Ingolstadt
"Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren"

Der Ingolstädter Bergwachtnotarzt Michael Grüner über Erfahrungen bei Rettungsaktionen

13.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:35 Uhr

Immer konzentriert sein muss Michael Grüner, wenn er als Bergwachtnotarzt zu Rettungseinsätzen gerufen wird. An oberster Stelle steht für ihn, sich nicht selbst zu gefährden - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Mit Rettungsaktionen kennt sich Dr. Michael Grüner, der in Ingolstadt eine Praxis für Orthopädie und Unfallchirurgie betreibt, aus. 2011 war der 48-Jährige Gründungsmitglied der Bergwacht Dollnstein, die zur Bergwacht Bayern gehört. Die Bergretter sind ehrenamtlich für Rettungsaktionen im Altmühltal zuständig. Grüner ist dort als Bergwachtnotarzt tätig.

 

Herr Grüner, warum engagieren Sie sich in der Bergwacht?

Michael Grüner: Was mich immer interessiert hat, war die Notfallmedizin. Im Skigebiet hab’ ich die Bergretter gesehen und mir gedacht, es ist schade, dass man im Ingolstädter Raum nicht aktiv werden kann. Die Technik und das Klettern und die Hubschrauber, das hat mich alles sehr begeistert. Dann ergab sich die Möglichkeit, als 2011 die Bereitschaft in Dollnstein gegründet wurde und da bringe ich mein Engagement mit ein.

 

Das heißt, Sie klettern selber?

Grüner: Ja. Das ist eine Hauptvoraussetzung. Man muss klettern, Skifahren können, die Luftrettung und die Seiltechniken beherrschen. Man muss mit dem Material umgehen können.

 

Verfolgen Sie die Rettung des Höhlenforschers?

Grüner: Die Rettung verfolgen wir sehr aufmerksam, weil das ja Kollegen sind, die dort aktiv sind. Mit großer Hochachtung verfolgen wir das, weil das eine noch nicht dagewesene Rettungsaktion ist, vielleicht sogar weltweit. Diese Strecken, die da zu bewältigen sind in diesem dunklen Gelände – für jemanden, der noch nie in einer Höhle gearbeitet hat, ist das unvorstellbar.

 

Was ist der Unterschied zwischen einer Berg- und einer Höhlenrettung?

Grüner: Auf einem Berg kann man mit einem Hubschrauber arbeiten, das ist heutzutage Standard, man kann rasch hinfliegen an den Unglücksort. In der Höhle kann man sich nur zu Fuß fortbewegen – entweder kriechend, abseilend oder aufsteigend. Es ist dunkel und die normalen Funkgeräte gehen nicht. Man kann keine Geschwindigkeit machen, man bewegt sich sehr langsam, muss jeden Schritt doppelt absichern. Wenn man was verliert, was wichtig ist, muss man wieder zurück, also das sind ganz andere, schwierige Bedingungen.

 

Waren Sie selber schon mal bei Rettungsaktionen dabei?

Grüner: Eine Höhlenrettungsaktion hab’ ich noch nicht mitgemacht. Meine letzte Bergrettungsaktion war am 8. Juni, wo wir bei Dollnstein vom Jägersteig eine 63-jährige Frau aus dem Gelände gerettet und dem Hubschrauber Christoph 32 übergeben haben.

 

Welche Aufgaben haben Sie?

Grüner: Meine Aufgabe ist die notfallmedizinische Versorgung des Patienten. Die Kollegen von der Bergwacht, die Nicht-Ärzte, die arbeiten mir zu, die bringen mich zur Unfallstelle, bringen das Material mit, die Notfallmedikamente, bauen Seilsicherungen auf. Ein wichtiger Teil ist, dass die Bergretter sich nicht selber gefährden, und die Sicherung des Einsatzgebietes.

 

Worauf sollte man als Betroffener achten, wenn man in eine Notsituation gerät?

Grüner: Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren. Wenn man im Gelände unterwegs ist, sollte man sich einen Überblick verschaffen, um nicht abzustürzen. Es kommt nicht auf jede Minute an am Anfang, sondern es ist wichtig, dass ein ruhiger Notruf abgesetzt wird. Beim Fall in Dollnstein hatten wir das Problem, dass wir den Notrufabgebenden nicht zurückrufen konnten. Die Leute schalten ihr Handy aus. Das ist schwierig, das Handy sollte angeschaltet bleiben und die Rückrufnummer sollte vermittelt werden.