Eichstätt
Dem "Unlösbaren" auf der Spur

Der Künstler und Theologe Stefan Weyergraf stellt in der "Galerie 47" Werke zum Reflektieren aus

17.03.2021 | Stand 21.03.2021, 3:33 Uhr
Mit Bildern die Fragen des Lebens neu stellen: Das hat sich Stefan Weyergraf zur Aufgabe gemacht. −Foto: Kusche

Eichstätt - Wer bei einem Gang durch die Pfahlstraße an der kleinen Galerie "47" vorbeikommt, dessen Blick fällt auf die farbintensiven Öl- und Acrylgemälde im Schaufenster und von dort direkt auf zwei großformatige Gemälde an den Wänden. In der kleinen Kunstgalerie stellt in diesen Wochen der Eichstätter Künstler und Theologe Stefan Weyergraf eine Auswahl eindrucksvoller Arbeiten aus, die zum Nachdenken, Interpretieren und auch Nachfragen inspirieren sollen.

"Insolubilia - Unlösbare", so hat Weyergraf seine Ausstellung betitelt, die, wie in den Werken des Eichstätter Künstlers üblich, viele lebensphilosophische, theologische und sinnliche Themen ansprechen möchte: Wie gehen wir mit den Herausforderungen der Zeit um? Wie können wir bestimmte Probleme lösen? Gibt es da vielleicht auch "Unlösbares"?

Diese und weitere zentrale Lebens- und Sinnfragen sind es, die Weyergraf nach Monaten des Corona-Lockdowns und einer insgesamt sehr kreativ genutzten Zeit dazu inspiriert haben, sich auch künstlerisch mit Themen auseinanderzusetzen, die uns derzeit bewegen: "Auch die aktuelle Fastenzeit betrachte ich als passende Jahreszeit, ein wenig zum Nachdenken zu kommen und Sinnfragen zuzulassen", betont der Theologe.

Im Zentrum seiner neuen Ausstellung "Insolubilia" steht ein fast zweimal zwei Meter großes Werk, das Weyergraf im Februar 2021 fertigstellte und das in dominant zart-hellblauen Farbtönen eine Winterlandschaft zeigt: "Es entstand an einem meiner Lieblingsorte der Region, in Stepperg, wo der Blick zugleich auf den Antoniberg mit Antoniberg- und Gruftkapelle und das Donautal mit seinem Waldgebiet fällt" erläutert Weyergraf, der sich, anders als sonst, für dieses großformatige und ausdrucksstarke Werk sehr viel Vorbereitungszeit nahm, Landschaft und Ausblicke in Stepperg fotografierte und Skizzen und Zeichnungen per anfertigte.

Doch natürlich war es nicht Weyergrafs Intention, seinen Lieblingsort einfach in einem winterlichen Gemälde wiederzugeben. Inspiriert durch einen alten Holzstich, den Weyergraf im Rahmen von Online-Archivrecherchen in einem Logik-Traktat in einer alten, erstmals 1498 und 1504 wiederaufgelegten Enzyklika mit dem Titel "Margarita Filosofica" entdeckte, ergänzte der Künstler sein Werk um eine Jagdszene - zwei kämpfende oder spielende Hunde, einen Jäger oder Forscher, ausgestattet mit Fernrohr, sowie einen davonspringenden Hasen. Allesamt fast irreal, eher Schatten als wirklichen Figuren ähnelnd. "Inspiriert hat mich der alte Holzstich mit dem Titel "Bild der Logik" aus der Enzyklika von 1504, der sich in verschiedenen Allegorien mit der Logik auseinandersetzt", erläutert Weyergraf. So werden in diesem Stich neben einem Jäger auch zwei Hunde als Allegorien der "Veritas", der Wahrheit, und der "Falsitas", der Unwahrheit, sowie ein Hase als "Problema", Aufgabe oder Streitfrage, dargestellt.

Genau dies sind auch Themen, die Künstler und Theologe Weyergraf in verschiedenen Dimensionen immer wieder intensiv beschäftigen: "Bei meinen Bildern geht es immer darum, was die Wirklichkeit eines Bildes ist", betont er. In seiner großformatigen Winterlandschaft Steppergs spielt der Künstler dann auch mit geradezu fotografisch anmutenden Elementen und der eingefügten Jägerszene im Vordergrund des Bildes, die ihre Wirkung als starker Kontrast oder gar Bruch in faszinierender Weise entfalten kann.

Diese Kunst des Kontraste-Schaffens oder, bei einigen Werken auch Einarbeitens herausstechender Details oder Objekte, die den Betrachter in ganz besonderer Weise zum Nachdenken anregen, beweist Weyergraf auch in seinen anderen ausgestellten Arbeiten durchgängig.

Neben der Stepperger Winterlandschaft sticht auch sein ebenfalls großformatiges und farbkräftiges Werk "Wittgenstein" hervor, das Weyergraf im Rahmen eines Zyklus über Dichter und Denker und deren philosophischen Ansätze angefertigt hat. Ganz im Zentrum des Bildes ist die gerade im Wegfallen begriffene "Leiter", jene Metapher des Philosophen Ludwig Wittgensteins über das Lernen, das über Stufen erfolge, um über diese hinauszuklettern. Nachdem der Mensch eine Leiter bestiegen und sie erklommen habe, könne er sie schließlich wegwerfen und, gemäß Wittgenstein, die Welt richtig sehen. Auch Weyergraf greift diese Metapher in seinem Bild auf - nicht ohne allerdings auch mit entsprechenden Verkehrsschildern die Gefahr von "Einbahnstraßen" aufzuzeigen.

Auch seine weiteren Werke aus aktuellen Malphasen, aber auch aus früheren Zeiten, bieten dem Betrachter Möglichkeiten, Seh-Erlebnisse der besonderen Art zu genießen. So sieht man in einem weiteren Werk Weyergrafs eine Frau nachdenklich auf einem Felsen sitzend in eine irreale Landschaft blicken, einen Jüngling auf einem gepackten Koffer warten, oder ein Paar, dessen Gesichter und Beine gespenstisch von Nebenschwaden verdeckt werden, so als hätten sie sich in der sie umgebenden Landschaft verloren. Auch vor kritischen Themen scheut der Künstler nicht zurück, wenn er eine leuchtend weiße Prozessionsfahne wie weggeweht über einer Seelandschaft schweben lässt.

Alle Bilder Weyergrafs lassen Fragen aufkommen und inspirieren zur Reflexion und Diskussion "Das Entscheidende an jedem Bild ist das Seh-Erlebnis und die Frage, ob der Betrachter in das Bild einsteigt oder nicht", betont Weyergraf. Das Bild sei schließlich immer das Einstiegsfenster, erst danach könne mit dem Eigentlichen begonnen werden: dem Betrachten der Farben, der Details, der Suche nach dem Sinn oder der ?Wahrheit' des Bildes, der eigenen Interpretation.

Die Ausstellung in der Pfahlstraße 47 kann nach telefonischer Absprache mit Stefan Weyergraf besichtigt werden. Er ist unter Telefon (08421)-902593 oder E-Mail Stefan-Weyergraf-Streit@p2-online.com zu erreichen.