Wer
Dem Karl sein Dorf

08.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:20 Uhr

Wer unter 50 ist, weiß das ja schon gar nicht mehr, darum muss man es – auch das gehört zu den Aufgaben einer Heimatzeitung – ab und zu mal wieder schreiben: Karl Seitle war nicht „schon immer“ Bürgermeister von Karlshuld. Und, das mag manchen nun schockieren: Die Gemeinde ist gar nicht nach ihm benannt.

Nein, entweder Kurfürst Karl Theodor oder der Reichsfreiherr Karl Wilhelm Joseph Adam von Eckart war’s, der diesem lieblichen Stück Land (das damals freilich noch eher als Sumpfloch galt) seinen Namen gab. Dies geschah bereits 1795. Karl Seitle wurde erst etwas später erstmals zum Bürgermeister gewählt.

Und seitdem, darauf weist er selbst immer am allerliebsten hin, hat seine Gemeinde einen steilen Aufstieg hingelegt: Donaumoosmetropole. Mehr Einwohner als jede andere Gemeinde (oder Marktgemeinde) im Landkreis. Und, natürlich: „Alles schon bezahlt.“

In einer Gemeinde wie Karlshuld haben es sogar die Asylbewerber besser. Hier wohnen sie nicht einfach in einem Flüchtlingsheim, sondern in einer Vorstadtvilla. Mit eigenem Badeweiher! Überhaupt, man ist Multikulti im Karl seiner Gemeinde. Nicht nur, dass es hier eine evangelische Gemeinde gibt, auch der katholische Pfarrer kommt aus der großen, weiten Welt. Auf den Serben Pero Ljubicic – der nach eigenen Worten nicht sehr erfolgreich gewesen sei, weil er in Karlshuld nur zwei Menschen mehr getauft als beerdigt habe – folgte der Nigerianer Paul Igbo.

Der braucht sicherlich noch ein paar Jahre, bis er seine Leute so gut kennt, wie es der Seitle-Karl tut. Der weiß zum Beispiel, dass er die rebellischen Anwohner der Schrobenhausener Straße schnell besänftigt, wenn er sie zur Radwegeröffnung einlädt und dann auch noch für eine Brotzeit sorgt.

Eines Tages wird man sich wohl fragen, nach wem nun Karlshuld benannt wurde: Nach dem Kurfürsten Karl Theodor? Nach dem Karl von Eckart? Oder nicht doch nach dem Karl Seitle? bdh