Eichstätt
Dem Tod von der Schippe gesprungen

Am Krötenzaun bei Weißenkirchen wurden in der ersten Woche bereits 1000 Exemplare gerettet

31.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:01 Uhr

Das Erdkrötenmännchen im oberen Bild und 34 weitere Kröten konnten die Helfer an einem Abend am Zaun bei Weißenkirchen vor dem Straßenverkehr bewahren (unten links). Auch am Schelldorfer Weiher und zwischen Schelldorf und Stammham wurden Zäune aufgebaut. Wie jedes Jahr wollen der LBV, der Bund Naturschutz und freiwillige Helfer die Kröten und Molche schützen. - Fotos: Gugenberger/Rinke

Eichstätt/Weißenkirchen (EK) Im Landkreis Eichstätt hat die Zeit der Krötenwanderungen begonnen. Auf ihrem Weg werden immer noch viele Tiere von Autos überfahren. Das versuchen freiwillige Helfer des Bund Naturschutz mit Krötenzäunen zu verhindern.

"Einen Doppeldecker haben wir schon!", rufen die jungen Helfer dem Verantwortlichen für den Krötenzaun bei Weißenkirchen, Johann Beck, schon zu, als er aus seinem Auto aussteigt. Damit meinen sie ein Männchen, das sich an seinem Weibchen festklammert, also zwei Kröten auf einmal. Die Krötenwanderungen haben heuer wetterbedingt recht spät begonnen, dafür "laufen" sie jetzt umso besser. Seit Karfreitag patrouillieren die ehrenamtlichen Helfer des Bund Naturschutz und des Landesbandes für Vogelschutz am etwa 800 Meter langen Krötenzaun. An insgesamt elf Zäunen in der Region helfen etwa 40 Freiwillige den Tieren über die Straße.

In Weißenkirchen werden vor allem Erdkröten gerettet. "Letztes Jahr hatten wir aber auch einen Molch", erzählt der 13-jährige Daniel. Er und sein gleichaltriger Freund Paul sind schon das zweite Jahr dabei und kennen sich aus mit Amphibien - dafür sorgt unter anderem Johann Beck, ehemaliger Biologie- und Physiklehrer am Willibald-Gymnasium. Pauls Vater Johann ist auch mit von der Partie, er dokumentiert die Funde am Zaun. "Natürlich könnten wir die Tiere einfach auf die andere Seite tragen, aber der Forscherdrang ist eben auch da", verrät Beck schmunzelnd. Die Krötensuche beginnt mit einer Wiederholung der bekannten Merkmale: Das Männchen muss sich manchmal bis zu zwei Wochen am Weibchen festhalten, bis die beiden das Laichgewässer erreichen - wenn das Wetter schlecht wird, kann der bis zu fünf Kilometer lange Weg vom Winterquartier sich lange hinziehen. "Deshalb", erklärt Johann Beck, "hat das Männchen schwarze Schwielen an den Fingern, um sich lange festhalten zu können". Auch an anderen Merkmalen erkennt man das Geschlecht des Frosches. Das Weibchen füllt mit seiner Größe eine Hand aus, das Männchen ist eher klein. Das liegt unter anderem daran, dass das Weibchen bis zu 8000 Eier im Körper trägt, jedes mit einem Durchmesser von bis zu einem Millimeter. Zudem geben die Männchen bei leichtem Druck oberhalb der Vorderbeine einen sogenannten "Befreiungsschrei" von sich - so machen sie andere Männchen auf ihr Geschlecht aufmerksam. Sollte ein Männchen ein anderes besteigen, deckt der Ruf den Irrtum schnell auf.

Erdkröten haben im Gegensatz zu Fröschen eine runzlige Haut. Hinter den Ohren sitzen die großen Drüsenwülste, die Bitterstoffe produzieren. So hält die Kröte ihre Feinde ab - Menschen sollten sich nach dem Kontakt mit den Tieren die Hände waschen. Erdkröten haben eine waagrechte Pupille und atmen, indem sie schlucken, deshalb ist der Krötenhals ständig in Bewegung.

Mit Eimern und Taschenlampen ausgerüstet, geht es mit Einbruch der Dunkelheit für die freiwilligen Helfer los. Es ist wieder kühler, den ganzen Tag hat es nicht geregnet - Johann Beck rechnet mit einer geringen Ausbeute. Seine beiden jungen Helfer machen aber einen Fund nach dem anderen. Am Zaun und auch in den in regelmäßigen Abständen in den Boden eingelassenen Eimern tummeln sich die Erdkröten, mal als "Doppeldecker", öfter aber als Einzelgänger.

Und auch ein ganz besonderes Tier ist an diesem Abend im Krötenzaun gelandet: Der Springfrosch zählt zu den in Bayern gefährdeten Arten. Seine Sprungkraft von bis zu zwei Metern zeigt er den Naturfreunden aber nicht. Nach wenigen kurzen Sprüngen ist er auf der sicheren Seite der Straße bereits im Gras verschwunden.

Nach 800 Metern Zaun ist Johann Beck mit der Krötenzahl zufrieden. 25 Männchen, zehn Weibchen und den Springfrosch konnten er und sein Team über die Straße tragen. Bei dem Wetter sei das gar nicht schlecht, so Beck. Seiner Auffassung nach könnte die Wanderung auch bald schon wieder vorbei sein, wenn das Wetter feucht und mild bleibt. Darauf könne man sich aber nicht verlassen. Deshalb seien freiwillige Helfer so wichtig: Es wollen nicht immer die Gleichen nachts auf die Pirsch gehen. Wer Lust hat, kann sich direkt bei Johann Beck, Telefon (08421) 3161, anmelden und wird dann vor den Einsätzen benachrichtigt.

In dieser Woche konnten seit Karfreitag allein am Zaun bei Weißenkirchen etwa 1000 Kröten auf die sichere Straßenseite getragen werden. Dort befindet sich das Laichgewässer der Tiere - wenn sie das erreicht haben, ist der Krötennachwuchs gesichert.