Scheyern
Der Admiral und seine Rose

US-Bundesstaat Texas ehrt Scheyrer Ehepaar Karin und Heribert Reiter für soziales Engagement

08.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr

Hohe Auszeichnung: Das Scheyerer Ehepaar Heribert (2.v.l.) und Karin Reiter (2.v.r.) wurde vom US-Bundesstaat Texas für sein soziales Engagement geehrt. Scheyerns Abt Markus (l.) präsentierte eine Fotocollage mit Bildern von Projekten, die mithilfe der Reiters realisiert wurden, Brigadegeneral Michael Gschoßmann (Mitte) nahm die Ehrung vor. Dankesworte kamen auch von Landratsstellvertreter Anton Westner (3.v.r.) und dem Scheyerer Bürgermeister Manfred Sterz (r.). - Foto: Gegger

Scheyern (PK) Es ist die Würdigung eines Lebenswerks, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat. Der Staat Texas hat einem Scheyerer Ehepaar zwei seiner höchsten Auszeichnungen verliehen: Heribert Reiter ist Ehren-Admiral der Texas Navy, seine Frau Karin bekam die Yellow Rose of Texas überreicht.

Mit der feierlichen Übergabe der Urkunden im Scheyrer Rathaus hat sich der US-Bundesstaat für das jahrzehntelange ehrenamtliche Engagement des Ehepaares bedankt, das in den 1980er Jahren seinen Anfang nahm. Insgesamt sechs Jahre lang war Heribert Reiter mit seiner Familie als Luftwaffenoffizier im texanischen El Paso stationiert und lernte dort das große Elend in den Armenvierteln im benachbarten Juarez kennen. In der mexikanischen Grenzstadt waren und sind auch heute noch Tausende Flüchtlinge auf dem Weg in die USA gestrandet. Am meisten leiden unter den katastrophalen Bedingungen dort die Kinder. Vor allem ihnen versuchte das Ehepaar zusammen mit vielen anderen deutschen Soldaten zu helfen. "Wir unterstützten den Aufbau und Unterhalt von Schulen in der Randzone von Juarez", erinnert sich Reiter. Vielen Kindern konnte damit eine Schulbildung und der Start in ein Berufsleben ermöglicht werden.

Zurück in Deutschland ließ den Reiters das Schicksal der Flüchtlinge keine Ruhe. Bereits in seiner Zeit in Texas war der Bundeswehroffizier in der Weihnachtszeit in die Rolle des Nikolaus geschlüpft, um den dort stationierten deutschen Soldatenfamilien ein Stück Adventszeit zu schenken - und schon damals flossen die dabei gesammelten Spenden in die Schulprojekte in Juarez. Und auch in der Heimat war der wohl einzige Nikolaus im Offiziersrang ein gefragter Mann. Nikolausbesuche in Familien, Schulen und Kindergärten, bei Schulfesten oder Familienfeiern von Förderern - es gab genügend Anlässe, in denen Heribert Reiter und seine Frau Karin auf das Schicksal der Kinder in Juarez aufmerksam machten. Zusätzlich wird inzwischen auch ein Projekt unterstützt, um die Lebenssituation von Indios im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua zu verbessern.

110 000 Euro konnten dank des Engagements der Scheyerer Familie und ihrer zahlreichen Helfer mittlerweile in die verschiedenen Projekte investiert werden - und das soll es nicht gewesen sein: Der Nikolaus aus Scheyern will noch lange für die Kinder von Juarez unterwegs sein - und wohl, wie seine Frau Karin scherzhaft anmerkte, der erste Nikolaus mit Rollator werden.

Bei der Verleihung der Auszeichnungen, bei der Familie, Freunde und viele Weggefährten der Reiters mit dabei waren, ging es feierlich zu, von ein steifen Atmosphäre konnte allerdings nicht die Rede sein. So hatte Brigadegeneral Michael Gschoßmann einen ganz persönlichen Grund, warum ausgerechnet er die Ehrung vornahm. Schließlich war Heribert Reiter - von 1974 bis 1980 Kommandant in Scheyern - sein erster Batteriechef, als er während seiner dreimonatigen Dienstzeit in der Schyren-Kaserne "als junger Fahnenjunker auf die Truppe losgelassen wurde." Dass Gschoßmann nun Jahrzehnte später als General vor ihm stand, überraschte seinen früheren Vorgesetzten übrigens keineswegs: "Wer in Scheyern ist - und sind es auch nur drei Monate - aus dem wird was", so die trockene Antwort des 77-Jährigen, der sich bei allen Anwesenden und langjährigen Mitstreitern herzlich bedankte.

Während der Brigadegeneral bei der Verleihungszeremonie die Yellow Rose of Texas für Karin Reiter als absolut angemessen fand, bezeichnete er den neuen Titel für ihren Gatten Heribert als einzigartig: "Ein ehemaliger deutscher Luftwaffenoffizier wird Ehrenadmiral der texanischen Marine".

Auch die übrigen Redner stellten nicht nur das soziale Engagement des Ehepaares, sondern auch ihre persönlichen Beziehungen zu den Reiters in den Vordergrund: Abt Markus konnte ebenfalls über "457 Tage Bundeswehr" berichten, und ebenso wie Nikolaus Heribert stünden ihm als Abt Stab und Mitra zu. "Für ihre Arbeit für Menschen, denen es viel schlechter geht als uns, danke ich Ihnen von Herzen", sagte der Geistliche an das Ehepaar gewandt. Scheyerns Bürgermeister Manfred Sterz erinnerte sich gerne an die Besuche von "Nikolaus Heribert" bei seinen Töchtern. Und Landratsstellvertreter Anton Westner, der auch über das "großartige Wirken" von Heribert Reiter als Mesnerhaus-Museumsleiter berichtete, kann sogar ein weitschichtiges Verwandtschaftsverhältnis zum Ehepaar vorweisen.

Die Auszeichnungen selbst konnten sich sehen lassen: Eingefasst in großen, edlen Rahmen, verziert mit USA-typischen Sternen, Bannern und Wappen, wurden die beiden von Gouverneur Greg Abbott unterzeichneten Urkunden eindrucksvoll präsentiert. Die Yellow Rose of Texas, in Deutschland vor allem als traditioneller Folksong und Marsch im amerikanischen Bürgerkrieg bekannt, ist die höchste Auszeichnung des US-Bundesstaates Texas, die an eine Frau verliehen werden kann. Die Texas Navy ist 1846 in der Marine der Vereinigten Staaten aufgegangen, aber noch heute werden Offiziere vom Gouverneur für überragende Verdienste mit dem Titel eines "honorary Admiral of the Texas Navy" ausgezeichnet.