Ingolstadt
"Der Bademeister muss nicht schwimmen"

Die Anwälte Tobias Rudolph und Christian Krauße über ihre Aufgaben als Ombudsmänner für die Stadt

07.02.2020 | Stand 02.12.2020, 12:00 Uhr
Antrittsbesuch: Die Nürnberger Rechtsanwälte Tobias Rudolph (r.) und Christian Krauße sind seit Anfang des Jahres als Ombudsmänner für die Stadt und die Tochtergesellschaften tätig. −Foto: Eberl

Ingolstadt - "Wir sind für die schweren, die komplexen Fälle zuständig", sagt Tobias Rudolph (49), der mit seinem Nürnberger Anwaltskollegen Christian Krauße (37) seit Anfang dieses Jahres als Ombudsmann für die Stadt Ingolstadt tätig ist.

Die Kanzlei hat in ähnlicher Funktion inzwischen viel Erfahrung gesammelt, etwa für die Städtischen Werke Nürnberg oder die Versicherung HUK Coburg. Zwischen ihren Antrittsbesuchen bei den städtischen Tochtergesellschaften unterhielt sich der DK mit den beiden Nürnberger Juristen.

Herr Rudolph, Herr Krauße, wenn Sie für jemand, der den Begriff Ombudsmann noch nie gehört hat, kurz erklären sollten, was Ihre Aufgabe ist, was würden Sie dem sagen?

Tobias Rudolph: Das ist ein erweiterter Kommunikationsweg, der nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Meldewegen und Beschwerdestellen tritt, sondern eine Ergänzung für einen ganz bestimmten Fall darstellt. Nämlich wenn der Hinweisgeber einen berechtigten Grund hat, nicht öffentlich aufzutreten oder auftreten zu wollen, wo er aber gleichzeitig im Interesse des Unternehmens oder der Stadt sagt: Ich will, dass das aufgearbeitet wird, ich will zur Sachaufklärung beitragen, aber ganz sicher sein, dass ich dadurch keine persönlichen Nachteile erleide. Für den sind wir da, dass wir ihm diese Chance geben, seine Informationen aufnehmen, rechtlich bewerten, strukturieren und qualitativ aufarbeiten, die Stadt quasi vor Querulanten schützen.

Vertraulichkeit können Sie als Anwälte ja garantieren.

Rudolph: Was uns von einer anonymen Hotline unterscheidet, ist, dass wir Rückfragen stellen und uns ein eigenes Bild machen können von der Motivlage, ohne dass wir das nach außen weitergeben müssen. In die andere Richtung: Dadurch, dass uns im Zweifelsfall der Hinweisgeber ja bekannt ist, bietet sich die Möglichkeit, dass das kein einseitiger Kontakt bleiben muss.

Wann wird ein Hinweis aus Ihrer Sicht wirklich relevant?

Rudolph: Für uns ist der Maßstab: Ist es rechtlich relevant, oder jedenfalls im weiteren Sinne: Muss die Stadt das wissen, damit sie ihrerseits ihren Verpflichtungen nachkommt. Wir sind also im Interesse der Stadt und der Unternehmen dafür da, die Informationen, die ihnen zur Verfügung stehen, zu verbessern, und zusätzliche Informationswege zu schaffen, um sie in die Lage zu versetzen, einfach das zu tun, was richtig ist. Aber der beste Bademeister ist der, der gar nicht erst schwimmen muss.

Stichwort Querulanten. Sie sehen sich also nicht als weitere Beschwerdestelle für die vielen Alltagsprobleme?

Rudolph: Wir sind ein reiner Zusatzkanal, der die anderen in keiner Weise schmälert. Wenn es Beschwerden gibt, die weniger compliancerechtlich als arbeitsrechtlich sind, oder bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten, oder wenn einem Bürger der Strom abgeschaltet wird, werden wir an die zuständigen Stellen verweisen. Das gehört nicht zu unseren Aufgaben.

Ist eine unabhängige Ombudsstelle in den großen Kommunen inzwischen schon zur Regel geworden?

Rudolph: Dass eine Kommune einen eigenen Ombudsmann hat, ist noch nicht überall Standard, insofern ist das ein klares Bekenntnis und Ingolstadt kann sich hier als Vorbild bezeichnen. Das wird sicher in den nächsten Jahren noch kommen, weil die EU-Whistleblower-Richtlinie schon verabschiedet ist und in den nächsten ein bis zwei Jahren in deutsches Recht umgesetzt werden muss.

Welche Möglichkeiten hat denn jemand, sich mit einem Hinweis an Sie zu wenden?

Christian Krauße: Ganz klassisch am Anfang, er ruft uns an oder schickt uns eine E-Mail, das kann durchaus auch anonym sein. E-Mail ist natürlich unter Datenschutzgründen nicht ganz optimal. Wenn es ein Hinweis von Gewicht ist, werden wir natürlich versuchen, bald einen Termin zu vereinbaren, das ergibt sich dann sehr schnell aus der Kommunikation mit den Leuten.

Das Gespräch führte Reimund Herbst