Ingolstadt
Der älteste erhaltene Audi ist wieder da - vorübergehend

Mit hohem bürokratischen Aufwand konnte das Museum mobile den Typ A vom tschechischen Staat ausleihen

07.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:21 Uhr
"Für uns natürlich eine Ikone - aber leider gehört er uns nicht": Historiker Ralf Hornung (links) von Audi-Tradition und Ausstellungsmacher Stefan Felber freuen sich dennoch darüber, den Audi Typ A als Schmuckstück der aktuellen Sonderausstellung zu "150 Jahre August Horch" zeigen zu können. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Dass es sich bei diesem Fahrzeug um eine große Besonderheit handelt, das wird auf den ersten Blick klar: Als einziges Ausstellungsstück ist es von einer kniehohen Scheibe umgeben, also abgesperrt.

"Das war eine der Bedingungen", sagt Stefan Felber, der die Auflagen aber nur zu gerne erfüllt. Denn dadurch können er und die restliche Mannschaft des Museums mobile den ältesten Original-Audi überhaupt (wieder) zeigen; aber nur noch genau zwei Wochen, denn am Sonntag, 23. Juni, endet die Sonderausstellung zu "150 Jahre August Horch".

Der legendäre sächsische Autobauer, der aus seiner eigenen Firma gedrängt wurde und danach Audi (bekanntlich lateinisch für Horch) gegründet hat, entwickelte als erstes Gefährt eben jenen Typ A, von dem nur noch ein Original-Exemplar aus dem Jahr 1911 erhalten ist. Und das gehört dem tschechischem Staat, dem inzwischen gedämmert ist, was für eine Rarität er da in seinem Besitz hat. Das war nicht immer so, weiß Ralf Hornung, der als Historiker von Audi-Tradition die Fahrzeugflotte der Ingolstädter wie kein anderer erforscht hat; und dabei kam eben vor etwa 20 Jahren das Gerede über "einen "ganz alten Wagen in Prag" auf, den sich Hornung dann natürlich mal anschaute. Im dortigen nationalen Technikmuseum entdeckte er in einem eher unscheinbar wirkenden Fahrzeug tatsächlich einen Schatz, "den ältesten Audi, den es weltweit noch gibt". Produktionsnummer 78. Mit einem Motor, den Experte Hornung so noch nie gesehen hatte. Und alles in einem grandiosen Originalzustand, der so nicht zu erwarten gewesen wäre.

"Der Wagen lief offenbar nicht viel", sagt der Historiker. Das hing mit dem Ersten Weltkrieg zusammen. Damals sei der in Zwickau gebaute Audi von seinem Besitzer aus dem nordböhmischen Kamenicky Senov (Steinschönau) nach nur 2395 Kilometern (das zeigt der Tacho heut noch an) aus Angst vor Beschlagnahme zerlegt und auf dem Speicher seines Hauses versteckt worden. Bei einem Wert von geschätzt 5000 Reichsmark (Hornung: "viel, viel Geld damals") nur zu verständlich. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als der "Scheunenfund" in das Eigentum der Tschechoslowakei übergegangen war, wurde der Wagen wieder aufgebaut. Aber eben erst als der Audi-Historiker dann in Prag auftauchte, wurde die ganze Dimension des historischen Werts langsam deutlich.

Dass der tschechische Staat natürlich auf seinen nationalen Besitz schaut, bekamen die Audi-Museumsleute jetzt zu spüren, als sie den Typ A für die Horch-Ausstellung anfragten- und das guten Mutes, da man ihn bereits 2009 für den 100. Geburtstag der Marke Audi hatte leihen können. "Was die politische Ebene betrifft, war es das schwierigste Auto, das wir je bekommen haben", fasst Ausstellungsmacher Felber jetzt zusammen. "Bei staatlichen Stellen kann ich keine Überzeugungsarbeit leisten, die haben ihre Auflagen beziehungsweise Aufgaben. " Und die galt es zu erfüllen. Die Umrandung für das Auto war noch der geringste Teil. Zuvorderst brauchte es eine schriftliche Garantie, dass der Wagen auch wieder nach Prag zurückgeht. Und die konnte nicht Audi alleine leisten, sondern das musste der bayerische Staat übernehmen - und zwar in der bürokratisch perfekten Form. Demgegenüber kam auch letztlich die Freigabe für das Leihgeschäft direkt vom tschechischen Kulturministerium. Versicherung und Transport des Kulturguts nach Ingolstadt übernahm das tschechische Nationalmuseum selbst. Aufgesetzt wurde dafür ein bilateraler Kooperationsvertrag, bei dem sich die Ingolstädter auch zum Verleihen eines Wagens verpflichteten: 2021 soll (und muss) ein Auto-Union-Rennwagen vom Typ D nach Prag geschickt werden. "Wir haben erst am Tag der Ausstellungseröffnung alles unterschreiben können", beschreibt Felber, wie eng es letztlich war - und wie hoch die Hürden. Nun freuen sich alle, dass der Typ A wieder da ist - auch wenn er das natürlich auch nur kurz sein kann.

Christian Rehberger