Der Dienstleister

12.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:35 Uhr
In der Natur daheim: Ludwig Bayer ist im Bezirkstag schwerpunktmäßig in der Arbeitsgruppe Ökologie und Nachhaltigkeit tätig. −Foto: S. Hofmann

Gemeinde, Kreis, Bezirk - Ludwig Bayer ist auf allen drei Ebenen der Kommunalpolitik aktiv. Nach zweieinhalb Jahren im Bezirkstag von Oberbayern fällt das Urteil des Steppergers durchaus positiv aus - obwohl die Pandemie-Situation die Arbeit an vielen Stellen erschwert hat. Der Vollerwerbslandwirt setzt seine Stärken auch in diesem Gremium ein und ist vor allem in der Arbeitsgruppe Ökologie und Nachhaltigkeit aktiv.

Stepperg - Er ist ein echter Tausendsassa: Landwirtschaftsmeister im Vollerwerb, Gemeinderat seit 25 Jahren, Kreisrat, Ehrenamtlicher in mehreren Zweckverbänden, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) - und seit zweieinhalb Jahren hat Ludwig Bayer zudem ein Mandat als Bezirksrat von Oberbayern. Sein Fazit nach der Hälfte der Amtszeit fällt durchaus positiv aus, auch wenn die vergangenen fast anderthalb Jahre nicht gerade einfach waren.

"In den Bezirkstag einzuziehen, ist mal was ganz Neues, ganz klar", sagt Bayer. Aber er sei ja schon lang kommunalpolitisch tätig und habe sich deshalb in das Amt recht schnell eingefunden. Dennoch hat es für den Stepperger, gerade im sozialen Bereich, viele neue Themen zu beackern gegeben, die es auf Gemeinde- oder Kreisebene nicht gibt. "Das erste Jahr war insgesamt sehr erfreulich und man hat sehr viel mitnehmen können", berichtet er über eine Zeit, in der vor der Corona-Pandemie noch sehr vieles anders und einfacher gewesen ist. "Es hat ja auch noch alles stattgefunden, die Ausschusssitzungen, die Fraktionssitzungen. Das war sehr wertvoll."

Aufgrund der Pandemie gibt es fast nur noch Videokonferenzen. "Außer die Plenarsitzungen, die sind, Gott sei Dank, weiterhin Präsenzsitzungen in voller Größe." Bei allem anderen fehle der kurze Austausch "zwischendurch". "Mal schnell mit jemandem etwas besprechen, das geht halt nicht. Man kann schon im Chat mal einen Satz an eine bestimmte Person schreiben, aber das ist nicht das gleiche", sagt Bayer. Diesen Winter habe er unwahrscheinlich viele Videokonferenzen gehabt - auch in seiner Funktion als BBV-Kreisobmann. "Ich glaub', ich hab nur 50 Prozent des Wissens mitgenommen, was ich in anderen Wintern mit Präsenzsitzungen mitgenommen hab'", veranschaulicht er nachdenklich.

Zum Glück, findet Bayer, waren auch die Sitzungen in der Arbeitsgruppe Ökologie und Nachhaltigkeit, in der er sich am meisten einbringt, in Präsenz. Die Gruppe befasst sich damit, wie der Bezirk weiterhin nachhaltig wirtschaften und arbeiten kann. Viel zielt dabei auf die energetische Bilanz der bezirkseigenen Gebäude ab. "Es geht darum, wie man die Gebäude und die Arbeitsabläufe umweltfreundlich gestaltet", berichtet Bayer. Von geringerem Papierverbrauch, weniger Flugreisen bis hin zum Umstieg auf erneuerbare Energien, ist das Themenfeld breitgefächert. "Einige Gebäude des Bezirks sind schon mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. In der Arbeitsgruppe schauen wir, was da noch möglich ist", so Bayer. Das solle soweit gehen, dass Gebäude den Strom, den sie verbrauchen, selbst produzieren. Bayers Beruf und seine Leidenschaft, die Landwirtschaft, kann er ebenfalls in dieser Arbeitsgruppe einbringen, denn der Bezirk besitzt einige landwirtschaftliche Güter. "Da geht es auch darum, wie dort gewirtschaftet wird. Zuletzt haben wir beschlossen, dass wir sogenannte Eh-Da-Flächen, also Flächen, die immer da sind, analog dem Volksbegehren ?Rettet die Bienen' auf Blühpflanzen umgestalten. Da hat man auch Grünflächen, die nicht als solche genutzt werden müssen, entsprechend umgestaltet." In einem landwirtschaftlichen Betrieb habe man zudem auf Bestreben der Arbeitsgruppe einen Versuch gestartet, wie die Umstellung auf ökologischen Landbau funktioniert. Die Arbeitsgruppe hat noch weitere Themenfelder, die teilweise wichtiger sind denn je. "Wir diskutieren viel über Homeoffice. Man hat gesehen, dass es mehr Möglichkeiten und Chancen gibt, als man vorher gemeint hat. Man hat aber auch erkannt, dass nicht alles so machbar ist, wie man sich das vorgestellt hat."

