Hilpoltstein
Dauerkampf gegen die Last des Verkehrs

Bürgerentscheid in einem Monat

14.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:41 Uhr

Eine Bürgerinitiative pro Umgehung ist für Hilpoltstein kein Novum. Schon in den 1980er Jahren machten sich Bürger für eine große Umgehung der Stadt stark. Eine Premiere ist allerdings die Initiative dagegen, die gab es damals nicht. - Foto: Meyer

Hilpoltstein (HK) Heute in einem Monat wird beim Bürgerentscheid in Hilpoltstein über die Umgehung abgestimmt. Dabei wird schon seit Generationen über eine Trasse um die Burgstadt diskutiert. Denn jeher klagen die Hilpoltsteiner über die Verkehrslast und suchen verzweifelt nach Möglichkeiten, sich davon zu befreien. Der Altstadtring, der fast auf den Tag vor 13 Jahren eingeweiht wurde, war ein erster Durchbruch. Ein Rückblick.

Ein zumindest kleiner Befreiungsschlag war am 16. Oktober 2002 die Freigabe des Altstadtrings, immerhin hatte sich bis dato ein Großteil des Verkehrs durch Zwinger- und Christoph-Sturm-Straße gezwängt. Dass dem Ring aber das Zeug zum großen Wurf fehlt, war vielen Leuten schon damals bewusst. Nun habe man Zeit zu sehen, ob die Straße etwas bringe, sagte Landrat Herbert Eckstein (SPD) beim Durchschneiden des Bandes vielsagend - nicht zuletzt deshalb, weil das Konzept des Altstadtrings 2002 schon 25 Jahre auf dem Buckel hatte.

Wann es richtig konkret wurde, ist schwer festzumachen, ein wichtiges Datum ist aber der Juni 1979. Nachdem wieder einmal Panzerkolonnen die Innenstadt lahmgelegt hatten, machte damals Bürgermeister Leo Benz (CSU) ernst und schickte die „Anträge zur Verbannung des Schwerlastverkehrs aus der Hilpoltsteiner Innenstadt“ an Landratsamt, Regierung und Straßenbauamt.

Zuvor hatte sich der Stadtrat darauf geeinigt, dass Lkw und Busse künftig über die Bahnhofsstraße und die Industriestraße umgeleitet werden. „Kleine Umgehung“ hatte man das genannt, noch nicht Altstadtring. Die Idee, die Altstadt zu entlasten, ist allerdings noch älter. Zu entnehmen ist dies einer Äußerung, die 1981 bei einer Bürgerversammlung gemacht worden ist. Schon seit 25 Jahren stehe eine kleine Umgehung im Raum, aber es werde nie genügend Druck zur Umsetzung gemacht, hat da ein Bürger geklagt. Da verwundert es nicht, dass der Ring oft eine „unendliche Geschichte“ genannt wurde.

Nach Benz’ Anträgen präsentierte das Straßenbauamt 1981 erstmals Pläne für eine kleine Umgehung, um dann weitere zwei Jahre verstreichen zu lassen, bis es dem Stadtrat vier mögliche Trassen vorstellte, zu denen sich später noch ein fünfte quer durch den Grüngürtel gesellte. Zudem wurde die Stadt aufgefordert, eine Verkehrserhebung zu machen. Deren Ergebnisse wurden im Oktober 1984 präsentiert. Dieses Gutachten der Firma Intraplan förderte interessante Zahlen zutage: dass von 8800 Fahrzeugen, die durch die Innenstadt fahren, etwa 3200 auf den Durchgangsverkehr entfallen. Als Entlastung rechnete man eine Trasse auf dem jetzigen Altstadtring, dazu eine weitläufige im Westen (vergleichbar mit der Variante des Entscheids) und eine Kombination aus beiden durch. Empfohlen hatten die Gutachter Letzteres – es sei „aus rein verkehrlicher Sicht optimal“.

Sowohl das Straßenbauamt als auch der Stadtrat konnten sich im Gegensatz zu einer Bürgerinitiative für die große Variante nicht erwärmen, was zu Protesten und einer Unterschriftenaktion führte (siehe eigenen Artikel). Ungeachtet dessen winkte der Stadtrat am 12. März 1986 die Variante 2a durch – den jetzigen Altstadtring. Dann kehrte erst einmal wieder Ruhe ein, bis zwei Jahre später endlich konkrete Pläne vorlagen. Nun stand fest, dass fünf Häuser abgerissen und drei Ampeln errichtet werden sowie Fuß- und Radwege entstehen. 72 Bürger hatten Einwände gegen das Vorhaben. Im Übrigen ging man 1986 noch davon aus, dass der Altstadtring fünf Millionen Mark kosten würde und eine große Umgehung zehn. Und noch etwas: Im Oktober 1986 sagte der damalige CSU-Fraktionschef Dieter Popp, dass laut Intra-Gutachten „der Verkehr in zig Jahren wieder für Kopfzerbrechen sorgen kann“.

Anschließend lag das Projekt weitere zwei Jahre auf Eis. Die Behörden spielten auf Zeit. „Es wird nicht einfach sein, ein 10-Millionen-Mark-Projekt wie dieses in der heutigen Situation überhaupt unterzubringen“, sagte Richard Meyer vom Straßenbauamt Nürnberg im März 1991. Sein Kollege Lutz Röthig sah dennoch „gute Chancen, dass das Jahrhundertprojekt vor der Jahrtausendwende abgeschlossen sein wird“.

Im Juli 1994 platzte Bernd Beringer (SPD), inzwischen Bürgermeister, der Kragen. Er schrieb einen Brandbrief an Innenminister Günther Beckstein (CSU) und klagte über die Verzögerungstaktik der Behörden. Der Brief blieb nicht ohne Folgen, der Staatsapparat kam in die Gänge und im Juni 1995 lagen schließlich die Detailpläne des Altstadtrings aus. Es war nun kein 10-Millionen-, sondern ein 15-Millionen-Projekt.

Im Oktober 1997 erließ schließlich die Regierung von Mittelfranken den Planfeststellungsbeschluss, gegen den 19 Bürger klagten. Nun war der Regierungsapparat aber nicht mehr zu stoppen. Man ordnete Sofortvollzug an. Somit hatten Klagen keine aufschiebende Wirkung mehr. Die Gärtnerei Altmann, die ihr Domizil dort hatte, wo heute die Gänsbachbrücke Schwung nimmt, akzeptierte schließlich den Umzug an die Heidecker Straße und zog wie noch elf weitere Anlieger ihre Klagen zurück. Damit konnten im April 1999 die Bauarbeiten beginnen, die am morgigen Freitag vor 13 Jahren mit der Verkehrsfreigabe ihren Abschluss fanden.