Reichertshausen
"Demokratie ist manchmal grausam"

Mammutdiskussion im Reichertshausener Gemeinderat über Gestaltungsfragen am Friedhof

15.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:04 Uhr

Reichertshausen (hsg) Im Mittelpunkt der Juni-Gemeinderatssitzung in Reichertshausen haben die Stelen und Baumgräber im neuen Teil des Waldfriedhofs gestanden.

Darüber ist lange nicht das letzte Wort gesprochen, wie sich nach langer Diskussion am Donnerstag herausstellte.

Dabei war der erste Punkt relativ schnell geklärt, denn aufgrund eines Hinweises der Stadt Pfaffenhofen sind die Kosten für die Namenstafeln nicht in den Friedhofsgebühren enthalten. Sie müssen daher von den Hinterbliebenen getragen werden, so die Information von Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU). Diese betragen in der Kreisstadt 250 Euro je Tafel. Heinrich schlug für Reichertshausen 200 Euro vor, was im Vergleich mit den Kosten herkömmlicher Grabsteine in keiner Relation stehe. Die Beträge unterstützten die Refinanzierung der Baukosten des neuen Friedhofsteils. Da die Stelen pro Fach mit bis zu drei Urnen belegt werden können, muss gegebenenfalls die Tafel ausgetauscht werden, wenn zusätzliche Namen aufgrund der vorherigen Gestaltung keinen Platz finden. Die Gebühren für die Tafel sind dann erneut fällig. Im Sinne einer Kostendeckung des Friedhof-Defizits schlug Konrad Mayer (SPD) "durchaus vertretbare 250 Euro" vor, dem folgten Wolfgang Linner (CSU), Konrad Moll (UWG) und letztlich der Gemeinderat insgesamt.

Eigentlich hatte die Verwaltung die Gestaltung der Namenstafeln auf den Urnenstelen und unter den Friedbäumen auf dem erweiterten Waldfriedhof schon ad acta gelegt. In der Gemeinderatssitzung vom 21. Juni 2018 hatte man einen diesbezüglichen Beschluss gefasst. Der beinhaltete Vorname, Nachname, Geburts- und Sterbedatum. Die Wahl der Schriftarten und -farben war den Angehörigen freigestellt, Fotos oder grafische Schmuckelemente waren nicht zulässig. Schon bei der ersten angebrachten Tafel auf einer der Stelen aber wurde dem zuwidergehandelt. Diese enthält lediglich einen Vornahmen, darunter eine kryptische Dreier-Buchstabenkombination. Um wen es sich bei der Verstorbenen handelt, wissen nur die Hinterbliebenen.

In diesem Zusammenhang warf der Gemeindechef die Frage auf, welche Spielregeln für die Stelen künftig gelten sollten. Und für die gab es unter den Räten eine ganze Palette unterschiedlicher Meinungen, die bis ins Detail diskutiert wurden. Da standen - unabhängig von Fraktionszugehörigkeiten - die "Konservativen" diametral den "Liberalen" gegenüber, bis sich die Diskussion in haarspalterische Details entwickelte. Die reichten bis zur Darstellung eines Datums, ob ganz oder nur als Jahresnennung. Zwischen streng normiert oder völlig frei in Sprache, Grafik, Foto oder Grafiken spann sich die Meinungsvielfalt, die nicht mehr zu enden drohte. Sein Heil suchte Heinrich in einer Reihe von Abstimmungen zu den einzelnen Vorschlägen, deren Inhalte und Reihenfolge erst mal vorweg diskutiert wurden, bevor man mit den Abstimmungen beginnen konnte. Trotzdem aber erreichte keine eine Mehrheit, die Verwirrung war komplett und die Abstimmung verlief letztlich ergebnislos, bis Konrad Moll den Gordischen Knoten durchtrennte und beantragte, das Thema zu vertagen. Das traf die Intention des Bürgermeisters, dessen Seufzer "Demokratie ist wunderschön, aber manchmal aber auch grausam" die Situation auf den Punkt brachte. Heinrich forderte die Fraktionssprecher auf, gemeinsam einen Vorschlag zu erarbeiten - und diesen erneut vorzulegen.

Die Gestaltung der Namenstafeln unter den Baumfriedgräbern dagegen verlief vergleichsweise unkompliziert. Die Inschriften müssen in Schwarz gehalten werden, da andere Farben durch das Drübermähen verschmutzen oder verblassen. Welche Schrifttype verwendet wird, ist freibleibend. Dem folgten die Räte mehrheitlich.