Daneben beschäftigt sich Bayer in der Arbeitsgruppe mit den verschiedenen Landschaftsformen in Oberbayern, den Lebewesen darin und der Flora. "Es gibt auch drei Berichterstatter, für die drei größeren Fraktionen. Für die Freien Wähler bin ich das", erklärt er. "Das liegt ja in der Natur meiner Herkunft und meines Berufes", sagt er mit einem Schmunzeln. Darum wollte er auch in dieser Arbeitsgruppe und seine Fraktion hat ihm diesen Posten "ohne Widerstand" gegeben. "Dafür habe ich schon den Nachteil, dass ich in keiner Kerngruppe in einem Ausschuss bin." Die Kehrseite der Medaille ist also, dass Bayer lediglich Stellvertreterposten für Fraktionskollegen in den Ausschüssen innehat. So ist er der Ersatzmann für Anton Speer im Ausschuss für Bau, Umwelt und Energie, für Sepp Hartl im Ausschuss für Kultur, Schulen und Museen, für Konrad Specker im Personalausschuss sowie im Rechnungsprüfungsausschuss. "Man kann ja nicht alles haben", sagt Bayer und verweist auf "seine Kollegin", Neuburg-Schrobenhausens zweite Bezirksrätin Martina Keßler (CSU). "Sie ist ja in vielen anderen Bereichen tätig als ich", sagt der Stepperger. Man ergänze sich aber sehr gut und könne für den gemeinsamen Stimmkreis zusammen alle Bereiche abdecken. "Sie hat den Hauptsitz im Gesundheits- und Sozialausschuss, was mit Sicherheit der präsenteste und wichtigste Ausschuss im Bezirk ist." Aufgrund der Pandemie-Situation gestalten sich gemeinsame Projekte von Bayer und Keßler jedoch schwierig. "Wir sitzen ja nicht irgendwo gemeinsam drin." Als es aber um das Thema Pflegestützpunkte gegangen ist, habe man sich zusammen mit den Verantwortlichen im Landkreis ausgetauscht. "Ich habe dann gleich meine Fraktion eingeladen, sich den Pflegestützpunkt des Landratsamts anzusehen. Wir waren ja der einzige Landkreis von Oberbayern, der einen hatte." Wichtig sei ihm dabei gewesen, zu zeigen, wie wichtig die Stützpunkte vor Ort sind. "Damit die Menschen, die sie brauchen, nicht irgendwo hinfahren müssen."

Der Bezirk und damit der Bezirkstag hat schon fast traditionell ein Wahrnehmungsproblem in der breiten Öffentlichkeit. Das bestätigt auch Ludwig Bayer nach zweieinhalb Jahren im Gremium. "Nur von Menschen, die den Bezirk oder seine Leistungen in Anspruch nehmen müssen oder wollen, wird man kontaktiert", sagt Bayer. Meist würden diese vorstellig, wenn bürokratische Hürden nicht mehr zu meistern sind. Erst kürzlich konnte Bayer in seiner Funktion als Bezirksrat einer Familie bei der Suche nach einer passenden Einrichtung für einen schwerbehinderten Menschen helfen. Dazu machte er sich auf den Weg nach München, um direkt in Kontakt mit den Sachbearbeitern zu treten. "Die haben schon gute Arbeit geleistet. Aber es war ein schwieriger Fall", so Bayer. Dank eines direkten Gesprächs konnte die Angelegenheit aber gelöst werden. Situationen wie diese stellen den Kern seiner Aufgabe im Bezirk dar, findet der Stepperger. "Man ist das Bindeglied zwischen den Menschen, den Einrichtungen und den Verwaltungen. Ich sehe mich als Dienstleister - in allen Posten, in die ich gewählt wurde."

Der Bezirk müsste, das sagt Bayer ganz offen, mehr mit seinem Wirken in die Öffentlichkeit gehen. "Der Bezirk hat Info-Flyer, aber die liegen ja nur in den Bezirkseinrichtungen aus, wo der normale Bürger nicht hinkommt." Die Öffentlichkeitsarbeit müsse deshalb verstärkt werden. "Aber das kostet Geld und das ist überall knapp."

Ob Bayer in zweieinhalb Jahren wieder für den Bezirkstag kandidieren wird, weiß er noch nicht. "Nachgedacht hab' ich schon darüber. Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Aber man muss auch sehen, was die Fraktion entscheidet. Ich bin da sehr gut aufgenommen worden - da hätte ich schon die Zustimmung für eine Kandidatur." Man müsse aber natürlich wiedergewählt werden. "Und da muss man ja auch mal mein fortgeschrittenes Alter sehen. Vielleicht wollen die Menschen das nicht", sagt der 67-Jährige.

DK

Sebastian Hofmann