Neuburg
"Den Leuten die Wahrheit sagen"

<DK-XY_trifft>KANDIDATEN IM PORTRÄT: </DK-XY_trifft>Norbert Mages will für die Grünen neuer Landrat werden

27.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:30 Uhr
Will es wissen: Norbert Mages. Der 59-jährige Gymnasiallehrer, der seit fast 20 Jahren Ortsvorsitzender der Grünen in Neuburg ist, kandidiert nun für das höchste politische Amt im Landkreis. −Foto: Schneider

Neuburg (DK) Er war schon immer ein "politisch denkender Mensch", sagt Norbert Mages.

Nun will er sich in seinem Wahlheimat-Landkreis Neuburg-Schrobenhausen politisch nicht nur als Ortsvorsitzender der Grünen einbringen, Wahlkämpfe für andere organisieren, Plakate kleben - dieses Mal will Mages es selbst wissen. Der 59-jährige Lehrer bewirbt sich um die Nachfolge von Roland Weigert und will als Landrat an die Spitze des Landkreises wechseln. "Demokratie lebt vom Mitreden", sagt der hochgewachsene Mann, der an diesem schmuddeligen Winternachmittag in seiner Küche in der Oberen Altstadt sitzt. Er knetet immer wieder die Hände während des Gesprächs und lächelt. "Nicht zuletzt die Landtagswahlergebnisse und dass in Baden-Württemberg die Grünen an der Regierung sind, haben mit den Ausschlag gegeben, diese Chance jetzt zu nutzen. "

Dabei weiß der Lehrer für Englisch und Französisch durchaus, wie sich so ein Landratswahlkampf anfühlt - es ist nicht sein erster. 1993 kandidierte Mages für die Grünen im Landkreis Lichtenfels und holte aus dem Stand bei drei Mitbewerbern acht Prozent. Sein Engagement bei den Bündnisgrünen kommt dabei nicht von ungefähr.

Nicht nur, dass Mages als Kind unwahrscheinlich gerne draußen war - "ich war ein Wald- und Wiesenkind". Es war vielmehr die Schüler- und Studentenzeit in Regensburg, die den aus Wernberg-Köblitz (Kreis Schwandorf) stammenden Gymnasiallehrer geprägt hat. "Wir sind durch unsere Lehrer an die Politik herangeführt worden. " Der Deutschlehrer sei dann noch SPD-Stadtrat gewesen, man habe durchaus viel zu politischen Fragen in der Schule diskutiert. Später hat er im Studium gemeinsam mit den Kommilitonen diese Diskussionen fortgesetzt. Der BR-Filmemacher Dieter Wieland ("Grün kaputt") gab dann schließlich den Ausschlag, in den Bund Naturschutz einzutreten. Nach einer Wieland-Ausstellung "bin ich mit anderen Augen durch die Welt gegangen". Und dann kam Wackersdorf, 40 Kilometer Luftlinie vom Heimatort entfernt. Von der ersten Demo gegen die Ansiedlung der Wiederaufbereitungsanlage an war Mages mit dabei, vor allem in Regensburg: "Ich war voll im Geschehen", erinnert er sich. Selbst, als er an der University of Oregon in den USA arbeitete, "war ich von der Ferne aus mit dabei".

1990 folgte die erste Planstelle als Lehrer in Lichtenfels - nah an der Grenze zu den "neuen Bundesländern" und wieder mittendrin im Geschehen rund um Verkehrsprojekte zur deutschen Einheit. Mages engagierte sich als Vorsitzender in der Bürgerinitiative (BI) für "das bessere Bahnkonzept" gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürnberg und Halle/Leipzig. "Das hat mich auf die Palme gebracht", weiß Mages heute noch. Genauso wie später in Neuburg der Bau eines Parkdecks im historischen Graben unterhalb der Stadtmauer oder die Ostumfahrung durch den Donau-Auwald, bei der es sogar zum Bürgerentscheid kam.

1992, noch als junger Lehrer, trat Norbert Mages den Grünen bei, machte weiter mit beim Bund Naturschutz, gründete eine Ortsgruppe in seinem Wohnort im Kreis Lichtenfels, hielt Vorträge zum Klimawandel. "Das war schon eine sehr bewegte Zeit", meint er heute lachend. "Ich bin von der Schule heimgekommen, habe die Sachen dafür erledigt und abends war ich dann unterwegs. " Das Engagement war dann aber gerade in den 2000er-Jahren etwas gedämpfter. "Mit einer jungen Familie muss man ein wenig kürzer treten. " Mages war 1996 frisch verheiratet nach Neuburg gezogen, Lehrer am Descartes-Gymnasium geworden und hatte sich mit seiner Frau in der Oberen Altstadt in einem denkmalgeschützten Haus niedergelassen. Den Plan für die Renovierung und den Umbau des Hauses hat er übrigens selbst entworfen, wie er in einem Nebensatz erwähnt. Mittlerweile hat das Ehepaar zwei 13 und 16 Jahre alte Söhne. Gemeinsame Zeit, das Faible für Natur und Architektur zu leben, genießt die Familie. "Sie ist heute auch mein Ausgleich", zum politischem Engament und zur Schule - mittlerweile ist der Studiendirektor Seminarlehrer für das Fach Englisch am Gymnasium Donauwörth.

Denn ganz von der Politik konnte Mages nie lassen. Schon seit fast 20 Jahren leitet er den Ortsverband der Grünen in Neuburg. Darin habe er Erfahrung, wie er mit Verweis auf die Bürgerinitiative betont. Das soll ihm auch als Landrat zugutekommen. "Ich war dort oft in der Mediationsrolle", berichtet er. Schließlich sei die BI ein überparteiliches Bündnis gewesen und man habe nach Kompromissen suchen müssen. Moderieren sei gefragt. "Ich habe geschaut, dass jeder etwas gewinnen kann. " Und: "Mir ist wichtig, dass die Betroffenen verstehen, warum etwas geht oder warum nicht. " Das gelinge ihm eigentlich ganz gut, auch im Beruf als Ausbilder für angehende Englischlehrer. Verschweigen dürfe man da nichts, sagt er. Wenn er merke, jemand ist für den Lehrberuf nicht geeignet, dann müsse man das sagen. Nicht anders verhalte es sich mit der Politik: "Man muss den Leuten die Wahrheit sagen. " Hinzu komme für ihn ein vom Elternhaus geprägtes "enormes Gerechtigkeitsempfinden". Das wolle er als Landrat auch einbringen, sagt Mages und schiebt nach: "Veränderungen passieren nicht, wenn man sich nicht selbst engagiert. "

Marco Schneider