Neuburg
Der "Aktenfuchs" geht in den Polit-Austrag

Horst Winter ist nicht mehr im Stadtrat und im Kreistag vertreten - Zweimal OB-Bewerber für die SPD

12.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:00 Uhr
SPD-Mann Horst Winter gehört dem neuen Neuburger Stadtrat nicht mehr an. −Foto: Schneider

Neuburg - Oberbürgermeisterkandidat, Landtagsbewerber, SPD-Fraktionschef, Dritter Bürgermeister: Horst Winter, Wahl-Neuburger, hat in seiner politischen Karriere einige Häkchen gesetzt.

 

Dem neuen Stadtrat und dem neuen Kreistag gehört der 67-Jährige nicht mehr an.

Seinen Abschied aus der Politik hat er nun aber nicht selbst gestaltet: Weil die Sozialdemokraten im Stadtrat nur noch auf drei Mandate und im Kreistag nur auf sechs Sitze kommen und Winter an der Stimmenzahl scheiterte, geht er jetzt in den Austrag. Und dabei ist er nicht gram: "Das ist immer eine Bewerbung um ein öffentliches Amt auf Zeit", sagt er. "Ich habe nie an Posten geklebt. " Aber er wollte immer etwas bewegen, nie nur halbe Sachen machen. "Mich für Menschen einsetzen, die dazu nicht in der Lage sind, Solidarität üben, das ist meins", sagt Winter und verweist auf seine Anfänge in der Politik. Die liegen übrigens in einem Betriebsrat eines großen Werks der Automobilbranche. "Da habe ich damals auch Herrn Hartz kennengelernt. " Und dass Winter letztlich seine politische Heimat in der SPD findet, lag nahe: "Ich bin ein Willy-Brandt-Kind", sagt er. Und er erinnert sich an einen Satz aus einem Buch von Bundeskanzler Helmut Schmidt. "Weil ich 70 Prozent meiner Ideen dort wiederfinde. " Eine hohe Identifikation also mit den Genossen. Eingetreten ist er erst in Neuburg im Jahr 2002 - vor allem animiert durch SPD-Galionsfigur Michael Kettner und den Lehrer Rainer Hamp. Dann nahm alles seinen Lauf: "Ich wollte gestalten, kleine Dinge, die ich auch sehe, verändern. " Zweimal - 2008 und 2014 - stieg Winter gegen OB Bernhard Gmehling in den Ring und wollte den Sozialdemokraten das Amt des Rathauschefs zurückerobern, beide Male misslang es. Der Kopf wurde nicht in den Sand gesteckt, im Gegenteil: 2013 schickten die Genossen Winter in den Landtagswahlkampf gegen den damaligen Ministerpräsident Horst Seehofer, der für den Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen ins Parlament einziehen wollte. "Ich bin der ,echte Horst'", machte Winter damals Werbung für sich. Er hätte gerne mindestens 25 Prozent gegen Seehofer errungen. 12,5 sind es für den "Aktenfuchs" geworden. Dass er diesen Titel von mehreren Seiten bekommen hat, sieht Winter gleichsam als kleine Auszeichnung. "Ich habe den Grundsatz, mich sehr intensiv vorzubereiten. "

Er rechnet vor: Habe es im Jahr 50 Gremientermine gegeben, so brauche er dafür etwa das doppelte bis dreifache an Einzelgesprächen. Denn die Themen seien manchmal komplex und er wolle wissen, über was da geredet werde. Auch, als er drei Jahre lang als Dritter Bürgermeister für die Stadt Neuburg gearbeitet habe.

Das stört ihn auch an der Stadtpolitik: "Man muss das Ganze im Blick haben. " Nicht nur Einzelprojekte machen, fordert er. "Hier mal 80 Meter Weinstraße, dort mal ein bisschen Parkdeck am Hofgarten. " Man müsse sich "mehr trauen", ein Gesamtkonzept erarbeiten. "In Neuburg wird zu sehr nach Sachen und Personen entschieden. " Die Mehrheit habe nicht immer recht, betont er. "Ich habe in zwölf Jahren das gemacht, was ich für richtig gehalten habe. "

Dass Winter vor mittlerweile über 30 Jahren in Bayern und schließlich in Neuburg gelandet ist, hat mit seinem vielfältigen beruflichen Lebenslauf zu tun. Von der Kfz-Mechaniker-Lehre über die Meisterschule kam er ins Marketing bei Audi, wo er unter anderem für Händlerveranstaltungen und die DTM zuständig war, bis er sich für einige Jahre mit seinem Sohn in Karlshuld mit einer Kfz-Werkstatt selbstständig machte, als freier Finanzmakler arbeitete und schließlich für ein paar Jahre noch ans BFZ in Ingolstadt wechselte. Dort war er unter anderem für die Prüfungsvorbereitung zuständig und macht das bis heute noch vertretungsweise.

"Mit 63 Jahren bin ich aber bewusst in Rente gegangen", erklärt er. Mit seiner Frau habe er das Leben "komplett umgestellt", das Haus in Heinrichsheim verkauft und eine Wohnung im Schwalbanger gemietet. Von dort wird jetzt fast alles mit dem Radl erledigt, im Garten geruht und trotzdem noch viel Engagement geplant. Denn: Politischer Ruhestand bedeutet für Winter eher Unruhestand. Er bleibe schließlich Kreisvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt in Neuburg-Schrobenhausen, arbeite im Präsidium des Bezirksverbands Schwaben mit, engagiere sich in Neuburg weiterhin für den Seniorenbeirat (Winter: "Da bin ich für die AWO drin, nicht als SPD-Mitglied") und wirke im Agenda-21-Arbeitskreis mit.

Jetzt verabschiede er sich "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" - nach zwölf Jahren als Stadtrat. Die Freundschaften, die entstanden seien, würden sicher weiter gepflegt - über Parteigrenzen hinweg. "Jeder ist zu ersetzen", sagt er. "Die Friedhöfe dieser Welt sind voll von den Menschen, die glaubten, sie seien es nicht. "

DK

 

Marco Schneider