Saarbrücken
Das Weichei und der Zornige

Osterkrimi: Im Saarbrücker "Tatort" sind nun zwei junge Sheriffs in der Stadt

10.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:34 Uhr
Das neue "Tatort"-Team ist ein Quartett, wobei die beiden Frauen anfangs nur als Staffage dienen: Adam Schürk (Daniel Sträßer, v.l.), Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer), Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov). −Foto: Manuela Meyer/ARD/SR

Saarbrücken - Das alte TV-Schlachtross "Tatort" ist immer noch für Überraschendes gut. Zum Beispiel fürs neue Saarland-Duo. Zwei Kindheitsfreunde, die sich nach 15 Jahren plötzlich wiedertreffen und die ein dunkles Geheimnis verbindet - so eine Ermittlerkonstellation gab's bisher noch nicht.

 

Mit grimmigem Blick und strengem Seitenscheitel tritt Kommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer) - nennen wir ihn mal "den Zornigen" - seinen Dienst in der alten Heimat Saarbrücken an. Als Kollege des besonnenen Leo Hölzer (Vladimir Burlakov), der im Kommissariat als Weichei gilt und ein Ermittlungsverfahren am Hals hat, weil er seinen bisherigen Partner bei einem Einsatz nicht mit der Schusswaffe verteidigte. Auch seinen Freund Adam konnte er früher nicht schützen, wenn dessen sadistischer Vater den Buben malträtierte. Diese Vergangenheit lastet bleischwer auf den beiden und ihren Ermittlungen im ersten Fall "Das fleißige Lieschen".

Er führt das Weichei und den Zornigen hinein in die familiären Abgründe eines Industriellen-Clans. Der greise Patriarch Bernhard Hofer (Dieter Schaad) kann seine Textilfirma nicht mehr an den einzigen Sohn übergeben, denn den hat er längst in den Suizid getrieben. Sein Auserwählter ist nun Enkel Erik (Gabriel Raab), ein Ekelpaket wie er selber. Der zweite Enkel Konrad (Moritz Führmann) wird ausgebootet. Er ist zwar fleißig, aber ein Schwächling und schwul. "Entartet" nennt ihn der alte Tyrann. Die ungleichen Brüder beginnen einen handfesten Streit, tags darauf liegt das Ekel erschlagen im Wald, der Schwächling hat ein blutiges Hemd an. Alles klar?

Natürlich nicht. Denn Hölzer und Schürk wühlen beim Studium der meterhohen Hofer-Geschäftsakten tief in der Nazi-Historie der Familie, die während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter ausgenutzt hat - noch eine quälende Vergangenheitsebene, in die die Kommissare eintauchen müssen. Durchaus könnte da ein Mordmotiv begraben sein. Derweil das Weichei den Schwächling verhört, sucht der Zornige den Tyrannen heim, was ihn noch zorniger macht, weil er dabei an den Sadisten, seinen Vater, denken muss. Doch wer zum Henker ist das fleißige Lieschen, das diesem "Tatort" seinen Titel gegeben hat?

Gewöhnungsbedürftig sind die zwei Neuen allemal. Ihr gemeinsames Trauma wird in unzähligen, irgendwann etwas nervigen Rückblenden aufgedröselt. Einerseits wirken die Jungbullen sportlich-dynamisch, andererseits kommt ihnen ständig das Unterbewusstsein in die Quere. Hui, da hüpft Hölzer bei einer Verfolgungsjagd hurtig über Hindernisse, um im nächsten Moment bei der Erinnerung an den Sadisten zu erstarren. Ganz schön anstrengend für den Zuschauer, dessen Appetit auf weitere Einsätze der gebrochenen Saarland-Helden dennoch durch einen veritablen Cliffhanger am Schluss des Premierenfalls geweckt wird.

Ostermontag, 13. April, 20.15 Uhr, im Ersten Deutschen Fernsehen (ARD).