Ingolstadt
Der Bauminister tritt ab

In 15 Jahren unter Stefan Moser hat sich die Mitgliederzahl der Ringseer Alpinisten mehr als vervierfacht

30.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:37 Uhr

Das größte Projekt in der Amtszeit von Stefan Moser (rechts, hier mit dem Hallenwart Klaus Kuhfeld) ist das Kletterzentrum der Alpenvereinssektion Ringsee. Daraus resultierte ein gewaltiger Mitgliederzuwachs, der ungebrochen ist. ‹ŒArch - foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Er möchte die Geschichte über seinen jetzt offiziell verkündeten Abschied nicht als Retrospektive lesen oder gar als große Würdigung seiner Leistungen. "Das Ganze ist nur in einer Teamleistung möglich gewesen", sagt Stefan Moser. Und doch wäre bei der Sektion Ringsee des Deutschen Alpenvereins (DAV) und insgesamt beim Bergsport in Ingolstadt nichts so, wie es ist, ohne Mosers Engagement, das auf diese Weise erzählt werden muss.

Zwei Umzugskartons und ein paar Rechnungen in einem Schuhkarton übernahm er damals, als er 2003 das Amt des Sektionschefs antrat. "Das war der gesamte Verein", sagt der Ingolstädter, Jahrgang 1961. 15 Jahre später steht auf dem alten Weinzierl-Gelände am Südufer der Donau unweit der Staustufe eine nach wie vor brummende vereinseigene Kletterhalle, dazu ein ganzes Alpenvereinszentrum mit Vereinsräumen und einer modernen Geschäftsstelle, die sich ganz ohne Umzugskartons und Schuhschachtel um die Belange von inzwischen mehr als 6000 Mitgliedern kümmert - viermal so viele, wie zum Zeitpunkt, als Moser mit seinem Team die Arbeit aufnahm. Doch jetzt ist für ihn Schluss. "Ich lasse meinen Worten Taten folgen: Ein Ehrenamt ist nur etwas auf Zeit", sagt er. In Mosers Zeit war es vor allem das eines Bauministers, die Ringseer Sektion so etwas wie ein Bauverein. "Wir bauen ein eigenes Kletterzentrum!" Mit dieser Geschichte war er 2003 angetreten. Anfang 2006 wurde diese Vision mit der Eröffnung schon Wirklichkeit. Ab diesem Moment schossen die Mitgliederzahlen nach oben. Es folgte ein zweiter Bauabschnitt der Halle. Das nächste Millionenprojekt. Als diese Entwicklungsstufe erledigt war, kam der finale Ausbauschritt zum eben vollständigen Alpenvereinszentrum. "Das ist jetzt komplett abgeschlossen." Auch die letzte Abrechnung ist erledigt. Für Moser nun der Zeitpunkt, wie angekündigt, selbst abzuschließen.

Das von ihm mit angestoßene Projekt Boulderhalle wird er am 7. Mai bei der Mitgliederversammlung noch kurz vorstellen: Dass sie durch das Auftreten eines gewerblichen Hallenbetreibers, der - wie berichtet - im Ingolstädter Nordosten baut, jetzt als kleinere "In-House-Lösung" (Moser) im Kletterzenturm und nicht als Anbau erfolgen soll. Die Umsetzung liegt danach in den Händen seines Nachfolgers, der an jenem Tag gewählt werden wird. "Jetzt folgt der Stabwechsel ganz oben." Er sei der Letzte der Vorstandsmitglieder, die 2003 das neue Zeitalter einläuteten. Nun mache er den Weg frei - komplett. "Ich gehe auch bewusst in kein gewähltes Amt wie den Beirat mehr." Der neue Vorstand müsse sich nun jenseits des Vorgehens und der Fußstapfen von Moser bewegen können und die eigene Linie wählen. "Ich stehe mit Rat zur Verfügung. Aber nur, wenn ich gefragt werde. Das ist die Grundhaltung."

Die Nachfolgeregelung ist von längerer Hand geplant. Eine Findungskommission durchforstete die Mitglieder und wurde jetzt auch fündig. "Ich bin wirklich happy, dass wir einen meiner Meinung nach super Mann gefunden haben." Den Namen, der am 7. Mai den Mitgliedern präsentiert werden soll, will der scheidende Vorsitzende vor dem Wahlabend noch nicht nennen.

In Mosers Zeit fällt neben den Bautätigkeiten und dem Wandel des Sektionsangebots in Richtung des Mottos "Bergsport für die ganze Familie" ein anderer elementarer, kaum zu glaubender Schritt: die Annäherung der Ringseer Alpinisten mit der älteren und eingesessenen Sektion Ingolstadt, die in einem Kooperationsabkommen und einer gemeinsamen Nutzung des Alpenvereinszentrums einen zwischenzeitlichen Höhepunkt erreicht hat. "Das konnte nun wirklich keiner erwarten", sagt der scheidende Vorsitzende, der zusammen mit seinem Ingolstädter Kollegen Franz Mayr "zwei kerngesunde Vereine auf Augenhöhe" verbunden hat. Alte Gräben sind zugeschüttet, viele Vorbehalte ausgeräumt. Denn immerhin entstand die Sektion Ringsee 1949, als von den damals elitären und von Akademikern dominierten Ingolstädtern abgelehnte Eisenbahner in dem damals eigenständigen Ort ihr eigens Ding machten. Längst vorbei und fast vergessen. Inzwischen ergänzen sich beide Seiten fast idealtypisch: die Ringseer mit ihrem Kletterzentrum und die Ingolstädter mit ihren beiden herausragenden Hütten in den Alpen (Ingolstädter Haus und Riemannhaus).

"Die Kooperation nur zu verwalten, ist aber zu wenig", erlaubt sich Moser als scheidender Vorsitzender zu sagen. Für ihn ist dieser Weg nicht ausgeschritten. Irgendwann, so seine Vision, müsse und solle das uralte Verbandsmotto stehen: "Ein Alpenverein, eine Stadt, eine Sektion". Irgendwann einmal. Aber natürlich werde er nur aus der zweiten Reihe daran mitarbeiten. Ganz vorne wird bald ein anderer Alpinist stehen als der Bauminister der Ringseer. Denn der hat den letzten Stein gesetzt.