Der Alte nickt mir aufmunternd zu

01.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:56 Uhr
Hat man die höchsten Trümpfe auf der Hand, hat man einen "Sie" - das ist aber äußerst selten. −Foto: Chloupek

Es ist wie nach den Sommerferien - sechs Wochen hat man an alles Mögliche gedacht, nur nicht an den Unterricht.

Statt in die Schule geht es nun ins Croatica zum Schafkopf-Seminar, doch das schlechte Gewissen ist das Gleiche geblieben. Zwar habe ich mir vorgenommen, kurz vorher einen Blick in meine Sauspiel-App zu werfen, es aber doch sein lassen. Ein hastiger Blick ins Schulbuch hat schon früher kaum Früchte getragen.

Ganz so schlimm wie im Matheunterricht wird es dann nicht, die Grundzüge scheinen sich doch irgendwo im Hinterstübchen verankert zu haben und nach vier offenen Runden spielen wir "richtig". Bevor es an allen Tischen rund geht, macht Bernd Stowasser, der gemeinsam mit Norbert Pabsch das mittlerweile 20. Seminar organisiert, die Teilnehmer darauf aufmerksam, auf was es ankommt: "Was ich am Schafkopfen so toll finde, ist nicht nur, dass es das logische Denken fördert", das lasse sich auch über das Schachspiel sagen. "Aber habt ihr schon mal einen Schachspieler lachen gesehen? Die sehen meistens aus, als hätten sie auf eine Zitrone gebissen. " Der soziale Aspekt stehe im Vordergrund.

Peter, der kurzerhand vom anderen Tisch weggeholt und zum Trainer erkoren wird, beteuert sogar glaubhaft, sich nicht mit uns zu langweilen. Grün-Solo, Eichel-Solo, Wenz, fast beiläufig wagen wir uns über das Sauspiel hinaus. Obendrein lassen sich die Karten zu Beginn ganz gut an. "Mit der Blauen", sage ich also ganz selbstbewusst, nachdem mir der Alte, der Grün-Ober und Bernd Stowasser aufmunternd zugenickt haben. Mir schwant, dass es beim bayerischen Kartensport nicht nur um Denkfähigkeit geht, sondern auch um Psychologie: Ich bin ein defensiver Spieler und freue mich über die einigermaßen überlegenen 74 Punkte, die mein Mitspieler und ich nach Hause tragen. Gleichzeitig überlege ich: Bin ich zu vorsichtig? Hätte ich - drei Spiele zuvor - ein Solo riskieren sollen? Bin ich ein Schisser oder fehlt es mir einfach an Erfahrung?

Fragen über Fragen, vielleicht sollte ich im Unterricht einfach besser aufpassen. Denn zwischendurch wird das Vokabular aufgefrischt und durch Merksätze erweitert. "Schneider", "schwarz", daran erinnert man sich noch, "mit am Unter gehst ned unter", und "A Herz hod a jeder" gesellen sich dazu. Schwieriger wird es beim "untendurch spielen", wenn also die Sau gerufen wird, der Gerufene aber eine andere Karte der Ruffarbe zückt. Das erklärt Peter aber glücklicherweise nur am Rande, mitten im Spiel wäre ich wohl ganz schön verwirrt gewesen.

Beim Schafkopfen vergisst man alle Sorgen, sagt der Adalbert Lina, der damals das Seminar initiiert hat. Ich vergesse zu späterer Stunde, als die Konzentration nachlässt, sogar, welches Blatt ich vor zwei Spielen hatte, wobei man die Karten auf meiner Hand zum Ende hin wohl wirklich auch unter "Sorgen" verordnen könnte, denn ein Blatt ist mir doch in Erinnerung geblieben: der Alte, sonst nur Siebner, Achter und Neuner unterschiedlicher Couleur.

Dass in Eichstätt gekartelt wird, hat sich übrigens bis nach Kösching rumgesprochen, auch von dort kommen Teilnehmer. Und sogar ein paar Exilschwaben sitzen am Nebentisch, um das Schafkopfen zu lernen. "Es ist schon schwerer als Gaigel", (Kartenspiel, das mit dem württembergischen Blatt gespielt wird) lautet das Fazit. Aber aufgeben gilt nicht - und vielleicht mache ich diesmal ja sogar Hausaufgaben.

Das Seminar, beziehungsweise der offene Treff findet jeden Freitag um 19 Uhr im Croatica statt.