für das neue Werk waren zunächst 20, später 22 Millionen Euro Jahresumsatz durch die Abnahme von Ölwannen und Leiterrahmen für Motoren garantiert worden. Allerdings konnte Altec aufgrund vielfältiger Anlaufprobleme und Managementfehler kaum serienreife Gussteile für Audi produzieren. Bei der Menge an Ausschuss gab es zudem keine Möglichkeit, weitere Kunden zu gewinnen. Als die Banken die Kredite kündigten, war die Insolvenz unausweichlich. Jetzt ist das Kapitel Altec endgültig abgeschlossen.