Greding
Der Blick geht nach Ostdeutschland

03.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:33 Uhr

−Foto: Volker Luff und Jürgen Leykamm

Greding (HK) Die Beliebtheit des Gredinger Trachtenmarkts bleibt ungebrochen. Daran kann selbst schlechtes Wetter nichts ändern. Zur Eröffnung am Samstag strömte erst die Besucherschar zur 24. Auflage, am Nachmittag dann der Regen, der die Bühnenaufführungen aber größtenteils verschonte.

Glücklicherweise fand sich an den Ständen der rund 100 Aussteller genügend Platz zum Unterstellen und Präsentationen lockten ins Rathaus. Nur eine Tanzaufführung musste ausfallen; dafür strahlte am Sonntagnachmittag die Sonne.

Die Faszination des Marktes mit internationalem Renommee erschließt sich gleich beim Betreten der Altstadt: Von den ersten Metern an begegnen dem Besucher Gewandete in Textilien verschiedenster Landstriche und Epochen. Hier die edle Lindhorster Tracht aus der einstigen Dynastie Schaumburg-Lippe in Niedersachsen, dort hausierende Landkramer in Rissthaler Bauerntracht aus der Bodenseeregion. Es sei eben ein „einzigartiger Markt in einer außergewöhnlichen Stadt“, wie Bürgermeister Manfred Preischl betont. In der Tat habe das barocke Ambiente Gredings einst den Ausschlag gegeben, den Trachtenmarkt hier zu etablieren. Das sagt Martin Wölzmüller, Geschäftsführer des Landesvereins für Heimatpflege als einer der drei Veranstalter. Dritter im Bunde ist der Bezirk Mittelfranken. Eher kritisch blickt Bezirksrat Robert Gattenlöhner (Die Franken) in die Runde der Ehrengäste zur Eröffnung. Im Blick sind dabei die, die fehlen: Von den 30 Bezirksräten seien nur 3 da, kritisiert er: Neben ihm sind das Ernst Schuster (CSU) aus Thalmässing und die stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Christa Naaß (SPD).

Schon geht die Reise weiter, hin nach Thüringen, der Gastregion in diesem Jahr. In ein Gebiet zwischen Chemnitz und Leipzig. Dort ist die „Altenburger Tracht“ zu Hause. Präsentiert wird sie auf der Rathausbühne vom dortigen „Folklore-Ensemble“, das sich seit 37 Jahren der Pflege des Kulturguts widmet. Dieses durfte anfangs, so berichtet es der Vorsitzende Volker Kiebisch, sogar aufgrund eines SED-Parteibeschlusses den Palast der Republik kulturell bereichern. Der ist nun selbst Geschichte, doch die Trachten aus Thüringen leben weiter. Und wie. 

Das Ensemble versteht es, die Gewänder geschickt in Szene zu setzen und dabei Besonderheiten aus der Heimat kundzutun. So war es auf den Bauernhöfen im Raum Altenburg üblich, dass der jüngste Sohn erbte und die Älteren auszahlen musste. Ein Brett im Mieder der „Marche“ (Bäuerin) sorgte dort einst dafür, dass sie aufrecht geht. Der Vorstecklatz ließ sich gut verwenden, um Kleinigkeiten darin aufzubewahren. „Ein Vorläufer der heutigen Tupperdose“, kann sich Kiebisch nicht verkneifen. Der „Malcher“ (Bauer) trug beim Fest indes ganz klassisch die Kniebundhose, deren Hosenheber sich „Kandare“ nennt. Mit derbem Spaß rundet das Ensemble seine Tänze ab. So will die eine Bäuerin von der anderen wissen, warum ihr Mann nicht beim Fest dabei ist. „Das Rindvieh hat Maul- und Klauenseuche“, so die Antwort, worauf prompt der Wunsch auf gute Besserung für den Gatten folgt. 

Die vom Deutschen Trachtenverband gekürte Tracht des Jahres stammt aus dem Fläming im südwestlichen Brandenburg. Woher der Name kommt? „Von unseren Ahnen, den Flamen“, erklärt der Chef der von dort angereisten Trachtengruppe, Charles Koppehele. Das Band, das bei den gewandeten Damen das Mieder zusammenhält, nennt sich hier „Riegel“. „Der Muff gehört dazu, zu Feierlichkeiten auch die Bluse mit Puffärmelchen“, erläutert seine Gattin Marlies  Koppehele, die eine edle Flügelhaube trägt. Bei den Herren habe der Zylinder Einzug in die Tracht gefunden. Eine Uhrenkette mit Medaillon und Haarsträhne der Liebsten soll ihn Treue üben lassen. 

Eine Gruppe aus dem Spessart steht derweil im Mittelpunkt der Aufführungen des Rhein-Main-Gauverbandes. Hier gibt es auch eine musikalische Einlage zu erleben: Mit Kuhglocken gespielt, erklingt der Schneewalzer. Neben den Aufführungen finden die zahlreichen Trachtenmarkt-Besucher Gefallen an den lebenden Werkstätten mit alter Handwerkskunst. Es gibt Gelegenheit zur „Spitzen-Analyse“ im Gredinger Rathaus oder zum Schnäppchenmachen bei einer Trachtenbörse im Pfarrheim. Verschiedene Kurse wie Weißstickerei, Perlbeutel-Strickerei oder Occhi runden den Tag ab, die Kinder können zum Beispiel Kränze binden.