Münchsmünster
"Das war nur noch ein Tollhaus"

Die Genossen in Münchsmünster sparen nicht mit Kritik an der SPD im Bund

19.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr
Harte Worte in trauter Runde: Wie geht es weiter mit der SPD? Große Koalition oder doch Neuwahlen? In Münchsmünster wurde unter den Genossen lebhaft diskutiert. −Foto: Lamprecht

Münchsmünster (DK) Die Sozialdemokraten in Münchsmünster haben sich am vergangenen Freitag getroffen, um über den Koalitionsvertrag und den Mitgliederentscheid zu diskutieren. Die Genossen gingen dabei zum Teil hart mit der eigenen Partei ins Gericht.

"Die Mitglieder der SPD haben die Faxen dicke", sagte die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles kürzlich in einem Interview. Eine Einschätzung, mit der sie recht haben könnte. Darauf lässt zumindest die öffentliche Versammlung der Mitglieder der SPD-Ortsgruppe Münchsmünster am vergangenen Freitag schließen. Heiß diskutiert wurde bei den gut ein Dutzend Genossen vor allem über den vorliegenden Koalitionsvertrag und den anstehenden Mitgliederentscheid.

"Wir haben ein historisch schlechtes Ergebnis bei der Bundestagswahl eingefahren", sagte der Ortsvereinsvorsitzende Rudi Eisenrieder gleich zu Beginn. Anschließend ließ er die Entwicklungen seit der Bundestagswahl vor inzwischen fünf Monaten Revue passieren und kam, wie viele andere in der Runde auch, zu dem Schluss: "Eigentlich hat keiner Lust, jetzt noch einmal ins Gefecht einer Neuwahl zu ziehen. Da können wir nur verlieren!"

Nach der Wahl konnte sich, so meinte Eisenrieder, niemand eine Fortsetzung der großen Koalition vorstellen. Inzwischen sehe die Sache deutlich anders aus und insofern sei es, seiner Ansicht nach, von Martin Schulz auch kein Wortbruch gewesen, über eine große Koalition zu verhandeln. "Der Anspruch auf das Außenministerium aber war der Hammer!"

Das, wie auch die Tatsache, dass öffentlich Posten verteilt wurden, bevor überhaupt abgestimmt wurde, habe dazu geführt, "dass es gerauscht hat" im Willi-Brandt-Haus: "Das war nur noch ein Tollhaus was da in letzter Zeit abgelaufen ist."

Eine Meinung, die auch die Anwesenden teilten. Als dann allerdings gefragt wurde, wie sie bei der Befragung Anfang März abstimmen werden, gingen die Meinungen doch weit auseinander und spiegelten von "Definitiv Ja, weil ich nicht in einem Land Leben will, in dem die AfD noch stärker ist als jetzt schon", bis hin zu "ganz klar nein, weil vier weitere Jahre Groko fatal wären".

Der überwiegende Teil der Genossen aber war sich noch nicht so sicher, auf welcher Seite er sein Kreuz machen wird. Bedenken, dass Neuwahlen für die SPD, aber letztlich auch für Deutschland, fatal enden könnten, hatten aber fast alle SPD-Mitglieder an diesem Abend.

Dennoch waren sie sich sehr wohl bewusst, dass selbst ein positiver Ausgang der Abstimmung zum einen nicht zwingen zu einer stabilen Regierung führen werde, "denn in der Union grummelt es gewaltig". Zum anderen sei es aber auch so, so meinte einer, "dass wir, wie auch die Union und wahrscheinlich auch viele andere Parteien, frische, unverbrauchte Leute an der Spitze und in den Ämtern brauchen". Sein Credo lautete deshalb: "Jetzt zustimmen. Sich neu aufstellen und dann Neuwahlen in zwei Jahren anstreben."

Fakt sei, dass der Koalitionsvertrag an sich ja nicht schlecht sei, dass bei den Verhandlungen aber zum Teil andere Schwerpunkte hätten gesetzt werden müssen: "Jeden Tag über den Familiennachzug zu sprechen, ist einfach Blödsinn. Natürlich ist das Thema nicht unwichtig, aber es ist einfach auch nicht das einzige." Dazu komme, und das erzürnte nahezu alle im Raum, die "Postenschacherei, die da jetzt abläuft" und die, wie ein langjähriges Mitglied sagte, "mich unsicher macht, was ich davon halten soll und die für mich einfach gar nicht geht".

"Was raus kommt, wissen wir nicht", meinte zum Ende der Vorsitzende Eisenrieder. "Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die alte Dame SPD langfristig wieder fängt und man in dieser Partei mal anfängt, sich selbst positiv darzustellen, und sich nicht mehr gegenseitig zu zerfleischen. Aber das Problem gibt es nicht erst seit der Wahl, sondern schon so lange wie die SPD selbst."